Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 88

 

88
Maurice de Vlaminck
La Seine a Chatou, 1915.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 97.600

(inkl. Käuferaufgeld)
La Seine a Chatou. Um 1915/20.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten signiert. 65,2 x 81,3 cm (25,6 x 32 in).
Eine der wenigen frühen Arbeiten des Künstlers, die auf dem deutschen Auktionsmarkt angeboten werden.

Mit einer Fotoexpertise von Gilbert Pétridès vom 19. November 1986.
Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis des Wildenstein-Instituts aufgenommen.

PROVENIENZ: Galerie Dr. Bühler, München.
Privatsammlung Berlin (1987 erworben).
Privatsammlung.

Als die Familie Vlaminck von Paris nach Vésinet umzieht, ist Maurice drei Jahre alt. Wie auch die Eltern, die beide Musiker sind, schlägt er zunächst die musikalische Laufbahn ein. Als ausgebildeter Kontrabassist verlässt er 1892 sein Elternhaus und zieht nach Chatou bei Versailles. Nach dem Militärdienst in Vitré ist Vlaminck als Musiker tätig, bis er im Jahr 1900 zufällig André Derain begegnet. Dieser ist es, der in Vlaminck künstlerische Ambitionen weckt. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, mietet Vlaminck gemeinsam mit Derain eine alte Baracke, die sie als Atelier einrichten. Von entscheidender Bedeutung für die künstlerische Entwicklung ist im folgenden Jahr der Besuch einer van Gogh-Ausstellung in Paris. Als der junge Maler 1902 Henri Matisse kennenlernt, ermutigt ihn dieser, im "Salon des Indépendents" auszustellen. Zusammen mit Matisse, Derain, Friesz, Manguin u.a. findet 1905 eine Ausstellung im "Salon d'Automne" statt. Aufgrund des völlig neuen koloristischen Konzeptes, das große Farbflächen in reinen Tubenfarben zeigt, bezeichnet der Kritiker Vauxelles die Künstler als die "Fauves". Dass die neue Malweise auf reges Interesse stößt, zeigt sich am deutlichsten im nachfolgenden Ankauf von Vlamincks Gesamtwerk durch den Kunsthändler Vollard. Er arrangiert auch 1906 die erste Einzelausstellung für den Maler.

Seine-Landschaften gehören bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert zum festen Bestandteil der französischen Malerei. Das oft beschworene "silberne" Licht wurde kultiviert. Es verleiht den Landschaften ihren eigenen Reiz einer äußerst delikaten Palette mattgrüner und grauer Töne, die nur hin und wieder von kleinen Farbakzenten unterbrochen werden. Auch Vlaminck hat diesen Effekt gesucht und in diesem Gemälde geradezu exemplarisch festgehalten. Kombiniert mit der scheinbar trägen Stille des Flusses, der hier mehr einem stillen See gleicht, gelingt es Vlaminck eine Landschaftsimpression zu visualisieren, die als besonders typisch für die Seine-Landschaften gilt. Der beschwingte Rhythmus der Baumgruppe rechts gibt der Landschaft eine leichte Dynamik, die der in sich ruhenden Szene eine wohltuende Bewegung verleiht.

Nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst richtet sich Vlaminck in Paris ein kleines Atelier ein, wo er sich auf die nächste Ausstellung vorbereitet. Sie findet 1919 bei Druet statt und bedeutet den endgültigen Durchbruch. Dies ermöglicht ihm, noch im selben Jahr in Valmondois ein Haus zu kaufen. Hier, in der ländlichen Umgebung, kann Vlaminck seinen eigenen Stil als Landschaftsmaler nun ganz entfalten. Auch als der Maler 1925 in das Departement Eure-et-Loire umzieht, bleibt er der ländlichen Landschaft noch eng verbunden. In den dreißiger Jahren wird sein Werk in internationalen Ausstellungen gewürdigt. Die letzten Jahre seines Lebens sind geprägt durch die Freundschaft mit dem Schweizer Arzt Dr. Sigmund Pollag, der das grafische Werk Vlamincks sammelt und dieses 1970 dem Kunstmuseum Bern schenkt. Vlaminck schreibt insgesamt mehr als 20 Bücher, darunter auch autobiografische Texte. [KD].




88
Maurice de Vlaminck
La Seine a Chatou, 1915.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 97.600

(inkl. Käuferaufgeld)