Auktion: 546 / 19th Century Art am 09.12.2023 in München Lot 372


372
Paul Schad-Rossa
Bayerischer Tanzboden, 1913.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 11.430

(inklusive Aufgeld)
Bayerischer Tanzboden. 1913.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten signiert und datiert. Verso auf dem Keilrahmen nummeriert "-CCC.XC.I-" sowie mit bezeichnetem Etikett "28 - Szene aus dem "Laufenden Dreher". Verso auf dem Schmuckrahmen mit Ausstellungsetikett Leipziger Kunstverein. 174 x 239 cm (68,5 x 94 in).

PROVENIENZ: Privatbesitz Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Leipziger Kunstverein [Okt. 1913?], Nr. 1469 (auf dem Schmuckrahmen mit dem Etikett).
Große Berliner Kunstausstellung, Glaspalast am Lehrter Bahnhof, Berlin, 11.5.-27.9.1914, Kat.-Nr. 1574 (verkäuflich).

Paul Schad-Rossas Oeuvre lässt sich zwischen Symbolismus, Neuromantik und Jugendstil verorten. An der Münchner Akademie ist er als Schüler Defreggers immatrikuliert. In dessen Tradition schilder ein erstes großes Gemälde eine von naturalistischem Studium geprägte Fronleichnamsprozession (Neue Galerie Graz, Universalmuseum Johanneum), in der sich Schad-Rossa den Volksgebräuchen annimmt. Obwohl Schad-Rossa keiner Künstlervereinigung wie der Münchner Secession angehört, sucht er nach Ausdrucksformen, die außerhalb des akademischen Motiv- und Formenrepertoires liegen. Besonders in den 1890er Jahren wird sein Interesse an der menschlichen Figur deutlich, ihren Linien und Bewegungen, in denen sich die fließenden, ornamentalen Prinzipien des Jugendstils wiederfinden. Von zentraler Bedeutung für die Ästhetik der Zeit ist die sich dynamisch fortsetzende Linie, die in der Kunst den „Fluss der unmittelbar erlebten inneren Bewegung“ (Theodor Lipps, Ästhetik, 1906) nachspüren lässt. Nicht nur Schad-Rossa, sondern auch Künstler wie Ludwig von Hoffmann oder Henry van de Velde in Weimar verschreiben sich diesem linearen Bewegungsprinzip, das im Tanz seine Entsprechung findet. Leben und Kunst als fortwährende Bewegung und Entwicklung werden zum zentralen Motiv. Auf seiner Reise nach Bayern um 1912, als er bereits in Berlin ansässig ist, greift Schad-Rossa das Motiv des Tanzes als ursprünglichem Ausdruck der reinen Lebendigkeit und Lebensfreude auf. Wie der ungleich berühmtere Ferdinand Hodler, der mit seinen monumentalen Figurenbildern für Aufsehen sorgt, setzt Schad-Rossa die sich drehenden Paare überlebensgroß ins Bild. Ihre Füße scheinen kaum den Boden zu berühren, Drehungen, schwingende Arme und Beine und die Röcke der Frauen verbinden sich zu einem einzigen Wirbel, der sich außerhalb der Leinwand fortzusetzen scheint. Auch stilistisch spielt die Linie, in der starken Umrandung der Konturen, eine zentrale Rolle. In dem Gemälde vereinen sich so zentrale künstlerische, ästhetische sowie philosophische Themen der Zeit, die ihm weit über den auf den ersten Blick folkloristischen Eindruck hinaus Bedeutsamkeit und Tiefe verleihen. [KT]



372
Paul Schad-Rossa
Bayerischer Tanzboden, 1913.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 11.430

(inklusive Aufgeld)