Auktion: 545 / Evening Sale am 08.12.2023 in München Lot 3


3
Hans Hartung
T1947-32, 1946/47.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 200.000
Ergebnis:
€ 228.600

(inklusive Aufgeld)
T1947-32. 1946/47.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert und datiert "46". 73 x 92 cm (28,7 x 36,2 in). [JS].

• Seltene frühe Komposition: Arbeiten der 1940er Jahre sind von größter Seltenheit auf dem internationalen Auktionsmarkt.
• Perfekte Illusion von Spontanität: wegweisend für Hartung und das europäische Informel.
• Radikal moderne Ästhetik: faszinierende Balance zwischen linearer Dynamik und leuchtenden Farbflächen.
• Außergewöhnliche Komposition: "T1947-32" inszeniert Schwerelosigkeit mit einer faszinierenden Leichtigkeit und Eleganz.
• Ein vergleichbares Gemälde aus dem Jahr 1948 befindet sich im Museum of Modern Art, New York
.

Die Arbeit ist im Archiv der Fondation Hartung/Bergman, Antibes, registriert und wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis aufgenommen.

PROVENIENZ: Galerie Pels-Leusden, Berlin.
Privatsammlung Süddeutschland (1981 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Hans Hartung, Württembergische Staatsgalerie, Stuttgart / Haus Am Waldsee, Berlin / Kunsthalle Hamburg / Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, 1957.
Hans Hartung, Kestner Gesellschaft, Hannover, 1957 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Hans Hartung. Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen, Galerie Pels-Leusden, Berlin, 11.4.-16.5.1981.

LITERATUR: Vgl. Werner Schmalenbach, Hans Hartung, Kestner-Gesellschaft, Hannover 1957.

"Meine Zeichnungen sind etwas anders als die früheren und ich versuche nach Leibeskräften, Malerei mit dem gleichen Sinne zu machen, aber das ist nicht leicht [..]."

Hans Hartung

Hans Hartung ist einer der wenigen deutschen Künstler seiner Generation, die sich nach nur vereinzelten figürlichen Versuchen von Anfang an konsequent der Abstraktion verschrieben haben. Ein Vortrag von Wassily Kandinsky, den der in Leipzig geborene Künstler 1925 während seiner Studentenzeit hört, wird dabei zum Schlüsselerlebnis. Bereits zu Beginn der 1930er Jahre beginnt Hartung ausschließlich abstrakt zu arbeiten und wird mit seiner Malerei schließlich zu einem der herausragenden Vertreter des europäischen Informel. Unsere frühe abstrakte Komposition überzeugt durch ihre progressive, flächig-gestische Bildsprache und das Element der Überlagerung, beides Stilmittel, die für Hartungs weiteres malerisches Œuvre in entscheidender Weise prägend sein werden.

Spielerisch leicht, mit geradezu tänzerischer Geste erscheint die vorliegende Komposition auf die Leinwand gesetzt. Die Linien und Formen auf hellem Grund haben einen hoch dynamischen Ausdruck und sind zugleich von träumerisch-entrücktem Charakter. Hartung hat die feinen, wirbelden Liniengefüge und die souverän gesetzten Farbflächen von leuchtendem Grüngelb bis zu erdigem Braun in eine faszinierende Harmonie und Balance gebracht. Die inszenierte Schwerelosigkeit erinnert an die berühmten Mobiles von Alexander Calder, den Hartung Ende der 1930er Jahre als Teil der Pariser Avantgarde kennengelernt hat. Hartung erreicht in unserer Komposition "T1947-32" eine faszinierende Leichtigkeit und Transparenz, sie gibt den scheinbar endlosen Blick in entrückte Himmelsphären frei, in die wir unseren Blick versenken, um uns gänzlich den tanzenden Formen hinzugeben. Darüber hinaus ist es Hartung in der vorliegenden Komposition meisterlich gelungen, die Dynamik seiner Zeichnungen in die Malerei zu übertragen.

Weiß man um Hartungs Arbeitsweise in den 1940er Jahren, dann ist man umso faszinierter von der meisterlich perfektionierten Illusion von Spontanität. Denn bis 1960 liegt Hartungs Kompositionen eine exakte zeichnerische Vorbereitung zugrunde, die teils mithilfe der Quadratur ins große Format übertragen wird. Hartung ging es um die Bewahrung des Ausdrucks von Handschriftlichkeit und der in der Zeichnung konservierten unmittelbaren schöpferischen Energie. Seinem künstlerischen Ziel sehr nah kommt Hartung bereits in der vorliegenden Komposition, welche die gestische Energie der Linie feiert, ein Charakteristikum, das für die Malerei des europäischen Informel in den Folgejahren in entscheidender Weise grundlegend sein wird. Das europäische Informel basiert auf der freien Geste als unmittelbarem Ausdruck des Unbewussten, das in der Tradition der surrealistischen "écriture automatique" auf der Leinwand niedergeschrieben wird. "T1947-32" ist ein herausragendes frühes Beispiel dafür und kann daher als ein für das euopäische Informel wegweisendes Werk angesehen werden.

Bereits in den 1970er Jahren wird Hartungs Œuvre nicht nur in Deutschland mit einer Retrospektive im Wallraf-Richartz-Museum in Köln, sondern 1975 mit einer Einzelausstellung im Metropolitan Museum in New York geehrt. Hartungs Gemälde befinden sich heute in zahlreichen internationalen Museen, u. a. im Metropolitan Museum of Art, New York, dem Museum of Modern Art, New York, und der Tate Gallery, London. [JS]



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Hans Hartung
T1947-32, 1946/47.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 200.000
Ergebnis:
€ 228.600

(inklusive Aufgeld)