Lexikon
Vortizismus

Vortizismus oder Vorticism (lat. vortex = Wirbel, Sturm) bezeichnet die englische Sonderform des Futurismus. Der Begriff, der Bewegung und Dynamik evoziert und auf einen Satz des Futuristen Umberto Boccioni zurückgeht, wurde 1914 von Ezra Pound geprägt.
1914 hatte sich die Künstlergruppe des Vorticism zusammengefunden und mit der Zeitschrift "Blast" ihr Organ geschaffen. Mehrere Manifeste fixierten die theoretische Grundlage der Bewegung, an der neben Ezra Pound auch Percy Wyndham Lewis, William Roberts, Edward Wadsworth, Christopher Nevinson, Henri Gaudier-Brzeska, Helen Saunders, David Bomberg, Frederick Etchells und andere beteiligt waren. Neben dem Futurismus, der auch durch Filippo Tommaso Marinettis London-Aufenthalt in England Fuß fassen konnte, wurden Anregungen des Kubismus und anderer Avantgardeströmungen in den Vortizismus integriert.
Die Malerei des Vortizismus ist gekennzeichnet durch eine dramatische und gefühlsbetonte, expressive Formensprache, die sowohl linear als auch in futuristischen Formüberlagerungen ausgeprägt sein konnte. Neben der Malerei trat der Vorticism auch in anderen Gattungen auf: Der Bildhauer Jacob Epstein schuf mit seinem Ready-made "Felsenbohrer" (1913-15) eines der plastischen Hauptwerke des Vortizismus. Auch Raumkunst, Textilarbeiten und architektonische Entwürfe können mit dem Vortizismus in Verbindung gebracht werden (etwa im Kontext der "Omega Workshops"). In Typographie und Seitenlayout ist die Zeitschrift "Blast" zu den besten Leistungen zu rechnen, hier wurden auch bedeutende Holzschnitte des Vorticism publiziert. Im Bereich der Fotografie sind Alvin Langdon Coburns abstrakte "Vortographien" als Hauptwerke zu benennen.
Um 1915 hatte der Vorticism seinen Höhepunkt erreicht, sukzessive setzten sich in der Folgezeit andere, teilweise surreale oder magisch-realistische Stilformen in der englischen Avantgarde durch.