Auktion: 532 / 19th Century Art am 10.12.2022 in München Lot 345

 

345
Karl Hagemeister
Mädchen im Kohlfeld, 1886.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 46.875

(inklusive Aufgeld)
Mädchen im Kohlfeld. 1886.
Öl auf Leinwand.
Warmt G 197 (2015: G 167). Rechts unten signiert und datiert. Verso auf der Leinwand mit zwei verblassten unleserlichen Stempeln. Verso auf dem Keilrahmen mit altem Etikett, bezeichnet "Eigenthum von / Friedrich Hagemeister / Prof. Hagemeister", sowie mit weiterem Etikett "Nr. 693 / Schulamt / Brandenburg G.H. / Ölgemälde / Prof. K. Hagemeister / 'Mädchen im Kohlfeld' Brandenburg 15 / IV [19]43". Nummeriert "B-0149" und "69.3". 119 x 73 cm (46,8 x 28,7 in).

Mit einem schriftlichen Gutachten von Frau Dr. Hendrikje Warmt, Karl Hagemeister Archiv & Werkverzeichnis, Berlin, 24. Oktober 2022.

PROVENIENZ: Aus dem Nachlass des Künstlers.
Frau M. Schweitzer, Brandenburg/Havel (vom Vorgenannten erhalten).
Privatsammlung Berlin (1975 erworben).

AUSSTELLUNG: Karl Hagemeister, Bröhan-Museum, Berlin, 12.3.-12.7.1998, Kat.-Nr. 49.

LITERATUR: Peter Paret, Die Berliner Secession. Moderne Kunst und ihre Feinde im Kaiserlichen Deutschland, Berlin 1981, S. 105.
Irmgard Wirth, Berliner Malerei im 19. Jahrhundert, Berlin 1990, Taf. 75.
Margit Bröhan (Hrsg.), Karl Hagemeister (1848 - 1933) - Gemälde-Pastelle-Zeichnungen, Ausst.-Kat. Bröhan Museum, Berlin 1998, S. 100 (Abb. S. 101).

Berührungspunkte mit der europäischen Moderne und dem aufkommenden Impressionismus in Paris hinterlassen bei Hagemeister den Drang mit impressionistischen Auffassungs- und Darstellungskonzepten in der zweiten Hälfte der 1880er Jahre zu experimentieren. Inspiriert von der sehr hellen und kraftvollen Farbgebung in einem gestisch schwungvollen Pinselduktus der Franzosen begann er seinen eigenen bildnerischen Ausdruck zu suchen. In Ferch, einem kleinen Fischerdorf im Havelland, wo Hagemeister von 1880 bis 1891/92 lebte, wandte er sich nicht nur der reichhaltigen Flora und Fauna, sondern auch, den französischen Vorbildern nacheifernd, figurativen Studien zu. Durch seine Kindheit auf dem Land entwickelt Hagemeister eine innige Liebe zur Tier- und Pflanzenwelt. Seine Hingabe begründet sich in seinem direktem Dasein in der freien Natur. Denn „wer Landschaften malt, muss sich aufhalten, wo die Landschaft ist; wer Prinzessinnen malt, muss dort sein, wo die Prinzessinnen sind.“ Für ihn stellt die Natur ein „seelisches Element“ dar, das er durch den Malprozess und das Verharren in freier Natur Vorort zu erspüren sucht. Hagemeister entwickelt eine malerische Herangehensweise, bei der ein pastos angelegter grober Vordergrund einem lasierend aufgetragenen Hintergrund entgegengesetzt wird. Davon umgeben präsentiert er im Mittelgrund des Bildaufbaus Bäuerinnen, die entweder in stiller Position verharren oder ihrer Arbeit nachgehen. Es entsteht eine Momentaufnahme, die eine Realität einfacher Landleute zeigt, ohne sich einem Sujet der bürgerlichen Porträts oder historischer Szenerien zu bedienen. Der Verzicht auf jegliche Beschönigung wendet sich einem Realismus zu, der bereits spätere Umwälzungen in den Kunstsalons in Deutschland ankündigt. Fernab der städtischen Zensur ist Hagemeister so Mitstreiter einer sich langsam vollziehenden Entwicklung grundlegender zukünftiger kunsthistorischer Veränderungen. Auch unser Bildnis „Das Mädchen im Kohlfeld“ zeigt ein stimmiges Zusammenspiel zwischen heimischer Schönheit von Mensch und Natur. Ein Bauernmädchen in schlichter Erscheinung sitzt auf dem Feld, während die ihr umliegende Natur in eine dynamischere Atmosphäre getaucht ist. Das Mädchen blickt in stiller Anmut über den äußeren Bildrand in die Ferne hinaus. Es entsteht ein kurzer Augenblick des Stillstandes, während die Bäume, Sträucher und das Feld durch den Wind bewegt werden. Pastoser und kräftiger Farbauftrag von lichten Gelb- und Grüntönen lassen ein Naturspektakel entstehen, dass um das zarte Mädchen in einfacher Tracht umher rauscht. [CS]



345
Karl Hagemeister
Mädchen im Kohlfeld, 1886.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 46.875

(inklusive Aufgeld)