Auktion: 522 / Klassische Moderne Teil II am 11.12.2021 in München Lot 470


470
Auguste Francois Julien Herbin
Roses dans un vase, 1905.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 47.500

(inklusive Aufgeld)
Roses dans un vase. 1905.
Öl auf Leinwand.
Claisse 65. Links unten signiert. 80 x 65 cm (31,4 x 25,5 in). [JS].

• Eines der ersten nachimpressionistischen Stillleben mit geklärtem Duktus und expressiver Farbgebung.
• Aus der besten Schaffenszeit, in der sich Herbin dem Fauvismus zuwendet.
• 1907 beteiligt sich Herbin gemeinsam mit den Fauvisten am Salon d'Automne.
• Aus der bedeutenden Sammlung Flersheim
.

PROVENIENZ: Sammlung Florence und Martin Flersheim, Frankfurt a.M. (1908 direkt vom Künstler durch Ludwig Schames erworben).
Heriberto Flersheim, Buenos Aires.
Galerie Janos Peter Kramer, Buenos Aires.
Privatsammlung (in den 1960er Jahren vom Vorgenannten erworben, seither in Familienbesitz).

Das Schaffen Auguste Herbins ist von Beginn an von einer faszinierenden Neugier und stilistischen Experimentierfreude geprägt. Oftmals sind es einzelne Gattungen, in denen er formale Neuerungen erprobt und mit Erwartungen und Konventionen bricht. Nach anfänglicher längerer Beschäftigung mit der Landschaft beginnt er sich 1904 mit einer Reihe von Blumen- und Früchtestillleben dieser Gattung zuzuwenden. Ausschlaggebend dürfte hierfür sicherlich auch die Bewunderung der Werke Paul Cézannes gewesen sein, denen im Pariser Salon d‘Automne 1904 ein ganzer Saal gewidmet war. In Herbins Stillleben von 1904/05 macht sich neben Einflüssen der postimpressionistischen und fauvistischen Malweise eines Matisse oder Derain, deren leuchtende Intensität der Farbe auch bei Herbin zentrales Element ist, vor allem eine Konsolidierung der bewegten, tupfenartigen Pinselschrift hin zu geometrisierenden Formen bemerkbar. Zu einem „Präludium des Kubismus“ geraten einige der Stillleben des Jahres 1905, eine Zeit, in der auch Picasso und Braque neue Wege einzuschlagen beginnen. Mit Picassos "Demoiselles d‘Avignon" von 1907 hält der Kubismus Einzug, dem sich Herbin ebenfalls zuwendet, insbesondere als er 1909 bei den beiden im Bateau Lavoir Unterkunft bezieht. In unserem Stillleben macht sich die kubistische Formfindung mit ihrer Zersplitterung und Zusammensetzung bereits ansatzweise bemerkbar. Herbin wählt anders als später Braque und Picasso keine unbelebten Objekte, sondern Blumen und Blüten. Zeitgleich werden in etwa die Rosenblüten von Auguste Renoir in impressionistischer Manier noch in lockerer und weicher Pinselsprache in ihrer Zartheit eingefangen. Bei Herbin wird die Vase mit den Blumen zum intensiv leuchtenden Farberlebnis, wofür er auf die von den Neoimpressionisten rezipierten Farbtheorien zum Komplementärkontrast zurückgreift. Er setzt intensives Orange gegen tiefes Indigoblau, Purpurrot gegen Moosgrün, Violett und Pink gegen gelbliches Ocker. Gegen die flächige Kompaktheit der Vase entfaltet sich in einzelnen Strichen, Linien und Tupfen die Feinheit der Gräser, Blätter und Blumen. Ein so einfaches und traditionsreiches Sujet verwandelt Herbin seinem malerischen Variationsreichtum und seiner Experimentierlust in ein einzigartiges Seherlebnis. [KT/SL]
So ist es nicht verwunderlich, dass dieses Gemälde Einzug hält in die bedeutende Sammlung des Frankfurter Unternehmers und Mäzen Martin Flersheim und seiner Frau Florence Flersheim-Livingston. 1908 erwirbt Martin Flersheim das Rosenstillleben durch Vermittlung des Kunsthändlers Ludwig Schames direkt vom Künstler. Es ist eines der wenigen Kunstwerke, das die Familie Flersheim vor dem Zugriff des NS-Regimes schützen und mit ins Exil nach Argentinien retten kann. In den 1960er Jahren verkauft die argentinische Galerie Janos Peter Cramer das Gemälde an einen Kunstliebhaber, dessen große Sammlung von da an nicht nur durch das exzeptionelle Rosenstillleben, sondern auch durch die herausragende Provenienz des Gemäldes weiteren Glanz erhält.



470
Auguste Francois Julien Herbin
Roses dans un vase, 1905.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 47.500

(inklusive Aufgeld)