Auktion: 525 / Evening Sale am 10.12.2021 in München Lot 230

 

230
Alex Katz
Tara, 2003.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 350.000
Ergebnis:
€ 901.000

(inklusive Aufgeld)
Tara. 2003.
Öl auf Leinwand.
Auf der umgeschlagenen Leinwand signiert und datiert. 183 x 152,5 cm (72 x 60 in).

• Großformatige Arbeit in der charakteristischen sachlich-coolen Bildsprache des Künstlers.
• Katz’ Gemälde werden äußerst selten auf dem deutschen Auktionsmarkt angeboten.
• Das menschliche Gesicht dient Katz als künstlerische Fläche. Modische Details werden bewusst als Stilelemente verwendet, zur Schaffung einer unmittelbaren Gegenwart
.

PROVENIENZ: Jablonka Galerie, Köln (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung (direkt vom Vorgenannten erworben).
Sammlung Serviceplan, München.

AUSSTELLUNG: Max Beckmann. Von Angesicht zu Angesicht. Museum der bildenden Künste Leipzig, 17.9.2011 - 22.1.2012, Kat.Nr. 243, Aust.Kat. mit Abb. S.59.

LITERATUR: Bilder der Seele. Kunst nach 1945, Sammlung Serviceplan, 2015, S. 291.

Alex Katz – eine überragende Figur der zeitgenössischen Malerei
Zu den wichtigsten und einflussreichsten amerikanischen Künstlern der letzten 60 Jahre zählt zweifelsfrei Alex Katz. Geboren 1927 in Brooklyn, New York, wächst Alex Katz in St. Albans auf. Dorthin zieht es die aus Russland stammende Familie im Jahr 1928. Bereits die Eltern vermitteln Alex Katz die Begeisterung für die Kunst, so stößt er auch mit seinem Berufswunsch auf offene Ohren und kann 1946 seine Ausbildung an der Cooper Union Art School in Manhattan beginnen. Das Studium dort und die Young Artists Guild sowie die Sommermonate von 1949 und 1950 an der Skowhegan School of Painting and Sculpture in Maine bringen ihm die europäische Kultur näher. Das dort vermittelte Wissen über Bauhaus, Kubismus und die Freilichtmalerei prägen ihn nachhaltig. 1954, fünf Jahre nach Studienabschluss, zeigt Alex Katz in der Roko Gallery, New York, seine Werke erstmals in einer Einzelausstellung. Die Ausbildungsjahre von Alex Katz fallen in die hohe Zeit des abstrakten Expressionismus. Auch der junge Katz bleibt in seinen frühen Arbeiten davon nicht unberührt. In den 1950er Jahren wird Alex Katz dann zu einer Schlüsselfigur der frühen Pop-Art. Diesem Stil bleibt er treu: Zu Beginn der 1960er Jahre nimmt er in seinen Werken Bezug auf die Massenmedien und die Bildwelten der Werbung. Zur Malerei gesellt sich nun vermehrt die Druckgrafik, das Lieblingsmedium der Pop-Art, das Katz virtuos beherrscht. Die 1980er Jahre zeugen von der Hinwendung des Künstlers zur "Parallelwelt" des Modedesigns. Schließlich widmet er sich großformatigen Landschaften. Im neuen Jahrtausend beweist Alex Katz mit seinen Blumenbildern sowie den Darstellungen von Tänzern und Aktfiguren, dass die Pop-Art noch heute ein Stil von herausragender Bedeutung ist. Seit mittlerweile 70 Jahren prägt er mit seinem einzigartigen Stil die figurative Malerei der Neuzeit. Gefeiert für seine ikonischen Porträts stilbewusster Frauen und für seine impressionistischen Landschaftsdarstellungen, hat der inzwischen 94-jährige Katz Generationen von Maler:innen inspiriert.

Das Gesicht als künstlerische Fläche
Die traditionelle Gattung des Porträts prägt ebenso wie die Landschaft das Gesamtwerk von Alex Katz. Seine großformatigen Porträts sind als Close-ups plakativ in Szene gesetzt. Die Physiognomie ist auf das Wesentliche reduziert, trotzdem sind die individuellen Merkmale des Porträtierten messerscharf erfasst. Katz' Interesse an seinen Modellen, die meistens aus seiner unmittelbaren Umgebung stammen, hat wenig mit der Person an sich zu tun. Auftreten und Erscheinung spielen zwar eine Rolle, aber seine Herangehensweise ist systematisch-analytisch. Er widmet sich den genauen farblichen Abstufungen und der Textur von Haut und Haaren, den Proportionen und Flächen des Gesichts, vor allem aber ihrer Beziehung zum einfallenden Licht. Die Porträts sind das Resultat einer präzisen Naturbeobachtung und bleiben frei von jeglicher Emotionalität. Sein Hauptmodell ist seine Ehefrau Ada. Auch aufgrund ihrer zahlenmäßig starken Präsenz in seinem Werk kann ihr eine besondere Rolle zugestanden werden. Aber ihre Porträts unterscheiden sich im Ausdruck nicht von denen anderer Modelle. Auch sie steht für einen bestimmten Typus, eine Rolle, die Katz aus ihrem Antlitz modelliert. Das Emotionale ist es nicht, um was es ihm geht, selbst wenn seine Familie die Dargestellten sind. Das Wesentliche des Sujets wird herausdestilliert. "Was dargestellt ist, ist absolut unwichtig. Es geht um das Malen, um die Kraft und die Energie der Malerei" (Zit. nach: Kristy Bell, Es kann ein hübsches Mädchen sein oder auch was ganz anderes, in: Jacob Proctor (Hrsg.), Alex Katz. Painting the now, 2018, S. 12) Seinen Künstlerblick interessieren formale Aspekte und dabei entwickelt er seine so typische Bildsprache, die man als cool und clean beschreiben möchte. Sie ist bestimmt von strahlenden Farbkontrasten, scharf beschnittenen Konturen der Figuren und Landschaften sowie den zu Flächen reduzierten Perspektiven. Es ist eine Bildsprache des bewusst Weglassens. Katz selbst äußert sich so: "Man zeigt dieses und jenes, lässt aber etwas aus, und dann füllt der Verstand diese Lücke. Wenn das Bild alles enthält, erzeugt man keine Wirkung" (zit. nach: Toni Stooss, Alex Katz, 2013, Interview mit Sharon Corwin, 22. Juli 2011, S. 200). Katz' flächige, aus monochromen Farbflächen synthetisierte Malweise schafft eine Verfremdung der dreidimensionalen Wirklichkeit, welche den Blick des Betrachters über den Bildinhalt hinaus auf das Wesen der Kunst lenkt. Durch Reduzierung und Fokussierung lotet er die Übergänge zwischen Figuration und Abstraktion immer wieder neu aus.
Fashion in der Kunst
In seiner Kunst ist Katz auf der Suche nach der unmittelbaren Gegenwart und nichts ist so gegenwärtig wie die aktuellen Modetrends. Das von der Kunstwelt weitestgehend verschmähte Motiv der Mode ist ein wichtiger Aspekt im Werk von Alex Katz. Er sagt: "Style was the content of my painting and style belongs to fashion and fashion is an immediate present" (Interview TateShots 2018). Vor allem in New York, wo der Künstler lebt, ist Fashion omnipräsent; es ist eine Weltstadt, die Mode lebt und in der Eleganz und Schönheit einen immensen Stellenwert haben. Sehr früh bereits, seit den 1950er Jahren, ist dieser Einfluss in seinen Arbeiten sichtbar, seit den 1980er Jahren setzt Katz dann auch Haute Couture als gestalterisches Element ein. Sein Gespür dafür, das Wesentliche dessen, was modisch und schick ist – insbesondere in New York City – einzufangen, zeichnet seine Werke aus. Es entstehen ikonische Bilder wie "The Black Dress", "Pas De Deux" und die Schaufenster von Barneys New York, sie machen ihn zum vielleicht wichtigsten Modemaler der jüngeren Zeit. Er hält in seinem unverwechselbaren Stil den amerikanischen Look fest und prägt diesen zugleich. "Tara" steht für den lässigen Street Style der Großstadt mit dem fransigen Bob und der coolen Beanie-Mütze. Mode ist für Katz eine legitime und gleichberechtigte Kunstform: “art moves just like fashion …people think fine art is above fashion, and I think that’s ridiculous! …The fashion world is moving into the art world, and not the other way around." (zit. nach: Vincent Katz (Hrsg.), Invented Symbols: An Art Biography, 2012, S. 114). Die Mode zum Thema in seiner Malerei zu machen verhilft seiner Kunst zu einer direkten Unmittelbarkeit und huldigt dem Moment. [SM]



230
Alex Katz
Tara, 2003.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 350.000
Ergebnis:
€ 901.000

(inklusive Aufgeld)