Auktion: 525 / Evening Sale am 10.12.2021 in München Lot 235


235
Jan Schoonhoven
R 70-22, 1970.
Relief. Pigment und Papiermaché auf Holz
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 487.500

(inklusive Aufgeld)
R 70-22. 1970.
Relief. Pigment und Papiermaché auf Holz.
Verso signiert, datiert, betitelt und bezeichnet. 104 x 104 cm (40,9 x 40,9 in).
[JS].
• Frühes, radikal reduziertes Relief des gefeierten niederländischen "ZERO"-Protagonisten.
• Eines der ersten Reliefs, in denen Schoonhoven den spannungsvollen Einsatz der Schräge für ein fein akzentuiertes Spiel mit Licht und Schatten nutzt.
• Beste Provenienz: 1972 über die Schoonhovens Frühwerk exklusiv vertretende Galerie m veräußert, seitdem Teil einer deutschen Privatsammlung.
• 2014/15 war Schoonhovens Werk auf den großen "ZERO"-Schauen im Solomon R. Guggenheim Museum, New York, und im Martin Gropius Bau, Berlin, zu sehen
.

Wir danken Herrn Antoon Melissen, Amsterdam, für die freundliche Auskunft. Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis aufgenommen.

PROVENIENZ: Galerie m, Bochum (direkt vom Künstler).
Privatsammlung Süddeutschland (1972 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Jan Schoonhoven, Galerie m, Bochum, 6.2.-3.3.1970 (verso mit dem Etikett).
Jan J. Schoonhoven, Städtisches Museum, Mönchengladbach, 1.3.-9.4.1972 (verso mit dem Etikett).
Jan J. Schoonhoven, Museum van Bommel van Dam, Venlo, 17.6.-24.7.1972. Kat.-Nr. 45 (verso mit dem Etikett).
Jan J. Schoonhoven, Badischer Kunstverein, Karlsruhe, 27.10.-28.11.1972 (verso mit dem Etikett).
Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, Kunstgebäude, o. J. (verso mit dem Etikett).

"The square is perhaps the purest of the basic shapes, a kind of frame of reference for all the others."

Jan Schoonhoven, 1972, zit. nach: Jan Schoonhoven, Delftse meester, De Telegraaf, 12.1.1972.

Schoonhovens Reliefs faszinieren durch ihre formale Klarheit, ihre künstlerische Radikalität und ihre technische Perfektion. Bereits 1972 wird ihr einzigartiger Charakter als "Cool, strictly ordered, well-considered. But also familiar, humane and intimate" beschrieben (zit. nach: A. Melissen, Jan Schoonhoven's silent white revolution, in: J. Schoonhoven, Galerie Zwirner, New York 2015, S. 15). Schoonhoven war ein Einzelgänger, der tagsüber seiner nicht-künstlerischen Tätigkeit in der Immobilienabteilung der niederländischen Post nachging, bevor er sich allabendlich am Esstisch seines Delfter Grachtenhauses der konzentrierten Arbeit an seinen Reliefs hingibt. Durch den räumlichen Kontext ihrer Entstehung sind die Formate seiner Reliefs meist auf ein Maximum von gut einem Meter im Quadrat beschränkt. 1956 entsteht mit "Motel" sein erstes monochrom weißes Relief, das formal allerdings noch auf seinen zwar stark abstrahierten, aber noch figürlichen Kompositionen dieser Jahre basiert. Hier jedoch findet Schoonhoven bereits zu der sein weiteres Schaffen prägenden, antiakademischen Materialität des Papiermaché. Allerdings sollte erst die zunehmende formale Reduktion hin zu streng geometrischen Reihungen von Rechtecken oder Quadraten wie in "R 70-22" - in den Folgejahren für die Einbeziehung des lebendigen Spiels von Licht und Schatten grundlegend sein. Der Grundstruktur des Quadrates und des Rechteckes kommt in Schoonhovens Schaffen eine entscheidende, geradezu prototypische Rolle zu, da der Künstler gerade in diesen den reinsten Ausdruck einer geometrischen Grundform sieht, die für alle anderen geometrischen Formen grundlegend ist. "R 70-22" ist damit in besonderer Weise exemplarisch für Schoonhovens Schaffen: Es basiert auf der vervielfachten Reihung der Rechteckform, aus deren Zusammenstellung Schoonhoven ein großes Quadrat entwickelt. Zudem fasziniert es durch die schrägen Basisflächen der Rechtecke, die ein besonders akzentuiertes Spiel von Licht und Schatten inszenieren. Schoonhovens Reliefs begeistern durch ihre formale Klarheit und optische Ruhe. Ihre geometrische Strenge, für die architektonische Strukturen wie Mauern, Pflastersteine und Gitterabdeckungen zentrale Inspirationen liefern, bietet keinen Raum für eine spontane, gestische künstlerische Handschrift. Für Schoonhoven liegt der eigentliche künstlerische Schaffensprozess vorrangig in der Konzeption und im zeichnerischen Entwurf. Dadurch hat Schoonhoven noch einmal mehr eine der zentralen künstlerischen Grundideen der niederländischen "ZERO"-Bewegung, der Gruppe "Nul", der Schoonhoven seit 1958 angehört, auf den Punkt gebracht: die konsequente Verneinung der individuellen künstlerischen Handschrift. Schoonhovens monochrom weißes Hauptwerk zählt heute, wie auch das Schaffen von Piero Manzoni, Lucio Fontana, Günther Uecker oder Enrico Castellani, zu den bedeutendsten Beiträgen der europäischen "ZERO"-Kunst. [JS]



235
Jan Schoonhoven
R 70-22, 1970.
Relief. Pigment und Papiermaché auf Holz
Schätzung:
€ 180.000
Ergebnis:
€ 487.500

(inklusive Aufgeld)