Lexikon
Metallwerkstatt am Bauhaus

Zu den ertragreichsten Bauhauswerkstätten ist die bereits im Gründungsjahr eingerichtete Metallwerkstatt zu rechnen. Mit seltener Konsequenz wurde hier der Schritt vom expressiv-romantischen Unikat der Silberschmiede zum Industriedesign vollzogen.
Die erste prägende Figur war der "Mystiker" Johannes Itten, der von 1919 bis 1922 die "Gold-Silber-Kupferschmiede" des Bauhauses leitete, welcher zu Beginn nahezu ausschließlich Schüler seiner Wiener Privatschule angehörten: Carl Auböck, Gyula Pap und Naum Slutzky wären exemplarisch anzuführen. Unter dem Einfluss von Johannes Ittens schöpferischer Kunstauffassung, die freies Experimentieren in den Unterricht integrierte, entstanden exklusive Unikate. Neben Samowaren, Mokkabereitern und Tischgerät, oft mit Formanklängen an kultische Gerätschaften, wurde auch Schmuck geschaffen (Naum Slutzky). Stilistisch zeigt sich eine Konzentration auf die Grundformen bei gleichzeitiger Sinnlichkeit in der Betonung des Materialcharakters; die Oberflächen von Gold, Silber und Buntmetallen sind vielfältig strukturiert und zeugen von der handwerklichen Fertigung.
Schon bald wurden Forderungen nach einer Abkehr von dieser "romantischen" Arbeitsweise laut - ein Richtungswechsel stand bevor: Johannes Itten verließ im März 1923 das Bauhaus, László Moholy-Nagy folgte ihm als Formmeister der Metallwerkstatt nach. Als Fotograf war er vom Licht fasziniert. Es lag nahe, die Entwicklung elektrischer Leuchten, in Gropius` Sinne auch in Hinblick auf industrielle Massenfertigung, zu forcieren. Eine neue Materialästhetik integrierte kühle, distanziert wirkende Eisenmetalle, Chrom und Nickel. Funktionalität und die Betonung des technischen Charakters rückten nun in den Vordergrund, wenngleich formal die Addition stereometrischer Grundkörper erhalten blieb.
Eine Hauptaufgabe der Metallwerkstatt war nun die Ausstattung des Musterhauses "am Horn" für die Weimarer Ausstellung von 1923 mit Beleuchtungskörpern aus Glas und Metall. Carl Jacob Jucker erwies sich als besonders begabter Schüler und ging entscheidende erste Schritte auf dem Weg zur "Bauhaus-Leuchte".
Die erhofften Kontakte zur Industrie blieben zunächst noch aus, so dass die Metallwerkstatt nun auch selbst in arbeitsteiligen Verfahren Serien einiger Entwürfe produzierte, darunter Teekugeln von Wolfgang Tümpel, Saucièren von Wilhelm Wagenfeld oder Aschenbecher von Marianne Brandt.
Erst in Dessau gelang die Übernahme der Entwürfe der Metallwerkstatt in industrielle Massenfertigung, doch viele Werkstattmitglieder hatten den Umzug des Bauhauses nicht mitgetragen, so dass nur mehr wenige Arbeitskräfte vorhanden waren. Darunter waren Hans Pschyrembel, Josef Knau, der Formmeister Moholy-Nagy und Marianne Brandt, die beherrschende Figur der Dessauer Metallwerkstätte. Dieser schwierigen Ausgangssituation ungeachtet kam es zu fruchtbaren Kooperationen mit den Firmen Schwintzer & Gräff in Berlin und vor allem mit Kandem in Leipzig, die funktional-sachliche Bauhaus-Lampen produzierten.
Gropius selbst hatte aus wirtschaftlichen Gründen die Konzentration der Metallwerkstatt auf das Leuchtendesign angeordnet; und diese zunehmend ökonomische Ausrichtung bedingte auch das Ausscheiden Moholy-Nagys aus der Metallwerkstatt. Die Stelle des Formmeisters wurde danach nicht mehr besetzt, lediglich Marianne Brandt führte die Werkstatt kurze Zeit kommissarisch. 1929 legte der neue Direktor Hannes Meyer die Metallwerkstatt mit den Werkstätten für Wandmalerei und Tischlerei zusammen. Die Metallwerkstatt geriet so in eine sukzessive stärker auf "Bau" und "Ausbau" ausgerichtete Funktion, die eine Konzentration auf Kleinmöbel nach sich zog.
Eigenständigkeit und Bedeutsamkeit der Metallwerkstatt verloren sich mit den 1930er Jahren zunehmend. Viele der ehemaligen Mitglieder der Metallwerkstatt wirkten in der Folge unabhängig vom Bauhaus, das ihren Stil geprägt hatte.

Vgl.: Die Metallwerkstatt am Bauhaus, Kat. Ausst. Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung Berlin, Berlin u.a. 1992.