Auktion: 546 / 19th Century Art am 09.12.2023 in München Lot 355


355
Franz von Stuck
Susanna im Bade, 1896.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 127.000

(inklusive Aufgeld)
Susanna im Bade. 1896.
Öl auf Holz.
Links unten signiert. Verso auf der Tafel mit roter und weißer Kreide sowie mit Bleistift von Hand nummeriert. 60 x 80 cm (23,6 x 31,4 in).

• Früheste und einzigartige Version des dramatischen Themas im Œuvre des Münchner Malerfürsten der Jahrhundertwende.
• Außergewöhnliche, erzählerische Komposition mit gewagter Blickführung, ägyptisierenden Details und in dunkel leuchtendem Kolorit.
• Ein Jahr vor Entstehung wird Stuck zum Professor an der Münchner Kunstakademie ernannt.
• 2022/23 widmete das Wallraff-Richartz Museum, Köln, dem Motiv der Susanna in der Kunst eine große Ausstellung.
• Werke des bedeutenden deutschen Symbolisten befinden sich in internationalen Sammlungen wie dem Musée d'Orsay, Paris, im Metropolitan Museum of Art, New York sowie in der Eremitage, St. Petersburg
.

Mit einer Foto-Expertise von Dr. Heinrich Voss vom 21.12.1984 (in Kopie).

PROVENIENZ: Sammlung Otto Hermann Claas (1849-1934), Königsberg (bis 1916: Cassirer/Helbing, 21.11.1916).
Wohl Sammlung Theodor Schall, Baden Baden/Berlin (vom Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Bayern (1984 erworben).

AUSSTELLUNG: Kunsthandlung Fleischmann, München 1897.

LITERATUR: Heinrich Voss, Franz von Stuck 1863-1928. Werkkatalog der Gemälde mit einer Einführung in seinen Symbolismus, WVZ-Nr. 140/30 (m. Abb.).
Die Kunst für Alle, Jg. 13, 1897/98, S. 46.
Otto Julius Bierbaum, Stuck, Bielefeld 1899, S. 100: Abb. 107, S. 110.
Fritz von Ostini, Franz von Stuck, in: Die Kunst für Alle, Jg. 19, Heft 2, Oktober 1903, Abb. S. 40.
Fritz von Ostini, Franz von Stuck: Gesamtwerk, München 1909, S. 63 (m. Abb.).
Kunstsalon Paul Cassirer, Berlin, Hugo Helbing, München, Katalog der Sammlung Otto Herrmann Claass: nebst 10 Bildern aus Berliner Privatbesitz, Auktion 21.11.1916, Los 49 (m. Abb.).
Wilhelm Lübke/Friedrich Haak, Die Deutsche Kunst des XIX. Jahrhunderts, Eßlingen 1918, S. 487.
Otto Julius Bierbaum, Stuck, Bielefeld/Leipzig 1924, S. 110 (m. Abb. 85, S. 80).
Galerie Wolfgang Ketterer, 87. Auktion, 26.11.1984, Nr. 14111.

Franz von Stucks Œuvre beschäftigt sich in seinen oftmals der Antike aber auch anderen Ursprungserzählungen wie der Bibel entnommenen Figuren mit Archetypen und archetypischen menschlichen Verhaltensweisen. Die Frau, oftmals eng verbunden mit dem Element des Wassers, wird zur Nixe oder Nymphe, sie erscheint aber auch als kämpferische Amazone oder biblische Rächerin Judith. Zwischen aktiver und passiver Rolle bleibt sie allerdings stets Objekt des Begehrens für den Mann - wie dieser auch für sie. Das Geschlechterverhältnis insbesondere ist ein beständiges Thema, Begehren, Jagen, Necken, Kämpfen und Überwältigen, Locken - all diese zwischenmenschlichen Verhaltensweisen beleuchtet Stuck in seinen Gemälden. Auf die lose mit literarischen Vorlagen verknüpften Frauengestalten, deren Figuren immer auch ewiger Absolutheitscharakter innewohnt, richtet sich immer auch die Lust an der Betrachtung des weiblichen Körpers. Als malerisches Sujet findet sich diese Lust in der Malerei seit jeher in Darstellungen der badenden Venus, ihr biblisches Pendant bildet die biblische Erzählung der Susanna im Bade, die jedoch anders als die antike Verehrung der Körperlichkeit mit moralischen Ansprüchen verbunden ist. Stucks Aneignungen solcher Motive sind deshalb so interessant, weil sie den bisherigen Gehalt zwar präsentieren, aber mit einem befreiten Umgang überschreiben. Sie behandeln sämtlich erotische Themen wie hier aus dem Alten Testament und postulieren damit quasi psychologische Allgemeingültigkeit, so wie die beginnende Psychologie sie um 1900 zu deuten und einer Wertung durch Konventionen zu entziehen versuchte. Nicht die erotische Bedeutung ist das Neue an diesen Themen, denn diese Bedeutung hatten sie schon immer, sondern das Herausnehmen aus dem christlich-religiösen Zusammenhang und die restlose Anpassung an die zeitgenössische Vorstellung von Erotik und deren Erscheinungsformen. Die hier vorliegende Version des Motivs ist dabei die erste Beschäftigung Stucks mit dem Thema. Er nimmt Bezug auf andere Größen des Symbolismus wie Arnold Böcklin, der sich des Motivs 1888 angenommen hatte (Susanna im Bade, 1888, Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg). Es folgen Szenen der vom voyeuristischen männlichen Blick überraschten Nymphe, in den Jahren 1904 und später 1912/13 beschäftigt er sich erneut mit der Susanna in Versionen, die den weiblichen Körper in seiner Gänze mehr in den Fokus rücken. Diese erste Version dagegen weist einen noch stärker erzählerischen und dramatischen Charakter mit kompositorischer und perspektivischer Behandlung der Szene auf. Außergewöhnlich für Stucks Schaffen ist auch der wohl gewissen Modeerscheinungen um die Jahrhundertwende zuzuschreibende Ägyptizismus, den er in den Dekorationen des steinernen, mit Darstellungen ägyptischer Gottheiten und Hieroglyphen versehenen Beckens vorführt. [KT]



355
Franz von Stuck
Susanna im Bade, 1896.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 127.000

(inklusive Aufgeld)