Lexikon
Gruppe Devetsil

Der "Devetsil" konstituierte sich als eigene und zugleich einflussreichste Gruppierung innerhalb der tschechoslowakischen Avantgardebewegung des Poetismus offiziell am 5.10.1920 unter dem Namen "Umelecký svaz Devetsil" (Künstlerbund Devetsil). "Devetsil" heißt wörtlich übersetzt "Neunkraft" und bezeichnet im Deutschen zwei Gewächse aus der Huflattich-Familie, die Pestwurz und den gemeinen Huflattich, wobei die Bedeutung des Namens im Unklaren bleibt. Die Wurzeln des "Devetsil" sind bereits in der böhmischen Avantgarde um 1900 zu finden. Zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe, in der neben bildenden Künstlern auch Designer, Filmemacher und Lyriker organisiert waren, zählten der Maler und Zeichner Adolf Hoffmeister, die Schriftsteller Jaroslav Seifert und Vladislav Vancura sowie der Kunstkritiker und -theoretiker Karel Teige, der zum Anführer der Gruppe wurde.
Zunächst ist kein einheitliches Programm fassbar, doch bereits 1922 wurde mit dem ersten Manifest die Richtung festgelegt, indem man sich der Arbeit an einer kollektiv aufgefassten "Neuen proletarischen Kunst" verschrieb. Diese neue Kunst sollte zukunftsweisend sein und die Entwicklung hin zu einer besseren Gesellschaft begleiten. Der "Devetsil" hatte bis 1931 Bestand.
Die künstlerische Positionierung des "Devetsil" im Strom der Avantgardebewegungen vor und nach dem Ersten Weltkrieg ist abhängig von einer Bezugnahme auf den italienischen Futurismus, den Dadaismus und - vor allen Dingen im Bereich der Malerei - auf den Kubismus. Besonders im umfangreichen graphischen Werk von Adolf Hoffmeister (1902-73), das neben Buchillustrationen auch Zeichnungen und Collagen umfasst, sind André Derain, Pablo Picasso und Georges Braque wie auch die naive Kunst Henri Rousseaus als Stichwortgeber greifbar.