Lexikon
Hochbarock in Italien

Aus dem italienischen Hochbarock gingen in allen Gattungen stilbildende Neuerungen hervor. In der Baukunst wird der in der Renaissance bevorzugte Zentralbau zugunsten des Langbaus oder neuartiger Grundrissformen wie dem Oval überwunden, wodurch ein völlig neues Raumgefühl erzeugt wird. Die Oberflächen, sowohl im Inneren als auch auf den oftmals vorgeblendeten Fassaden, erscheinen in schmuckreicher Fülle und spielen mit den Hell-Dunkel-Effekten von Überlagerungen, Einzügen und Ausschwüngen.
Die Römer Maderno, Bernini, Borromini und da Cortona stehen am Anfang, in Turin folgen ihnen Guarino Guarini (1624-83) und Filippo Juvarra. Ein eigenes Gepräge trägt die noch von Palladios Klassizismus gekennzeichnete venezianische Hochbarockarchitektur (Longhena).
In der Skulptur ist Gianlorenzo Bernini (1598-1680) die alles beherrschende Figur, an seinem Werk orientieren sich etwa Antonio Raggi und Ercole Ferrata. Größere Zurückhaltung und Nüchternheit strahlt dagegen das Oeuvre Alessandro Algardis aus; der gebürtige Brüsseler François Duquesnoy (gen. Il Fiammingo) zeigt eine Orientierung an der hellenistischen Skulptur.
In der hochbarocken Malerei wirken die Einflüsse der Carracci weit stärker nach als die Caravaggios: Guido Reni, il Guercino, Francesco Albani und Domenichino sind bedeutende Vertreter des kraftvollen, monumentalen und eher strengen Bologneser Stils. Bewegter und wie ein Inbegriff der hochbarocken Kunst wirken die Werke von Lanfranco und insbesondere von Pietro da Cortona.
Aus der neapolitanischen Schule stammen der für seine Landschaften gerühmte Salvator Rosa (1615-73) und Luca Giordano, der Anregungen da Cortonas und auch Caravaggios zu so berühmten Kompositionen wie dem "Erzengel Michael" (um 1655) im Wiener Kunsthistorischen Museum vereinte.
Von größter Bedeutung ist innerhalb des italienischen Hochbarock die Wand- und Deckenmalerei. Im Werk des Andrea (del) Pozzo aus Trient (1642-1709) wird der neuartige Raumillusionismus dieser Kunstform deutlich spürbar, exemplarisch an der Decke von Sant`Ignazio in Rom (1692-94), wo die Grenzen zwischen Bild und Bauwerk fließend ineinander übergehen. Bereits dem Spätbarock sind die Venezianer Ricci, Piazzetta und Tiepolo zuzuordnen, die als Freskanten ebenfalls Bleibendes leisteten.