Lexikon
Intimismus

Die Begriffe Intimisme oder, in der deutschen Übersetzung, Intimismus meinen übergreifend eine Darstellung des täglichen Lebens in häuslichen Szenen und Interieurs. Dessen ungeachtet wird der Terminus Intimismus zumeist nicht auf eine allgemeine Genremalerei bezogen, wie sie bereits im 17. Jahrhundert ausgeprägt war, sondern auf Werke von Pierre Bonnard (1867-1947) und Édouard Vuillard (1868-1940), die kunsthistorisch zwischen Postimpressionismus und Symbolismus zu verorten sind. Zuerst wurde der Intimismus der 1890er Jahre durch André Gide charakterisiert, der 1896 den vertraulichen, gedämpften Ton in einigen Gemälden Édouard Vuillards bemerkte. Während Letztgenannter Zeit seines Lebens dem Intimismus verhaftet bleiben sollte, fand Pierre Bonnard, der zweite Hauptvertreter des Intimisme, auch zu einem extrovertierteren Stil, besann sich aber im Spätwerk wieder auf die subtile Wirksamkeit seiner frühen intimistischen Malerei.
Obschon Pierre Bonnard und Édouard Vuillard zur symbolistischen Künstlergruppe "Nabis" rechneten, interessierten sich die beiden Künstler weniger für den dortigen Mystizismus als vielmehr für die besonders von Paul Sérusier thematisierten maltechnischen und koloristischen Fragestellungen. Diese übertrugen sie auf das Themenfeld des Intimisme, bürgerliche Innenräume von besonderer Ruhe und Tiefe. Im Vordergrund steht der intime Charakter dieser Interieurs, und den beiden Künstlern gelang es, diesen sogar in Außenszenen wirksam werden zu lassen.
Charakteristisch für den Intimismus ist neben seinem besonderen Stimmungsgehalt die starke Betonung des dekorativen Elementes, die auch einer Vorliebe des ausgehenden 19. Jahrhunderts entspricht: Oft überspinnen Flächenmuster Raum und Figuren und verleihen den Werken des Intimismus einen künstlerisch überhöhten, ornamenthaften Charakter.