Lexikon
Radierung

Die Radierung (von altdt. "radere" = kratzen, wegnehmen, entfernen) ist ein grafisches Tiefdruckverfahren, das im 16. Jahrhundert entwickelt worden ist. Die Radierung wird auch Ätzkunst genannt, da bei ihr die Zeichnung durch Säure in die Platte geätzt wird. Zu den Tiefdruck-Ätztechniken gehören neben der Radierung auch die Aquatinta, die Kreidetechnik (Crayonmanier), die Punktiermanier, die Weichgrundätzung (Verni-mou) und die Farbradierung. Eine besondere Art der Radierung ist die Kaltnadeltechnik, hier wird ohne Säure gearbeitet, d.h. die Linien werden nur kräftig mit der Radiernadel - der "kalten Nadel" - auf die Druckplatte gezeichnet, was einen zarten und hellen Abdruck ergibt. Für die geätzte Radierung wird die Druckplatte zuvor mit einer säurebeständigen Schicht überzogen. Dieser Ätzgrund oder Abdecklack besteht aus einer Mischung aus Wachs, Mastix und Asphalt. Nun wird die Zeichnung mit der Radiernadel (spitze Stahlnadel), einer Roulette oder Moulette leicht in diese säurebeständige Schicht eingeritzt, sodass das blanke Kupfer der Platte freiliegt. Nun wird die Druckplatte in ein Säurebad (üblich ist Salpetersäure oder Eisenchlorid) gegeben, in dem das Metall an den blanken Stellen angeätzt wird. Je länger die Säure einwirkt umso tiefer graben sich die Linien ins Metall, ergeben so also auch später einen stärkeren und dunkleren Abdruck. Möchte man etwa nur einzelne Partien der Zeichnung kräftiger erscheinen lassen, werden die übrigen Stellen wieder mit der säurebeständigen Schicht bedeckt und die Platte erneut ins Säurebad gelegt. Eine einzelne Druckplatte kann also mehreren Ätzvorgängen unterzogen werden, wodurch eine Abstufung vom hellsten Grau bis zum tiefsten Schwarz erreicht werden kann. Nach dem Entfernen des Ätzgrundes wird die Druckplatte wie bei anderen Tiefdrucktechniken auch - etwa dem Kupferstich - mit der Druckfarbe eingefärbt. Die Farbe wird dann wieder von der Oberfläche abgewischt, sodass nur die tiefer liegenden, druckenden Linien Farbe tragen. Die Druckfarbe wird beim anschließenden Druck mit der Druckerpresse an das angefeuchtete Druckpapier abgegeben. Die Technik der Radierung entwickelte sich im 16. Jahrhundert aus dem Kupferstich, das eigentliche Verfahren für die Ätztechnik stammt aus der Silber- und Waffenschmiedekunst. Albrecht Dürer (1471-1528) absolviert als Sohn eines Goldschmiedes zu Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit eine Goldschmiedelehre bei seinem Vater. Er perfektioniert den Kupferstich, in dem er Versuche mit der Ätztechnik (Eisenradierungen) und Kaltnadel macht. Erste Eisenradierungen entstehen ab 1515 (Christus am Ölberg, Die Große Kanone). Eine hohe künstlerische Reife erfährt die Ätz- und Kaltnadeltechnik durch Rembrandt van Rijn. Rembrandt nutzt für den künstlerischen Ausdruck seiner Grafiken auch die verschiedenen Plattenzustände. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts verlieren Radierung und Kupferstich endgültig ihre Vorrangstellung als bedeutendste Druck- und Vervielfältigungstechniken durch die Erfindung der Lithographie und der Zinkotypie, die den Druck noch höherer Auflagen ermöglichen.




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