Auktion: 527 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 11.06.2022 in München Lot 362

 

362
Karl Hagemeister
Märkische Seenlandschaft mit Entenjäger im Kahn stehend, 1891.
Öl auf Papier auf Leinwand
Schätzung:
€ 10.000
Ergebnis:
€ 26.875

(inklusive Aufgeld)
Märkische Seenlandschaft mit Entenjäger im Kahn stehend. 1891.
Öl auf Papier auf Leinwand.
Rechts unten signiert und datiert. 58 x 100 cm (22,8 x 39,3 in).

Mit einer schriftlichen Expertise von Frau Dr. Hendrikje Warmt, Karl Hagemeister Archiv & Werkverzeichnis, Berlin. Die Arbeit wird im Karl Hagemeister-Archiv registriert sowie in das Werkverzeichnis aufgenommen.

PROVENIENZ: Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

In Ferch am Schwielowsee, wo sich Hagemeister schon 1877 niederlässt, obwohl er zu damaliger Zeit noch zahlreiche Reisen in die Niederlande und nach Italien unternimmt, entsteht der Großteil seiner Landschaftsgemälde. Beeinflusst von der kraftvollen Malweise vor allem des großen Vorbilds des französischen Realismus Gustave Courbets, aber auch von Wilhelm Trübner, der die breite energische Pinselschrift in Deutschland als künstlerisches Ausdrucksmittel zum Erfolg bringt, entstehen ausdrucksstarke Landschaften, in denen das Temperament der künstlerischen Handschrift sichtbar wird. Auf der Suche nach neuer Inspiration entscheidet sich Hagemeister, seinem Künstlerfreund Carl Schuch im Winter 1883 für kurze Zeit nach Paris zu folgen. Die Unmittelbarkeit der Naturerfahrung ist jedoch für sein Schaffen unabdingbare Voraussetzung und neben dem in Paris ausbrechenden künstlerischen Dissens mit Schuch einer der Gründe, in die havelländische Heimatregion zurückzukehren. Dort führt Hagemeister nun inmitten der Abgeschiedenheit der Natur ein im Kontrast zum nahen Berlin gewissermaßen vorzivilisatorisches Leben und ernährt sich, außer von den Einkünften seiner Malerei, mit Jagen und Fischen. Das seenreiche, von kleinen Kanälen und Flüssen durchzogene Gebiet dient Hagemeister als Rückzugsort, in dem er gänzlich in die urwüchsige und unberührte Natur eintauchen kann. Viele der dortigen Anwohner besitzen selbst einen kleinen Kahn, so auch Hagemeister, der diesen zur Erkundung verborgener Orte im Dickicht des teils sumpfigen, teils bewaldeten Gebietes nutzt. So gelingt es ihm, an jene Stellen zu gelangen, die so charakteristisch für seine Kompositionen sind: unmittelbare Aussichtspunkte in Nahsicht direkt vom niedrigen Kahn aus, über das dichte Schilf und die Gräser hinweg, verdeutlichen den Standpunkt des Malers und so auch des Betrachters in der Einbettung in die Natur. Selten erscheinen menschliche Figuren, die zwar das Bindeglied zwischen ungebändigter und nutzbar gemachter Natur im Bild darstellen, sich in der fleckenhaft getupften Malweise jedoch nicht von der Vegetation unterscheiden. Im Variantenreichtum seiner Malweise drückt sich auch die Vielfalt der reichen Flora aus. Jedes Gras, Blättchen oder jeder Ast weist eine eigene materielle Qualität auf, die in der konturenlosen Alla-Prima-Malerei intuitiv in der Pinselführung nachempfunden wird und nicht – wie in der akademischen Landschaftsmalerei lange üblich – durch akribische zeichnerische Studien vorbereitet und anschließend mimetisch im Atelier nachzubilden versucht wird. Die Entscheidung, in stiller Einsamkeit zu malen und sich ganz in der Natur zu versenken, ist für das Schaffen und die künstlerische Entwicklung Hagemeisters von essenzieller Bedeutung. [KT]



362
Karl Hagemeister
Märkische Seenlandschaft mit Entenjäger im Kahn stehend, 1891.
Öl auf Papier auf Leinwand
Schätzung:
€ 10.000
Ergebnis:
€ 26.875

(inklusive Aufgeld)