Auktion: 479 / Klassiker des 20. Jahrhunderts I am 08.12.2018 in München Lot 805

 

805
Gerhard Richter
Rhombus, 1998.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 325.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Rhombus. 1998.
Öl auf Holz.
Elger 850-13. Verso signiert und datiert sowie im Auftrag des Künstlers von fremder Hand mit der Werknummer versehen. 24 x 28 cm (9,4 x 11 in).

Einzige verfügbare Arbeit auf dem internationalen Kunstmarkt, die im Zuge des berühmten Rhombus-Zyklus entstand, welcher sich vollständig im Museum of Fine Arts, Houston, Texas befindet.

Mit einer schriftlichen Expertise von Herrn Dr. Dietmar Elger, Dresden, vom 21. Juli 2018.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland (direkt vom Künstler erworben).

"Bei der "Ölskizze, Rhombus (850-13)" von Gerhard Richter handelt es sich um ein kleines Juwel. Das Bild entstand im unmittelbaren Zusammenhang mit dem sechsteiligen Zyklus "Abstraktes Bild, Rhombus (851/1-6)", den Richter ursprünglich für die Wallfahrtskirche Padre Pio in San Giovanni Rotondo in Italien gemalt hatte und nimmt als einziges Werk dessen ungewöhnliche, auf die Spitze gestellte Rhomben-Form vorweg."
Dietmar Elger, Leiter Gerhard Richter Archiv Dresden
"Mit der abstrakten Malerei schufen wir uns eine bessere Möglichkeit, das Unanschauliche, Unverständliche anzugehen, weil sie in direktester Anschaulichkeit, also mit allen Mitteln der Kunst 'nichts' schildert".
Gerhard Richter, 1982, zit. nach: Kat. Documenta 7, Kassel 1982.

Nach den Entwürfen des Stararchitekten Renzo Piano entsteht zwischen 1991 und 2004 die Wallfahrtskirche San Pio da Pietrelcina in San Giovanni Rotondo. 1997 wird Gerhard Richter eingeladen, für diese Kirche Leben und Stigmatisierung des heiligen Franziskus darzustellen. Richter als bekennender Sympathisant der katholischen Kirche findet das Projekt interessant, sieht sich aber nicht im Stande, eine figürliche Gestaltung des Themas umzusetzen, und reicht eine Werkgruppe von sechs rhombenförmigen abstrakten Gemälden ein. Im Zuge der Entstehung der großformatigen Rhomben wird auch unsere kleinformatige Arbeit geschaffen. Die großformatigen Rhomben werden von dem zuständigen Comité für die Ausstattung der Kirche abgelehnt. 2001 werden sie auf der Biennale als Teil der Themenausstellung "Plateau der Menschheit" gezeigt und schließlich vom Museum of Fine Arts in Houston/Texas angekauft. Was von der Entstehungsgeschichte bleibt, ist die mystische, sakrale Aura, die diese Werke umgibt. Das dominierende Blutrot, durchbrochen von silbergrauen und königsblauen Schlieren, sogar ein winziges Stück Smaragdgrün ist zu erkennen. Das nicht Greifbare, mystisch Verhüllende, was alles Göttliche umgibt, sind Attribute, die sich auch mit der abstrakten Malerei von Gerhard Richter verbinden lassen. Er erreicht diese Wirkung durch das von ihm entwickelte Malinstrument des Rakels, mit dem er seit den 1980er Jahren arbeitet. Mithilfe dieses Werkzeugs bezieht er den Zufall bewusst in den Gestaltungsprozess ein. Er hat damit nur die Kontrolle über Farbwahl, Format, Material und ausführende Richtung des Rakels, hat aber keinen Einfluss, wieviel Farbe an welcher Stelle auf der Leinwand haften bleibt. Der Malprozess ist bestimmt von Zufall und Zerstörung, denn sobald Richter den Rakel neu ansetzt, zerstört er die vorangegangene Komposition. Es ist ein Auf- und Ab im Entstehungsprozess, bestimmt von intuitiv getroffenen Entscheidungen. "Das Machen von Bildern besteht in einer Vielzahl von Ja- und Nein-Entscheidungen und einer Ja-Entscheidung am Ende." (Gerhard Richter, zit. nach: Dietmar Elger, Gerhard Richter. Maler, 2018, S. 349) [SM]



805
Gerhard Richter
Rhombus, 1998.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 325.000

(inkl. Käuferaufgeld)