Lexikon
Viktorianischer Stil

Die Regierungszeit Königin Victorias von England 1837-1901 gilt als zeitlicher Rahmen für den Viktorianischen Stil. Dieser wird in drei Stilstufen unterteilt, deren Abgrenzung mitunter schwierig ist: Die Epoche des Early Victorian reicht etwa von 1830-1850, die zweite Blüte erreichte der Stil im High Victorian zwischen etwa 1850 und 1875, ehe er schließlich im Late Victorian mit den Variationen Vernacular Revival, Old English Style und Queen Anne Revival um die Jahrhundertwende ausklang. Der Viktorianische Stil ist in unterschiedlichen Ausprägungen in allen Gattungen anzutreffen. Einendes Charakteristikum aller Phasen ist eine grundsätzliche Wendung gegen die strenge Formensprache des Klassizismus zugunsten eines verstärkt auf dekorative Wirkung zielenden Kunstverständnisses. Gerne griff man in Entsprechung zum zeitgleich in England fassbar zu machenden Phänomen des "Gothic Revival" im Zuge der Neogotik auf gotisches Vokabular zurück. Nicht selten wurden unterschiedliche Stile eklektizistisch miteinander kombiniert.
Kulturgeschichtlich relevant ist die erstarkende Industrialisierung und damit einhergehend die Durchsetzung des Kapitalismus, der sich auf die Warenproduktion niederschlug. Große Bedeutung kam der seriellen Fertigung, der Technologisierung, der Maschinenarbeit sowie neuen Materialien zu, die auch auf der ersten Weltausstellung in London 1851 thematisiert wurden. Im Zuge dieser Entwicklung wurde das Victoria & Albert Museum als eines der ersten kunstgewerblichen Museen ebenfalls in London eröffnet.