Auktion: 470 / Kunst nach 1945 I am 09.06.2018 in München Lot 877

 

877
Gerhard Richter
Ohne Titel (9.12.96), 1996.
Öl
Schätzung:
€ 150.000
Ergebnis:
€ 256.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel (9.12.96). 1996.
Öl.
Rechts unten signiert und datiert. Auf Karton. 21 x 30 cm (8,2 x 11,8 in) , Blattgröße.

Die vorliegende Arbeit ist im Online-Katalog der Arbeiten Öl auf Papier verzeichnet.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

"Abstrakte Bilder sind fiktive Modelle, weil sie eine Wirklichkeit veranschaulichen, die wir weder sehen noch beschreiben können, auf deren Existenz wir aber schließen können."
Gerhard Richter, zit. nach: Katalog documenta 7, 1982, S. 84.

Richter benutzt bewusst das Prinzip des Zufalls in seiner Arbeit. "Ich habe eben nicht ein ganz bestimmtes Bild vor Augen, sondern möchte am Ende ein Bild erhalten, das ich gar nicht geplant hatte. Also, diese Arbeitsmethode mit Willkür, Zufall, Einfall und Zerstörung läßt zwar einen bestimmten Bildtypus entstehen, aber nie ein vorherbestimmtes Bild." (Zit. nach Hubertus Butin und Stefan Gronert, Gerhard Richter. Editionen 1965-2004, Ostfildern-Ruit 2004, S. 35/36) Die entstehende Komposition ist nicht vorhersehbar, sie ist Teil einer gestalterischen Entwicklung. Die pastose Farbstruktur zeigt eine abstrakte materialbezogene Behandlung der Farbe, so dass das Resultat der Erscheinung stets auf den Prozess seiner Entstehung verweist. Richter übergibt die künstlerische Kontrolle dem Medium der Farbe: wie in dem uns vorliegenden Werk mittels Abklatschens einer pastosen Farbstruktur auf Papier. Durch diesen Arbeitsprozess entstehen amorphe Gebilde, die dem Werk einen reliefartigen, fragilen Charakter verleihen und zusätzlich ein haptisches Element in die Komposition bringen. Diese Arbeitsweise gibt Richter die Freiheit, als Subjekt zurückzutreten und Material und Farbe die bestimmende Kraft zu überlassen, ein Anliegen, das maßgeblich sein künstlerisches Schaffen bestimmt. Trotz einer der Abstraktion verhafteten Bildsprache haben die Werke immer einen realistischen Bezug. Bilder stellen immer etwas dar, wir lesen die Bilder, dies ist schon immer eine natürliche Eigenschaft von Kunstrezeption, welche auch der Intention von Gerhard Richter entspricht. Er gibt seinen abstrakten Bildern teilweise assoziative Titel oder konzentriert - wie in unserem Werk - den Titel auf ein Datum, und der Betrachter wird mit seinen Gedanken allein gelassen. Entstanden ist unser Bild am 9.12.1996, man vermutet einen klaren, kalten Wintertag. Frisch gefallener Schnee wird von einem leichten Wind verwirbelt. Die fast sakral wirkende Arbeit transportiert diese gedämpfte leise Stimmung, in der die Welt ganz friedlich erscheint. Gerhard Richter gelingt eine neue Form der abstrakten Malerei, deren Ausdrucksformen bereits ausgeschöpft schienen, und schafft Bilder, die eine eigenständige visuelle Erfahrungsmöglichkeit bieten. [SM]



877
Gerhard Richter
Ohne Titel (9.12.96), 1996.
Öl
Schätzung:
€ 150.000
Ergebnis:
€ 256.250

(inkl. Käuferaufgeld)