Auktion: 535 / Evening Sale mit Sammlung Hermann Gerlinger am 09.12.2022 in München Lot 25

 

25
Günther Uecker
Kreis, Kreise (Interferenzen), 1975.
Nägel und weiße Farbe auf Leinwand auf Holz
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 262.500

(inklusive Aufgeld)
Kreis, Kreise (Interferenzen). 1975.
Nägel und weiße Farbe auf Leinwand auf Holz.
Verso signiert, datiert, betitelt, bezeichnet "aus der Serie Interferenzen 1970 -" und gewidmet. 72 x 72 x 7 cm (28,3 x 28,3 x 2,7 in).

• Eines der seltenen frühen Nagelbilder, die durch ihre sanft-poetische Bildsprache überzeugen.
• Frühes, qualitativ herausragendes Zeugnis von Ueckers Auseinandersetzung mit dem von einem Zentrum ausgreifenden Bewegungsmoment.
• Ueckers Inspiration ist die Natur: die sanften, flüchtigen Wellenformationen, die ein fallender Stein auf der Wasseroberfläche hinterlässt.
• Seit Entstehung in Familienbesitz und nun erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.
• Arbeiten aus Ueckers bedeutendem Frühwerk befinden sich in zahlreichen internationalen Sammlungen, wie u. a. der Tate Modern, London, dem Museum of Modern Art, New York, und dem Centre Pompidou, Paris
.

Dieses Werk ist im Uecker Archiv registriert unter der Nummer GU.75.114 und wird vorgemerkt für die Aufnahme in das Uecker-Werkverzeichnis.

PROVENIENZ: Privatsammlung Berlin (direkt vom Künstler erworben, seither in Famlienbesitz).

"Wenn Sie meine Arbeiten sehen, werden Sie bemerken, daß diese durch das Licht ihre Wirklichkeit erhalten. Ihre Intensität ist durch das einwirkende Licht wandelbar und vom Standort des Betrachters veränderlich. Diese Objekte fordern Ihre Aktivität heraus und erhalten dadurch ihre Lebendigkeit."
Günther Uecker, zit. nach: Dieter Honisch/Museum Folkwang Essen (Hrsg.): Lenk, Mack, Pfahler, Uecker, XXXV Biennale di Venezia. Padiglione Tedesco, Stuttgart 1970, Heft "Uecker", S. 4.

Der Nagel als anonymes, industrielles Produkt wird in Ueckers Œuvre zum Träger intensiven geistigen Ausdrucks und zum Gestalter poetischer Schöpfungen, wie sie gerade im Frühwerk kaum sanfter und feinsinniger sein könnten. In "Kreis, Kreise (Interferenzen)" aus dem Jahr 1975 setzt Uecker sich mit dem physikalischen Prinzip der Wellenüberlagerung auseinander, wie es auch in der freien Natur vielfach anzutreffen ist. Seien es die sanften Überlagerungen wellenförmiger Bewegungsmomente, die der Wind in die Weite eines Kornfeldes zeichnet, oder aber die kreisförmig ausgreifenden, sich teils überlagernden Wellenformationen, die ein fallender Stein auf der Wasseroberfläche hinterlässt. Weite Felder, Wasser, Wind, Bäume, Sand und Meer sind bis heute die bedeutenden Inspirationsquellen des Künstlers, die Phänomene der Natur, die Uecker begeistern und zu seinen einzigartigen Schöpfungen antreiben. Unter dem Titel "Kreis, Kreise" listet Honisch für das Jahr 1965 eine erste, weit genagelte Arbeit im Format 60 x 60 Zentimeter. Danach entwickelt sich das Thema zu einem der zentralen Impulse in Ueckers Frühwerk und kehrt – auch vereinzelt unter anderen Titeln – regelmäßig wieder, wobei die Nagelung bis in die 1970er Jahre hinein, wie auch in unserer faszinierenden Komposition, zunehmend dichter und feiner moduliert wird. Im Gegensatz zu den weißen Nagelfeldern, von denen sich ein besonders frühes Beispiel aus dem Jahr 1964 in der Sammlung des Museum of Modern Art, New York, befindet, greifen bei der zeitlich parallel einsetzenden Motivik von "Kreis, Kreise (Interferenzen)" die sich überlagernden Bewegungsmotive von einem Zentrum nach außen und verleihen auf diese Weise der Nagelung eine besonders konzentrierte Spannung und raumgreifende Dynamik, die an Ueckers ebenfalls dem Frühwerk zuzuordnenden rotierenden "Lichtscheiben" erinnert. Ab den 1980er Jahren wird die Auseinandersetzung mit dieser für das Frühwerk zentralen Bewegungsmotivik zunehmend grober, aber auch kraftvoller in der Umsetzung. Uecker ist sich in seinem Schaffen bis heute treu geblieben und hat sich doch stetig gewandelt: Seine Nagelbilder werden zunehmend grober und damit kraftvoller und dynamischer, aber sie haben zugleich nie mehr so eine faszinierende Poesie des Ausdrucks erreicht, wie sie allein die subtilen Kompositionen des Frühwerks, mit ihren sanft ausbalancierten Bewegungsmomenten auszeichnet. Scheinbar schwerelos und flüchtig schweben diese weich modulierten Strukturen an unserem Auge vorbei, wandeln und verlebendigen sich durch den Wechsel des Lichtes und faszinieren uns täglich aufs Neue. [JS]



25
Günther Uecker
Kreis, Kreise (Interferenzen), 1975.
Nägel und weiße Farbe auf Leinwand auf Holz
Schätzung:
€ 140.000
Ergebnis:
€ 262.500

(inklusive Aufgeld)