Auktion: 545 / Evening Sale am 08.12.2023 in München Lot 45


45
Heinrich Campendonk
Bild mit Vögeln, 1916.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 350.000
Ergebnis:
€ 508.000

(inklusive Aufgeld)
Bild mit Vögeln. 1916.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten monogrammiert und datiert (schwer leserlich). 39 x 49,5 cm (15,3 x 19,4 in).
[EH].

• Ein Bild voll träumerischer Kontemplation und großer Ruhe.
• In der Seeshaupter Zeit entstehen "seine freiesten und schönsten Arbeiten" (G. Geiger 2007).
• Durch die Auflösung von klarer Räumlichkeit und Größenrelation sind die Vögel vollkommen eins mit der Welt, in der sie sich bewegen.
• Schon 1916 in Herwarth Waldens Galerie "Der Sturm" ausgestellt.
• Gezeigt in der wichtigen Campendonk-Ausstellung 1989/90 im Kaiser Wilhelm Museum Krefeld und im Lenbachhaus München
.

PROVENIENZ: Galerie Der Sturm, Berlin (Herwarth Walden, seit 1916).
Wohl Sammlung Nell Walden, Bad Schinznach (wohl direkt vom Vorgenannten, bis ca. 1955; das Bild war im Kunsthaus Zürich eingelagert).
Privatsammlung (ca. 1955 von der Vorgenannten erworben, bis 2.12.1985:Christie's London).
Privatsammlung Norddeutschland
Privatsammlung Norddeutschland.

AUSSTELLUNG: Campendonk. Gemälde und Aquarelle, Zeichnungen, Holzschnitte, 45. Ausstellung, Der Sturm, Berlin, Oktober 1916, Kat.-Nr. 5 (verso auf der Leinwand mit einem Etikett).
Ausstellung Neuer Kunst, Kunstsalon Rembrandt, Zürich 1919, Kat.-Nr. 8.
Franz-Marc-Museum, Kochel, Dauerleihgabe 1986-1990.
Heinrich Campendonk. Ein Maler des Blauen Reiter, Kaiser Wilhelm Museum, Krefeld / Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 24.9.1989-14.2.1990, Kat.-Nr. 59 (m. Farbabb. S. 83).
einfach. magisch Die Bildwelten Heinrich Campendonks, Museum Penzberg, Sammlung Campendonk, 16.06. – 16.09.2018 (Sonderausstellung ohne Katalog).

LITERATUR: Andrea Firmenich, Heinrich Campendonk 1889-1957. Leben und expressionistisches Werk, mit Werkkatalog des malerischen Oeuvres, Recklinghausen 1989, WVZ-Nr. 505 Ö (m. Abb.), Farbtaf. 41.
Christie's, London, 2.12.1985, Los 26 (m. d. Titel "Lied mit Vögeln").

"[..] ich male jetzt ausschließlich alles nach Eindrücken, die ich in der Natur erhalte, aus dem Kopf [..]."
Heinrich Campendonk, Brief vom 2.12.1911, in: A.Firmenich, H. Campendonk, Recklinghausen 1989, S. 71.

Bereits seine sehr frühen Arbeiten, mit denen der junge Campendonk 1911/12 in der ersten Ausstellung des "Blauen Reiters" vertreten ist, zeigen einen ganz eigenen Stil, der sich nach der Auflösung der Künstlervereinigung mit Beginn des Ersten Weltkrieges weiter herausbilden und festigen wird. Angesichts der zunehmenden Schrecken des Krieges wählt Campendonk 1916 mit seiner Familie den Rückzug nach Seeshaupt am Starnberger See, wo die Familie zwei Etagen eines Bauernhauses inmitten von Wiesen und Obstbäumen bezieht. Campendonks enge Freunde August Macke und Franz Marc fallen 1914 und 1916 an der französischen Front. Der Angst und der großen Trauer dieser Zeit setzt Campendonk die ländliche Idylle, eine traumhafte, kontemplative Isolation entgegen – auch in seinen Bildern. Einflüsse hat er nicht nur durch seine viel zu früh gefallenen Künstlerfreunde Macke und Marc erhalten. Künstlerische Anregungen erhält Campendonk auch von Bildern von Chagall, die er wohl auf seinen Reisen nach Berlin gesehen haben dürfte, wie es aus späteren Briefen zu schließen ist. So findet Heinrich Campendonk in dieser Zeit in Seeshaupt zu einem künstlerischen Höhepunkt. "Ohne die Abgeschiedenheit von Seeshaupt, die selbständige und konzentrierte Arbeit ermöglichte, wäre die eigentliche künstlerische Entwicklung im Werk Campendonks, die seine freiesten und schönsten Arbeiten hervorbrachte, wohl nicht möglich gewesen. Hier setzt Campendonk zu einer Entwicklung an, die ihn über sein Schaffen in der Gemeinschaft der Blauen Reiter hinausführte." (Zit. nach: Gisela Geiger, Rausch und Reduktion, Penzberg 2007, S. 50)
Campendonks Malweise um diese Zeit ist von einer Art malerischem Kubismus bestimmt, der in der Aufteilung der Bildfläche in aufgelösten kubischen Formen mit überwiegend roter Farbwirkung besteht. Die versatzstückhaft angeordneten Bildinhalte stehen kompositorisch in einem losen Zusammenhang. Der Bildinhalt verweigert sich jeglichem Narrativ. Die beiden Vögel bewegen sich wie in einer Traumwelt aus Farbflächen, die sich bisweilen zu fantastischen Blumen und Blättern zusammenfügen. Ein stringentes Narrativ wird vermieden. Campendonk reiht die Dinge mehr aneinander, als dass er sie verbindet. Er bettet sie in ein Geflecht aus scheinbar konstruktiven Formen ein, die jedoch in ihrer malerischen Auffassung ihrem eigentlichen Formwillen widersprechen. In der Schwebe zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit kann man diese in sich stimmige Komposition weder in der einen noch in der anderen Weise interpretieren. Sie sollte in ihrer Gesamtheit erfasst und auch so gesehen werden. [EH]



45
Heinrich Campendonk
Bild mit Vögeln, 1916.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 350.000
Ergebnis:
€ 508.000

(inklusive Aufgeld)