Auktion: 520 / Evening Sale am 18.06.2021 in München Lot 380


380
Pablo Picasso
Jeune garçon et femme assise, 1967.
Farbige Ölkreide über Bleistift
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 709.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Jeune garçon et femme assise. 1967.
Farbige Ölkreide über Bleistift.
Rechts oben signiert und datiert "5.10.67". Auf Velin von Rives (mit Wasserzeichen). 32,5 x 50,2 cm (12,7 x 19,7 in), blattgroß.

• Farbkreidezeichnungen von dieser Qualität sind heute auf dem internationalen Auktionsmarkt von größter Seltenheit.
• Geschlossene Provenienz.
• Erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.
• Von musealer Qualität und in herausragend guter Erhaltung.
• Motivisch verbindet die erotische Komposition Elemente aus Picassos berühmter Manet-Rezeption mit dem für sein Werk zentralen Motiv "Maler und Modell"
.

Mit einer Fotobestätigung von Maurice Jardot, Galerie Louise Leiris, Paris, vom 2. September 1980.
Die Zeichnung wurde bei Claude Ruiz-Picasso, Paris, angefragt. Das Begutachtungsergebnis liegt aktuell noch nicht vor.

PROVENIENZ: Galerie Louise Leiris, Paris (direkt vom Künstler erworben, dort unter der Nummer "12457/62143" registriert).
Galerie Beyeler, Basel (1988).
Privatsammlung Baden-Württemberg (1988 vom Vorgenannten erworben).

"Als ich ein Kind war, sagte meine Mutter zu mir: 'Wirst du Soldat, so wirst du General werden. Wirst Du Mönch, so wirst du Papst werden.' Ich wollte Maler werden und ich bin Picasso geworden."
Pablo Picasso, zit. nach: H. Berggruen, Die Kunst und das Leben, Berlin 2008, S 15.

Picassos zeichnerische und koloristische Meisterschaft verblüfft immer wieder aufs Neue. Wohl kaum ein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts reicht hinsichtlich seiner fortdauernden schöpferischen Progressivität an Picasso heran, dessen Werk bis ins hohe Alter für zahlreiche kunsthistorische Stilrichtungen prägend war. Picasso war ein Besessener, der geradezu pausenlos nach künstlerischem Ausdruck suchte, sich nicht nur stilistisch und motivisch, sondern auch technisch unentwegt ausprobiert und weiterentwickelt hat. Unsere leuchtende Komposition "Jeune garçon et femme assise" überzeugt sowohl durch ihre farbgewaltige Kolorierung als auch durch ihre enorme zeichnerische Schärfe. Beide Elemente sind für Picassos künstlerisches Schaffen elementar und gelangen in der vorliegenden Arbeit in meisterlicher Symbiose zum Ausdruck. Am 5. Oktober 1967 ist unsere souveräne Komposition vermutlich in Auseinandersetzung mit Edouard Manets berühmtem Skandal-Gemälde "Olympia" (1863, Museé d’Orsay, Paris) entstanden, mit dem Picasso sich bereits in seinem zeichnerischen Frühwerk auseinandergesetzt hat. Neben Manets "Olympia", die 1865 auf dem Pariser Salon aufgrund der offensiv zur schau gestellten Erotik einen Skandal ausgelöst hatte, beschäftigt sich Picasso ebenfalls in den 1960er Jahren mit Manets "Le Déjeuner sur l’herbe" (1963), einem weiteren berühmten Skandal-Bild der Kunstgeschichte, aufgrund seiner provokanten Szenerie mit den beiden nackten Damen, die sich im Freien zu den beiden bekleideten Herren gesellen. Manets Gemälde wurde die Teilnahme am Pariser Salon verwehrt und seine Arbeit parallel im später legendären Salon des Refusés gezeigt. Diese Ausstellung der abgelehnten Positionen wird heute gemeinhin als Geburtsstunde der modernen Malerei aufgefasst. Picasso, der gefeierte Meister der Moderne, setzt sich in seinem Spätwerk also mit den kunsthistorischen Anfängen der Moderne auseinander. Vor einem leuchtenden violetten Fond hat er die kubistisch vereinfachten Umrisse des sitzenden weiblichen Aktes aufs Papier gesetzt. Auch wenn Picasso mit einer zeichnerischen Auffassungsgabe gesegnet war, die selbst seine Darstellungen von Ziegen und Katzen berühmt werden ließ, offenbart sich in der langjährigen und schonungslosen Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper sein absolutes zeichnerisches Ausnahmetalent am unmittelbarsten. In einer Art zeichnerischem Negativverfahren leuchtet das Inkarnat des Aktes als das unberührte Weiß des stehengelassenen Papiertones auf. Brüste, Scham und die durch die perspektivische Verkürzung geradezu übergroß erscheinenden Füße sind dem Betrachter in einer schonungslosen Direktheit zugewandt. Anders als bei Manet aber erscheint im dunklen Hintergrund der Szenerie keine Frau, sondern die verschwommene Kontur eines Mannes, wodurch die Erotik der Szenerie gesteigert und diese in die Nähe des für Picasso so bedeutenden Motivkomplexes von Maler und Modell gerückt wird. Picasso heiratet 1961 die 46 Jahre jüngere Jacqueline Roque, die er als Keramikverkäuferin bei Mandoura in Vallauris kennenlernt, und zieht mit ihr in das Chateau Vauvenargues in Mougin. Jacqueline, mit ihrem ausdrucksstarken Gesicht, den dunklen Augen und den schwarzen, lockigen Haaren ist für ihn fortan Geliebte, Muse und Modell zugleich. Im Oktober 1967 setzt sich Picasso in einer kleinen Werkfolge intensiv mit der vorliegenden Motivik auseinander und es entstehen neben unserer Farbkreidezeichnung vom 5. Oktober unter anderem zwei Gemälde mit dem Titel "Homme et femme nus", die er bis Mitte November variiert und bis hin zum Gemälde "Homme à la pipe et nu couché" weiterentwickelt. Dieses Gemälde wechselte vor bereits zwanzig Jahren für fast 8 Millionen US-Dollar bei einer Auktion den Besitzer. Unsere farbgewaltige und malerisch ausgearbeitete Ölkreidezeichnung ist Teil dieser exquisiten Werkfolge und wird nun erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten. Farbige Kompositionen von dieser Qualität sind auf dem internationalen Auktionsmarkt von größter Seltenheit. [JS]



380
Pablo Picasso
Jeune garçon et femme assise, 1967.
Farbige Ölkreide über Bleistift
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 709.000

(inkl. Käuferaufgeld)