Wie macht man Kartoffel-Kaffee?
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Hamburg (kk) - Was schreibt Tolstoi seinem Freund Trebugow und was macht eine Hökerfrau? Antworten auf diese und andere Fragen mit Russlandbezug finden sich in gut einem Dutzend Büchern von Krascheninnikov bis Putsche, die in der Auktion Wertvolle Bücher - Manuskripte - Autographen - Dekorative Graphik vom 21. & 22. Mai 2007 bei Ketterer Kunst am Hamburger Meßberg 1 angeboten werden.
Einen Höhepunkt der Auktion stellt sicherlich die mit € 18.000 taxierte erste Ausgabe der sogenannten „Ostroger Bibel”, dar. Sie wurde von der Russisch-Orthodoxen Kirche als einzige maßgebliche Übersetzung der heiligen Texte anerkannt. Das berühmte Werk, das - vergleichbar der Lutherbibel - sprachlich normierend wirkte und die Entwicklung des Kirchenslawischen entscheiden prägte, wurde von Ivan Fedorov, dessen Tätigkeit großen Einfluss auf den ganzen ostslawischen Raum ausübte, gedruckt.
Mit ganz weltlichen Dingen beschäftigt sich dagegen Karl Wilhelm Putsches mit € 3.000 geschätzte „Opissanije kartofelja”, die erste russische Ausgabe des Landbau-Klassikers über die Kartoffel. Das 1821 erschienene, von der Kaiserlichen freien ökonomischen Gesellschaft in St. Petersburg herausgegebene Werk, behandelt die Geschichte, die Arten, den Anbau, die Pflege und die Aufbewahrung der Kartoffel sowie zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten wie die Herstellung von Essig, Kaffee, Wein, Sirup und Bier. Dem Kartoffel-Wodka ist natürlich ein eigenes Kapitel gewidmet.
Mit allerlei Preziosen und Dekor beschäftigt sich dagegen die mit € 4.500 angesetzte, sehr seltene und vollständige Tafelfolge mit dem Titel „Objets d’art décoratif recueillis dans les Palais Impériaux, Églises et Collections en Russie”. Die 65 chromolithographischen Tafeln zeigen u.a. Uhren, Vasen, Leuchter, Kommoden und Schmuck aus russischen Sammlungen, Museen und aus Kirchenbesitz.
„Souvenir de Moscou” ist der Titel einer Mappe mit 14 kolorierten, großformatigen Original-Photographien mit Ansichten von Moskau. Ungewöhnlich detailliert ist das Kolorit der seltenen, 1870 im Verlag von J. Daziaro erschienenen Sammlung, die für € 2.500 den Besitzer wechseln könnte.
Ebenso hoch bewertet ist Giovanni Aldinis „Essai théoretique et expérimental sur le galvanisme, avec une série d’expériences” mit zehn gefalteten Kupfertafeln. Das 1804 in Paris erschienene Werk des Neffen von Luigi Galvani ist auf dem Vorderdeckel mit einer goldgeprägten Widmung des Autors an den Kaiser von Russland, Alexander I. Pawlowitch, versehen.
Ein von Leo Tolstoi eigenhändig verfasster Brief an seinen Freund und Kollegen Iwan M. Trebugow kommt mit € 2.000 zum Aufruf. Hier äußert sich der Dichter zustimmend über einen unveröffentlichten Artikel Trebugows zum Thema „Lüge und Wahrheit”, erwähnt kurz seine Arbeit am Nachwort „An die Politiker” und geht dann ausführlich auf die öffentlichen Vorwürfe gegen ihn ein, dass er das Pogrom von Pawlowiki im Jahr 1901 verursacht haben soll.
Ein weiteres, gerade für Russlandfreunde, interessantes, Werk kommt neben Stephan Petrovich Kraseninnikovs Reisebericht „Opisanie Zemli Kamtschatki” (Taxe: € 1.500) und Henri Cartier-Bressons „Moscou” (Taxe: € 150) von Jean Baptiste Le Prince, der in seinem Buch „Divers ajustements et usages de Rußie” (Taxe: € 1.400) über das russische Volksleben berichtet. In verschiedenen Folgen stellt er Trachten und Kleidung verschiedener Berufsgruppen u.a. von Soldaten, Kaufleuten, Jägern, Händlern und Hökerfrauen vor.
Friedrich Christian Weber, der sich als Vertreter des Hauses Hannover von 1714 bis 1719 in Petersburg aufhielt, geht in seinem 1744 erschienenen Buch „Das veränderte Rußland” auf die Verfassung des geistigen und weltlichen Regiments ein und zeichnet ein facettenreiches Bild des petrinischen Russland und seiner Bewohner. Die Taxe für das mit 15 Kupfertafeln versehenen Werkes liegt bei € 600.
Die Vorbesichtigung ausgewählter Bücher ist in der Berliner Fasanenstr. 70 vom 02.-05. Mai 2007 möglich.
Alle Bücher können zu folgenden Terminen im Hamburger Meßberg 1 eingesehen werden:
09.-11. Mai von 11-17 Uhr
14.-16. Mai von 11-17 Uhr
18. Maivon 11-17 Uhr
sowie am 20. Mai nach Vereinbarung.
Ketterer Kunst hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1954 als eines der wichtigsten Kunst- und Buchauktionshäuser etabliert. Während das Stammhaus im Münchener Prinz-Alfons-Palais die zwei jährlichen Traditionsauktionen Modern Art & Post War ausrichtet, finden im Hamburger Meßberghof je zwei Auktionen pro Jahr mit folgenden Themenbereichen statt: Alte und Neuere Meister/Maritime Kunst und Wertvolle Bücher - Autographen - Manuskripte - Dekorative Graphik sowie Modern Art & Post War, wobei hier der Schwerpunkt bei Arbeiten auf Papier liegt. Außerdem finden immer wieder Ausstellungen, Sonder- und Benefizauktionen statt.
Hamburg, den 11. April 2007