Auktion: 560 / Evening Sale am 06.12.2024 in München Lot 53


53
Max Slevogt
Der verlorene Sohn, 1899.
Öl auf Leinwand
Schätzpreis: € 150.000 - 250.000
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Der verlorene Sohn. 1899.
Öl auf Leinwand.
Auf dem linken Flügel links unten signiert und datiert, auf dem Mittelbild oben links signiert und datiert, auf dem rechten Flügel am linken Rand mittig signiert. Verso auf dem Keilrahmen jeweils mit Inventar-Etiketten Württembergische Staatsgalerie sowie Staatsgalerie Stuttgart, Mittelbild mit Etikett Kunsthalle Basel. Verso auf der Leinwand des linken Flügels mit schwarzem und rotem (Zoll-)Stempel. Mittelbild: 110,5 x 98 cm (43,5 x 38,5 in). Flügel: je 110,5 x 50 cm (43,5 x 19,6 in).
Laut Imiela (1968) auf der Rückseite des Mittelbildes bezeichnet: "Im ersten Jahr meiner Ehe gemalt 1898-1899 Max Slevogt".
[KT].

• Schlüsselwerk: Auf der ersten Ausstellung der Berliner Secession 1899 feiert Slevogt mit diesem Triptychon seinen künstlerischen Durchbruch.
• Auf ausdrücklichen Wunsch Max Liebermanns nimmt er mit diesem Bild an dieser kunsthistorisch bedeutenden Ausstellung mit großem Erfolg teil.
• Außergewöhnlich große Arbeit und einziges fertiggestelltes Triptychon – bisher keine bedeutendere Arbeit auf dem Auktionsmarkt angeboten.
• Inspiriert von der großen Rembrandt-Retrospektive 1898 in Amsterdam entwickelt Slevogt eine moderne Ästhetik aus Licht, Körperlichkeit und Emotionen.
• Mit der dramatischen Inszenierung und der Aktualisierung der Geschichte vom verlorenen Sohn sorgt Slevogt in den Kunstmetropolen München, Berlin und Wien für Skandale.
• Von musealer Qualität: viel beachtet in der Literatur sowie in zahlreichen Ausstellungen gezeigt und für nahezu 70 Jahre in der Staatsgalerie Stuttgart.
• Ursprünglich Teil der bedeutenden Impressionismus-Sammlung Eduard Fuchs, Berlin.
• Die Provenienz ist Zeugnis der bewegten deutschen Geschichte mit all ihrer Dramaturgie, die nun in einer einvernehmlichen Restitution ihre Vollendung findet
.

Wir danken Dr. Ulrich Weitz, Stuttgart, sowie Bernhard Geil für die freundliche wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Kunstsalon Paul Cassirer (1899 vom Künstler erworben).
Eduard Fuchs (1870-1940), Berlin (1911 vom Vorgenannten erworben).
Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin (16./17.6.1937, in Kommission für Gertraud Fuchs, bis 22.-24.6.1938).
Sammlung Otto Staebler, Tuttlingen (spätestens 1949-1955, anschließend in Familienbesitz).
Staatsgalerie Stuttgart (1956 als Vermächtnis des Vorgenannten erhalten).
Restitution an die Erben nach Eduard Fuchs.

AUSSTELLUNG: 1. Ausstellung der Berliner Secession, Secessions-Gebäude Kantstraße 12, Berlin, Mai 1899, Nr. 158.
Ausstellung von Werken von Edouard Manet, H.-G.E. Degas, P. Puvis de Chavannes, Max Slevogt, II. Jahrgang der Kunst-Ausstellungen, Winter 1899/1900, Bruno und Paul Cassirer, Berlin, 15.10.-1.12.1899, Kat.-Nr. 73.
VI. Ausstellung, Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession, Wien, Frühjahr 1900, Nr. 178.
Dresdner Kunstsalon, März 1900.
Internationale Kunstausstellung, Secession, Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz, München, Sommer 1900, Nr. 278.
III. Ausstellung Deutscher Meister, Kunstsalon Fritz Gurlitt, Berlin, 1915.
Max Slevogt. Ausstellung zum 50. Geburtstag des Künstlers, Freie Secession und Paul Cassirer, Berlin, Nov.-Dez. 1918, Kat.-Nr. 27.
Slevogt-Ausstellung (Sammlung Fuchs), Ermeler-Haus, Berlin, 19.10.-4.11.1928, Nr. 15.
Max Slevogt: Gemälde, Aquarelle, Pastelle, Zeichnungen, zu seinem 60. Geburtstage ausgestellt in der Preußischen Akademie der Künste, Berlin, Oktober-November 1928.
Max Slevogt. Religiöse Werke, Gemälde, Aquarelle, Grafiken, Pfalzgalerie Kaiserslautern, 29.1.-20.2.1966, Nr. 6, S. 11, 53 (m. Abb. S. 126), Nr. 39, S. 52: Kompositionsskizze.
Max Slevogt. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Saarland Museum, Saarbrücken, Werke 1876-1914: 29.5.-12.7.1992, Werke 1914-1932: 26.7.-20.9.1992; Landesmuseum Mainz, Werke 1914-1932: 31.5.-12.7.1992, Werke 1876-1914, 26.7.-20.9.1992, Kat.-Nr. 34 (m. Abb.).
Max Slevogt - Die Berliner Jahre, Von der Heydt-Museum Wuppertal, 6.3.-22.5.2005; Max Liebermann Haus, Berlin, 4.6.-4.9.2005, Kat.-Nr. 3 (m. Abb.).
Max Slevogt. Neue Wege des Impressionismus, Landesmuseum Mainz, 4.5.-12.10.2014, S. 27 (m. Abb.), S. 141-143 (m. Abb.), Kat.-Nr. 109.
Max Slevogt. Eine Retrospektive zum 150. Geburtstag, Niedersächsische Landesmuseum, Hannover, 28.9.2018-24.2.2019, Kat.-Nr. 29 (m. Abb.).

LITERATUR: Hans-Jürgen Imiela, Max Slevogt. Eine Monographie, Karlsruhe 1968, S. 48ff., Abb. 18, 19, 125, 126, S. 361, Anm. 19.
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(in Auswahl)
Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen, in: Die Kunst für Alle, Jg. 15, Heft 12, 15.3.1900, S. 282.
Carl Ferdinand von Vincenti, Wiener Frühjahr-Ausstellungen, in: Die Kunst für Alle, Jg. 15, Heft 16, 15.5.1900, S. 369.
Karl Voll, Die Internationale Kunstausstellung 1900 der Münchner Secession, in: Die Kunst für Alle, Jg. XV, Heft 21, 1.8.1900, S. 483-486, zu Slevogt S. 484 (Abb. S. 515).
Alfred Koeppen, Die moderne Malerei in Deutschland, Bielefeld/Leipzig 1902, S. 85, m. Abb. 86, S. 87.
Gottfried Stoffers (Hrsg.), Die Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke verbunden mit einer deutsch-nationalen Kunst-Ausstellung, Düsseldorf 1902, S. 365.
Rudolf Klein, Die deutschnationale Kunstausstellung, in: Die Rheinlande, Jg. 4, Sept. 1902, S. 27.
Lovis Corinth, der Akt in der bildenden Kunst, in: Kunst und Künstler, Jg. 2, 1904, S. 112.
Hans Rosenhagen, Max Slevogt, in: Die Kunst für Alle, Jg. 21, Heft 6, 15.12.1905, S. 129.
Albert Kuhn, Allgemeine Kunstgeschichte, Bd. II, Einsiedeln 1909, n. A. 1378.
Karl Scheffler, Slevogts Improvisationen. Notizen zu Bildern aus der Sammlung Ed. Fuchs, in: Kunst und Künstler, Jg. X, Heft 12, 1912, S. 578-588, zum Triptychon S. 579 (Abb. S. 578).
Karl Voll, Max Slevogt. 96 Reproduktionen nach seinen Gemälden, München 1912, S. 20 (m. Abb. 30, 31).
Ausstellungen, Berlin, in: Kunstchronik, Jg. 26, Heft 39, 25.6.1915, S. 479.
Robert Breuer, Max Slevogt - Berlin. Zur III. Ausstellung Deutscher Meister bei Fritz Gurlitt, in: Deutsche Kunst und Dekoration, Bd. 36, Apr.-Sept. 1915, S. 415-422, zum Triptychon S. 422 (Abb. S. 419).
Karl Scheffler, Talente, Berlin 1917, S. 115.
Max Deri, Die neue Malerei: II. Impressionismus, Max Slevogt: Der Verlorene Sohn, Ein Dokument des deutschen Impressionismus, in: Illustrierte Zeitung, Leipzig, Jg. 153, Nr. 3979, Okt. 1919, S. 404f. (m. Abb.).
Emil Waldmann, Max Slevogt, Berlin 1923, S. 53, 55.
Fritz Knapp, Die künstlerische Kultur des Abendlandes, Bonn 1923, Bd. III, Abb. 265.
Max Osborn, Geschichte der Kunst, 3. Auflage, Berlin 1924, S. 405.
Wilken von Alten, Max Slevogt, Bielefeld 1926, S. 15ff., Abb. 19.
Martin Wackernagel, Max Slevogt, München-Gladbach 1926, Abb. 7.
Die Kunstauktion, Jg. 2, Heft 11, 11.3.1928, S. 116.
Adolph von Donath, Max Slevogt, gestorben am 20. September, in: Der Kunstwanderer, Jg. 14, Sept. 1932, S. 318.
Rudolph Lepke, Berlin, Kunstsammlung F. - Berlin: Gemälde neuerer Meister, Skulpturen, Möbel, Porzellane, Fayencen, 16./17.6.1937, Nr. 115 (m. Abb. Taf. 1).
Weltkunst, Deutsche Kunst und Antiquitätenmesse, Jg. 11, Nr. 22/23, 6.6.1937, S. 2 (m. Abb.).
Max Goering, Max Slevogt, in: Thieme-Becker Künstlerlexikon, Bd. 31, 1937, S. 133.
Rudolph Lepke, Berlin, Antiquitäten, Möbel, Kunstgewerbe [..] Gemälde alter und neuerer Meister, 22.-24.6.1938, Nr. 739 (m. Abb. Taf. 6).
Karl Scheffler, Max Slevogt, Berlin 1940, S. 29 (m. Abb.), 39.
Katalog der Staatsgalerie Galerie Stuttgart: Neue Meister, Stuttgart 1968, S. 172 (mit weiterführender Bibliografie).
Malerei und Plastik des 19. Jahrhunderts, Bestandskatalog Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart 1982, S. 148.
Günter Busch (Hrsg.), Max Liebermann. Die Phantasie in der Malerei, Schriften und Reden, Frankfurt a. Main 1978, S. 226f.
Ulrich Weitz, Salonkultur und Proletariat. Eduard Fuchs: Sammler, Sittengeschichtler, Sozialist, Stuttgart 1991, S. 321, Nr. 5.
Sigrid Achenbach, Die Rolle Max Liebermanns und Max Slevogts in den Verlagen Bruno und Paul Cassirer, in: Rahel E. Feilchenfeldt, Thomas Raff (Hrsg.), Ein Fest der Künste - Paul Cassirer: der Kunsthändler als Verleger, München 2006, S. 58-75, hier S. 72, Anm. 6.
Michael Fuhr, "Slevogts Bilder hängen neben solchen von Manet, Degas und Puvis de Chavannes." Einiges zu Paul Cassirer, Max Slevogt und den Wandmalereien für Neu-Cladow, in: Rahel E. Feilchenfeldt, Thomas Raff (Hrsg.), Ein Fest der Künste - Paul Cassirer: der Kunsthändler als Verleger, München 2006, S. 297-309.
Sigrun Paas, Roland Krischke, Max Slevogt in der Pfalz. Katalog der Max Slevogt-Galerie in der Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben, München 2009, S. 16f.
Das beste aus aller Welt zeigen“. Kunstsalon Bruno & Paul Cassirer, Die Ausstellungen 1898-1901, hrsg. von Bernhard Echte und Walter Feilchenfeldt, Wädenswil 2011, zur Ausstellung S. 179-214, mit Auflistung zeitgen. Ausstellungsbesprechugen, Abb. S. 202.
Ulrich Weitz, Eduard Fuchs - Der Mann im Schatten, Berlin 2014, S. 171.
Marcus Andrew Hurttig, Max Slevogt und der Leipziger Kunstverein vor 1914, in: Gregor Wedekind (Hrsg.), Max Slevogts Netzwerke. Kunst-, Kultur- und Intellektuellengeschichte des späten Kaiserreichs und der Weimarer Republik, Berlin 2021, S. 173-196 (Abb. S. 178).
Franz W. Niehl, Der verlorene Sohn sucht ein Zuhause. Praxis und Theorie der dialogischen Exegese, Münster 2022, S. 59.

"Unter den jungen Künstlern Münchens spukte gerade das Bild 'Der verlorene Sohn', das Slevogt soeben nach einer "Danae", die unliebsames Aufsehen erregt hatte, und einer "Scheherezade" mit demselben Erfolg gemalt hatte. Natürlich suchte ich Slevogt in seinem Atelier auf, denn es ist gewöhnlich ein gutes Zeichen für das Talent des Verfassers, wenn seine Arbeit starken Widerstand auslöst. Der erste Eindruck war so überwältigend, dass ich Slevogt kurzerhand aufforderte, das Bild zu unserer Eröffnungsausstellung zu senden."
Max Liebermann 1928, zit. nach: Günter Busch (Hrsg.), Max Liebermann. Die Phantasie in der Malerei, Schriften und Reden, Frankfurt a. Main 1978, S. 226f.

Aufrufzeit: 06.12.2024 - ca. 18.44 h +/- 20 Min.

Aufbruch in die Moderne
Das Klima in den Kunstmetropolen München und Berlin ist um die Jahrhundertwende vom Aufbruch in die Moderne und der damit einhergehenden selbstbewussten Provokation geprägt, an deren Schwelle Slevogts Triptychon ein wichtiges Schlüsselwerk darstellt. 1892 erfolgt in München die erste Abspaltung vom akademisch-offiziellen Betrieb mit der Gründung der Secession. Slevogt, Leibl, Trübner, Corinth und weitere Künstler schaffen sich damit eigene, inoffizielle Ausstellungsmöglichkeiten und künstlerische Freiräume. Während der ersten Ausstellung im November 1893 macht Slevogt die Bekanntschaft mit seinem wichtigen Sammler und Freund Eduard Fuchs, in dessen Besitz später nicht zuletzt auch das Triptychon übergehen wird. Die Loslösung von den Akademien und dem offiziellen Kunstbetrieb geht auch mit der Infragestellung der großen Vorbilder und der Werke Alter Meister wie Tizian, Giorgione und Velazquez einher, die gerade in München für ihr Kolorit und ihre Lichtregie als maßgeblich gelten. Diese Ästhetik wird durch eine neue, moderne Realität und einen freieren, unmittelbareren Ausdruck herausgefordert. Vor allem aus Frankreich dringen mit dem institutionskritischen Realismus und dem antiakademischen Impressionismus neue Strömungen nach Deutschland.

Manet und Rembrandt
Slevogt bringt besonders der Malerei Edouard Manets große Bewunderung entgegen. Zusammen mit seinem Freund, dem Journalisten und Kunstschriftsteller Karl Voll, arbeitet Slevogt wenig konfliktscheu gegen die Vorrangstellung traditioneller akademischer Positionen insbesondere Franz von Lenbachs an und sorgt malerisch und schriftstellerisch für Aufruhr. Karl Voll schreibt ihm rückblickend selbstbewusst, diesen ästhetischen Kampf betreffend: "Ich bin für Dich, was Zola für Manet war." (Brief vom 23. August 1903, Imiela-Archiv Edenkoben, zit. nach: Sigrun Paas, in: Ausst.-Kat. Max Slevogt. Neue Wege des Impressionismus, Mainz 2014, S. 23). In kalkulierter Provokation entstehen solche "Skandalbilder" wie die "Danae", 1895 (Städtische Galerie im Lenbachhaus, München), die beim späteren Ausstellungsversuch 1899 in München wieder zurückgezogen werden muss. Mit deutlicher Referenz an Manets "Olympia" von 1863 präsentiert Slevogt eine Prostituierte hinter der mythologischen Figur, womit er die Sittlichkeitsgefühle des Bürgertums verletzt. Das Jahr 1898 führt Karl Voll nach Paris, von wo aus er Slevogt Postkarten der Werke Manets mitbringen soll. Slevogt befindet sich zwischen Tradition und Moderne: Im Oktober reist er mit Voll zu der großen Rembrandt-Ausstellung in Amsterdam, deren Eindrücke bei ihm anschließend große kreative Kraft freisetzen.


Max Slevogt, Danae, 1895, Öl auf Leinwand, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München.


Der verlorene Sohn
Der Rückweg führt ihn zunächst nach Neukastel zu seiner Frau, die er im März geheiratet hatte. Dort entsteht das in Slevogts Schaffen einzigartige Triptychon in der Auseinandersetzung mit Rembrandts kunstvoller Hell-Dunkel-Modellierung, der dramatischen Lichtregie und den emotional-mitfühlenden Kompositionen. In Anlehnung an die biblische Gleichniserzählung (Lukas 15,11-32) schildert Slevogt im linken Teil eine Orgie im mit chinesischen Lampions geschmückten Bordell; der rechte Flügel zeigt den Sohn im Elend in gebrochener Körperhaltung, in völlige Dunkelheit und Verlassenheit gestürzt. Das erlösende Mittelbild öffnet den Blick in den mit Asiatica, edlem Mobiliar und wertvollen Teppichen dekorierten großbürgerlichen Salon, in dem die Rückkehr des demütig eintretenden Sohnes und das freudige Aufschrecken des Vaters psychologisch komplex inszeniert wird. Die emotionale Dramatik zwischen Exzess, Reue und Verzweiflung und alles verzeihender Liebe spiegelt sich in der bewegten und kontrastreichen Ausführung wider, wobei vor allem in der farbigen Umsetzung in satten Rot- und Ockertönen und dem dunklen Schwarz Anklänge an Rembrandts "Selbstbildnis mit Saskia im Gleichnis vom verlorenen Sohn" (1635) sowie der "Rückkehr des verlorenen Sohnes" (1663–1669) zu finden sind. Eine zusätzliche, subtil mitschwingende Interpretationsebene führt zur Rolle des Künstlers als außerhalb der Gesellschaft lebendes Enfant terrible, der trotz allem um die Gunst des bourgeoisen Sammlers wirbt.


Max Slevogt bei der Arbeit am Triptychon auf Neukastel, 1899.


1898 – Kunstsalon Cassirer, Berlin
Kurz vor der Fertigstellung des Triptychons hatte Paul Cassirer mit seinem Cousin Bruno eine Galerie in Berlin eröffnet und war Sekretär der dortigen neugegründeten Secession. Er wirbt um junge, vielversprechende Künstler aus Deutschland und propagiert gleichzeitig den Impressionismus aus Frankreich. Bereits im März 1899 hatte sich Leistikow bei Slevogt wegen der Einbindung des Triptychons bei der ersten Berliner Secessionsausstellung im Mai gemeldet, das Liebermann zuvor im Atelier Slevogts so beeindruckt hatte. Das Werk wird in Berlin Erfolg und Skandal zugleich, noch bevor es in Wien und München ausgestellt wird. Im Juli trifft der geschäftstüchtige Cassirer dann mit Slevogt in München zusammen, um einige Arbeiten von ihm zu übernehmen, unter anderem zeigt er Interesse am Triptychon und an der "Danae". Von Slevogt ist er so überzeugt, dass er mit ihm im September einen offiziellen Exklusivvertrag vorschlägt, "unter der Bedingung, dass wir ihre Vertretung für diese Zeit haben, d.h. also, Sie verpflichten sich, während dieser Zeit nur durch uns zu verkaufen – ausgenommen sind Porträts – und wir verpflichten uns, Ihnen im Jahr für mindestens viertausend Mark Bilder abzunehmen" (Paul Cassirer an Slevogt, zit. nach: Imiela 1968, S. 52 ). Mit dem Vertrag erhält Slevogt eine Fahrkarte nach Paris mit Empfehlungen an die Kunsthändler Durand-Ruel und Bernheim-Jeune sowie an die Sammler Viau und Faure. Cassirer präsentiert Slevogt mit nicht weniger als 35 Gemälden zusammen mit Edouard Manet (17 Werke), Edgar Degas (17 Werke) und Puvis de Chavannes (13 Werke). Von Manet sind unter anderem das Skandalbild "Frühstück im Grünen" (1863), Stillleben und Landschaften sowie Porträts von Zacharie Astruc und Jeanne Duval. Slevogt brilliert mit einer Übersicht über sämtliche Gattungen, er zeigt so herausfordernde Werke wie das Triptychon und "Danae", daneben aber auch Blumenstillleben, Landschaften, Porträts und Akte. Das Echo der Kritik unterstützt Cassirers Gespür für das Potenzial Slevogts, der sich neben den Größen Frankreichs behaupten kann. Immer deutlicher drängt ihn der Galerist, München mit dem Ziel Berlin zu verlassen. Etwas zögernd noch reist Slevogt 1900 erst zur Weltausstellung nach Paris, wo im Deutschen Pavillon seine "Scheherazade" (1897, Bayerische Staatsgemäldesammlungen) gezeigt wird. Mit einem kurzen Umweg über Frankfurt begibt er sich schließlich im November 1901 endgültig nach Berlin, obwohl ihm in München – wohl um ihn zu halten – der Professorentitel angetragen wird.


„Slevogt-Zimmer" mit dem Triptychon "Der verlorene Sohn" in der Villa Fuchs, Berlin.


Eduard Fuchs (1870–1940): Freund und Sammler
Slevogts außergewöhnliches Triptychon war Teil einer außergewöhnlichen Sammlung: der von Eduard Fuchs (siehe Ulrich Weitz, Der Mann im Schatten: Eduard Fuchs. Sitten-Fuchs, Sozialist, Konspirateur, Sammler, Mäzen, Berlin 2014). 1870 in Göppingen geboren, wächst Fuchs in Stuttgart auf. Sein freier Geist schlägt sich rasch die Bahn – Eduard Fuchs ist ein echter Rebell, überzeugter Sozialdemokrat und Kommunist. Als der junge Mann in die flirrende Kunststadt München zieht, gehört auch der wenig ältere Max Slevogt zu seinen illustren Kreisen. Eine innige Freundschaft entsteht, man teilt die Liebe zum Subversiven und zur Karikatur.
1901 übersiedelt Fuchs, nun als Schriftsteller tätig, nach Berlin. Hier entsteht 1909 die "Illustrierte Sittengeschichte"; ein echter Kassenschlager, der ihm den Beinamen "Sitten-Fuchs“ einbringt. Finanziell hat er nun ausgesorgt – zum Wohl seiner Kunstsammlung. Daumier und Liebermann, besonders aber die Werke des Freundes Slevogt (44 Gemälde!) bestimmen die Sammlung. Das kolossale Triptychon kauft Fuchs 1911 beim Kunsthändler Paul Cassirer, sicher in intimer Kenntnis aller Skandale, die dieses Bild schon hervorgerufen hat. Welches Werk könnte besser in das "Slevogt-Zimmer" seiner imposanten Bauhaus-Villa passen?
Eduard Fuchs ist als prominenter politischer Gegner nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten massiv in Gefahr. Als am 27. Februar 1933 der Berliner Reichstag brennt, flieht er mit seiner Frau nach Paris – gerade noch rechtzeitig. Nach Berlin kehrt er nicht mehr zurück. Die zurückgelassene Sammlung wird nun beschlagnahmt und muss, nach langem Hin und Her, zur Tilgung angeblicher Steuerschulden in mehreren Auktionen 1937 und 1938 verkauft werden. Slevogts „Triptychon", das damals als "entartet" gilt, wechselt erst im Nachverkauf den Besitzer – weit unter Schätzwert. Über das Vermächtnis von Otto Staebler gelangt das Werk 1956 in die Staatsgalerie Stuttgart. Im Jahr 2024 wurde es an die Erben von Eduard Fuchs restituiert. [KT/AT]


Max Slevogt, Bildnis Eduard Fuchs, 1905, Öl auf Leinwand, Staatsgalerie Stuttgart, Stiftung Theodor Fuchs 1960.




Aufgeld und Steuern zu Max Slevogt "Der verlorene Sohn"
Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Berechnung bei Differenzbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 32 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 27 % berechnet und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 22 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Das Aufgeld enthält die Umsatzsteuer, diese wird jedoch nicht ausgewiesen.

Berechnung bei Regelbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 27 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 21 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 15 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf die Summe von Zuschlag und Aufgeld wird die gesetzliche Umsatzsteuer, derzeit 19 %, erhoben. Als Ausnahme hiervon wird bei gedruckten Büchern der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % hinzugerechnet.

Wir bitten um schriftliche Mitteilung vor Rechnungsstellung, sollten Sie Regelbesteuerung wünschen.