Auktion: 518 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 17.06.2021 in München Lot 53


53
Hans Thoma
Schwarzwaldbach, 1900.
Öl auf fester Malpappe
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 17.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Schwarzwaldbach. 1900.
Öl auf fester Malpappe.
Thode S. 426. Rechts unten monogrammiert und datiert. Verso mit handschriftlichen Nummerierungen. 78 x 69 cm (30,7 x 27,1 in).

• Erstmals auf dem Auktionsmarkt angebotenes Werk aus langjährigem Privatbesitz.
• Eine der gelungensten späteren Schwarzwaldansichten Thomas, in der seine Auffassung der Landschaft als irdisches Paradies deutlich wird.
• Thoma verzichtet völlig auf Figurenstaffage und lässt nichts den magischen Zauber der kleinen Talsenke brechen.
• Weitere Schwarzwaldlandschaften Thomas befinden sich in traditionsreichen Sammlungen, darunter die des Städel Museums, Frankfurt a.M., der Staatl. Kunsthalle Karlsruhe sowie der Alten Nationalgalerie, Berlin
.

PROVENIENZ: Sammlung Frau Albert Keyl, Frankfurt a. M. (1909).
Privatsammlung Süddeutschland (seit zwei Generationen in Familienbesitz).

LITERATUR: Gustav Keyssner, Thoma. Eine Auswahl aus dem Lebenswerk des Meisters in 117 Abbildungen, Stuttgart/Berlin 1921 (mit Abb. S. 82).

Auf seltsame Weise erscheinen die Landschaften Hans Thomas immer zugleich als Wiedergabe eines realen Ortes und einer gänzlich der Imagination entsprungenen Ideallandschaft. Als Motiv dienen ihm dabei die beschaulichen und von einem gewissen Zauber behüteten Schwarzwaldtäler seiner Heimat, in die er bereits während seiner Studienzeit in den 1860er Jahren in den Sommermonaten immer wieder zum Malen zurückkehrt. 1899 siedelt Thoma, mittlerweile arrivierter Künstler, von Frankfurt wieder zurück nach Karlsruhe, wo er das Amt des Direktors der Großherzoglichen Kunsthalle übernimmt und an der Kunstschule als Professor für Landschaftsmalerei unterrichtet. Neben den in Frankfurt entstandenen Ansichten des Taunus und jenen der Italienreise von 1874 sind es die sanften, hügeligen Landschaften des Schwarzwaldes, die sich in seinem Werk am häufigsten finden und die die Faszination Thomas für diesen ihm seit seiner Kindheit so vertrauten Landstrich zeigen. Sie entstehen in der Gegend um seinen Geburtsort Bernau, von dem aus er die umliegenden Täler und Orte, darunter Sankt Blasien oder Schönau im Wiesenthal erwandert und zeichnerisch und malerisch festhält. Gerade solche abgeschiedenen, in sich geschlossenen Talsenken, beschützt von den umgebenden Hügeln, werden zu einem beliebten kompositorischen Motiv. Der Blick ist in diesen Landschaften oft nach oben, einer Anhöhe und dem Himmel entgegen gerichtet, als ein erhebendes, anbetendes Schauen. Zugleich evoziert die Wahl einer solche Perspektive auch das Eingebettetsein in den Schoß der Natur, das Liegen im weichen Gras. Besonders fasziniert ist Thoma immer wieder von den sich zusammenballenden Wolkengebilden, die sich - wie die Landschaft auch - völlig ohne menschliches Zutun in paradiesischer Schönheit arrangieren. So lässt Thoma diese wie von einer geheimnisvollen, gestaltenden Kraft durchwirkt und beseelt erscheinen, und inszeniert zugleich den seit der Antike in Kunst und Literatur existierenden Topos des locus amoenus, des lieblichen Ortes. Charakterisiert durch paradiesische Abgeschiedenheit, schattenspendende Bäume, den plätschernden kühlenden Bachlauf, blühende Wiesen und sanfte Geräusche wie Windrauschen oder Vogelzwitschern ist dies ein Ort des endlosen Frühlings und ewiger Jugend außerhalb von Zeit und Raum. Auch in Thomas Landschaft herrscht eine eigentümliche zeitlose, fast wachtraumhafte Klarheit. Die Anziehungskraft dieser scheinbar von der Realität abgekoppelten Täler und Auen besteht für Thoma sicherlich auch in der tröstenden Feststellung, dass solch ein irdisches Paradies, ein imaginärer utopischer Ort doch tatsächlich in der Realität zu finden ist. [KT]



53
Hans Thoma
Schwarzwaldbach, 1900.
Öl auf fester Malpappe
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 17.500

(inkl. Käuferaufgeld)