Lexikon
Berliner Sezession

Ende des 19. Jahrhunderts mehrten sich die Anzeichen einer Veränderung in der Berliner Kunstszene, die bisher vom Konservativismus der Wilhelminischen Ära geprägt war. Die Gründung der Gruppe der "Elf" 1892 und die "skandalöse" Edvard Munch-Ausstellung desselben Jahres zeugen von diesem Erneuerungspotenzial und verraten gleichzeitig den zähen Widerstand, mit dem die Moderne zu kämpfen hatte.
Schließlich führte diese gespannte Situation 1898 zur Gründung der "Berliner Sezession", wobei die Zurückweisung eines Landschaftsbildes von Walter Leistikow aus der offiziellen "Großen Berliner Kunstausstellung" den unmittelbaren Anlass gab. So verließ eine Gruppe von 65 Künstlern unter der Führung von Walter Leistikow den "Verein Berliner Künstler". Als Präsident wurde Max Liebermann gewählt. Zunächst versuchte er vergebens, innerhalb der bestehenden Institutionen Raum für die Sezessionisten zu schaffen, doch der Vorschlag wurde abgewiesen und die Gruppe dazu gezwungen, ihren eigenen Weg zu finden.
Die erste Ausstellung der "Berliner Sezession" fand 1899 statt und zeichnete sich durch einen relativ konservativen Charakter aus, wobei hauptsächlich Naturalismus und weniger Impressionismus und Jugendstil zu sehen waren. Trotzdem setzte sie sich deutlich vom offiziellen Ausstellungsbetrieb ab, indem mehr auf Qualität anstatt auf patriotischen oder didaktischen Inhalt geachtet wurde. Wegen der Entscheidung, ab 1900 auch ausländische Kunst zu zeigen, verließ die konservative Minderheit die "Berliner Sezession". Die Verbreitung der internationalen Avantgarde gehört zu den Hauptverdiensten der Vereinigung. Dadurch bildete die "Berliner Sezession" eine geeignete Plattform für die Entwicklung des Impressionismus und des Postimpressionismus in ihren deutschen Varianten.
Weniger Verständnis hatten wiederum die älteren Mitglieder der "Berliner Sezession" für die neue expressionistische Kunst. 1910 kam es zu der ersten gravierenden Auseinandersetzung, die mit der Abspaltung einer Gruppe von Expressionisten und die Gründung der "Neuen Sezession" endete. Dieser Krise folgte ein weiterer Bruch 1914, woraus die "Freie Sezession" entstand. Damit war auch die historische Rolle der "Berliner Sezession" vorbei.
Weitere wichtige Mitglieder der "Berliner Sezession" waren Max Beckmann, Hans Baluscheck, Ernst Barlach, Lovis Corinth, August Gaul, Rudolf Großmann, Dora Hitz, Curt Hermann, Käthe Kollwitz, Ludwig von Hofmann, Max Klinger, Max Slevogt, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Leo von König, Heinrich Eduard Linde-Walther, Wilhelm Trübner und viele andere.