Auktion: 539 / Modern Art Day Sale am 10.06.2023 in München Lot 398

 

398
Alexej von Jawlensky
Stillleben: Blumen im Gegenlicht, 1936.
Öl auf leinenstrukturiertem Papier, auf Malpappe
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 57.150

(inklusive Aufgeld)
Stillleben: Blumen im Gegenlicht. 1936.
Öl auf leinenstrukturiertem Papier, auf Malpappe.
Jawlensky/Pieroni-Jawlensky/Jawlensky 1872. Links unten monogrammiert, rechts unten datiert. Verso auf der Malpappe von Lisa Kümmel mit dem Künstlernamen, der Datierung "1936 III" und mit "N. 20" bezeichnet. Verso auf der Malpappe außerdem von Andreas Jawlensky, dem Sohn des Künstlers, betitelt und mit "MP" sowie den Maßangaben bezeichnet (beschnitten). 17 x 12,5 cm (6,6 x 4,9 in). [CH].
Dieses Gemälde erhält Helene Jawlensky (1885–1965) als Teil einer Mappe mit 16 späten Stillleben am 10. Januar 1939 von Alexej von Jawlensky als Geschenk. Es befindet sich bis zu ihrem Tod 1965 in ihrem Besitz.

• Bedeutende Provenienz: Alexej von Jawlensky schenkt das Werk 1939 seiner Ehefrau Helene von Jawlensky.
• Von kräftiger, intensiver und kontrastreicher Farbigkeit.
• Jawlensky gelangt mit diesem Werk zu einem in seinen Blumenstillleben unerreichten Grad der formalen Reduktion und Abstraktion, der sich sonst nur in seiner Werkreihe der "Meditationen" wiederfindet.
• Im Vergleich zu Jawlenskys anderen Werkserien umfasst die Werkreihe der Blumenstillleben eine kleinere Anzahl an Arbeiten.
• Mit leuchtendem Kolorit, dunklen Konturen, geometrisierten Formen, flächigem Farbauftrag und kleinen Tupfern gelangt der Künstler hier zu einer innerhalb seines seriellen Schaffens wohl einzigartigen Komposition
.

PROVENIENZ: Sammlung Helene Jawlensky (1885-1965, die Ehefrau des Künstlers, am 10.1.1939 vom Künstler als Geschenk erhalten).
Andreas Jawlensky / Nachlass des Künstlers (1965 durch Erbschaft von der Vorgenannten).
Maria Jawlensky (1984 durch Erbschaft vom Vorgenannten).
Leonard Hutton Galleries, New York (1986 von der Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Jawlensky. Father and Son, Leonard Hutton Galleries, New York, 20.3.-30.5.1987, Kat.-Nr. 65 (m. Farbabb., S. 54).
Alexej von Jawlensky - Andreas Jawlensky. Vater und Sohn, Galerie Ludorff, Düsseldorf, 1993/94, S. 20 (m. Farbabb.).

LITERATUR: Clemens Weiler, Alexej Jawlensky. Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, Nr. 1360.
Maria Jawlensky, Lucia Pieroni-Jawlensky u. Angelica Jawlensky Bianconi, Alexej von Jawlensky. Catalogue Raisonné of the Oil Paintings, Bd. 3, 1934-1937, London 1993, Kat.-Nr. 1872, S. 218 (m. Farbabb., S. 235).
Karl & Faber, München, 192. Auktion, 3./4.12.1996, Los 548 (m. Farbabb., Tafel 23).

Zum Entstehungszeitpunkt der hier angebotenen Arbeit lebt Jawlensky recht zurückgezogen in seiner Wiesbadener Wohnung. Bereits seit 1927 leidet der Künstler an immer wieder aufflammender Arthritis, die seine Bewegungsfreiheit immens einschränkt, ihn zeitweise sogar ans Bett fesselt und bald dazu zwingt, seinen großen Ideenreichtum und seine immense künstlerische Schaffenskraft in kleineren Formaten umzusetzen. Bereits 1934 muss Jawlensky beim Malen, beim Führen des Pinsels die linke Hand zuhilfe nehmen: "Ich kann den Pinsel nur mit zwei Händen halten, sonst geht es nicht und darum habe ich jetzt eine andere Technik und darum auch einen anderen Ausdruck." (Jawlensky in einem Brief an Galka Scheyer, Sept. 1934, zit. nach: Bernd Fäthke, Jawlensky und seine Weggefährten in neuem Licht, München 2004, S. 208). Trotz enormer physischer Einschränkungen gelangt Jawlensky Mitte der 1930er Jahre so zu einem – auch nach eigenem Dafürhalten – Höhepunkt und zur Krönung seines künstlerischen Schaffens: "Die Sachen sind wirklich sehr reif, menschlich tief und geheimnisvoll. Ich liebe diese Arbeiten sehr [..]. Mir scheint, das ist das höchste, was ich gemacht habe." (ebd.)
Die hier angebotene Arbeit dokumentiert diese durch Jawlenskys Krankheit noch beschleunigte Hinwendung zu einer immer konsequenteren Abstraktion, aus der sich in ebendiesen Schaffensjahren von 1934 bis 1937 auch die berühmten "Meditationen" entwickeln; Arbeiten, in denen Jawlensky die höchste Vollendung seiner seriellen Malerei erreicht. Obwohl es sich bei der Darstellung im Grunde um eine mit Blumen gefüllte Vase vor erleuchtetem Hintergrund bzw. "im Gegenlicht" handelt, abstrahiert und verfremdet der Künstler das Motiv in einem solchen Maße, dass es in Komposition, Farbigkeit, Ausführung und Duktus vielmehr den Meditationen als anderen Blumenstillleben dieser Zeit ähnelt. Jawlensky fokussiert sich auf den starken Hell-Dunkel-Kontrast, die leuchtkräftigen, kontrastierenden Grundfarben und schafft so ein Werk von großer Tiefe und tief empfundener Melancholie. [CH]



398
Alexej von Jawlensky
Stillleben: Blumen im Gegenlicht, 1936.
Öl auf leinenstrukturiertem Papier, auf Malpappe
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 57.150

(inklusive Aufgeld)