Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 31

 

31
Ernst Ludwig Kirchner
Pantomime Hans Reimann: Die Rache der Tänzerin, 1912.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 23.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Pantomime Hans Reimann: Die Rache der Tänzerin. 1912.
Bleistiftzeichnung.
Links oben signiert und datiert sowie unten mittig nachträglich signiert. Verso mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570b) und der handschriftlichen Registriernummer "Ill/Be 12" sowie von fremder Hand jeweils zweifach bezeichnet "C 2321" bzw. "K 5270". Auf chamoisfarbenem Zeichenpapier. 58,5 x 46 cm (23 x 18,1 in), blattgroß.

Dieses Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Achiv Wichtrach/Bern dokumentiert.

PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers.
Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach.
Privatsammlung Norddeutschland.

AUSSTELLUNG: Im Zentrum: Ernst Ludwig Kirchner, Kunsthalle Hamburg/Kirchner Museum Davos/ Brücke-Museum, Berlin 26.10.2001 - 13.01.2002. Kat.Nr. 49 (mit Farbabb. S.51).

LITERATUR: Will Grohmann, Kirchner-Zeichnungen, Arnolds Graphische Bücher 2. Folge Bd. 6, Verlag Ernst Arnold, Dresden 1925, Tafel 33 (dort noch ohne die Signatur unten mittig).
Ernst Ludwig Kirchner zum 120. Geburtstag. Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/ Bern 2000., Katalog 59, Kat.Nr. 29 (mit Farbabb.).

Nach dem Abschluss eines Architekturstudiums in Dresden, während dem Ernst Ludwig Kirchner Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff kennenlernt und mit diesen bereits künstlerisch zusammenarbeitet, entscheidet sich Ernst Ludwig Kirchner gegen den Wunsch seines Vaters ganz für die Malerei. Der intensive Austausch der vier Freunde führt 1905 zur Gründung der Künstlergemeinschaft "Die Brücke" - mit dem Ziel "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich zu ziehen" (Schmidt-Rottluff). Die Künstler beginnen mit den "Viertelstundenakten", den Zeichnungen nach Aktmodellen im Atelier oder in der Natur. Die Gruppe orientiert sich zunächst an Künstlern des Spätimpressionismus. Die Entdeckung der Fauves, der Südsee-Kunst und van Goghs führt die Maler zum Expressionismus. Infolge der Begegnung mit der Kunst der italienischen Futuristen verändert sich der Malstil der Gruppe um 1910, er wird "härter". Ernst Ludwig Kirchner studiert die Plastik im Dresdner Völkerkundemuseum. Unter diesem Eindruck haut und schneidet Kirchner Holzplastiken. 1911 übersiedelt Ernst Ludwig Kirchner nach Berlin. Die Großstadt bietet ihm eine Fülle neuer Motive, die Kirchner in vereinfachten, scharf konturierten Formen, expressiven Zügen und grellen Farbkontrasten umsetzt. Diese Großstadtbilder werden zu Inkunabeln des Expressionismus und machen Ernst Ludwig Kirchner zu einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts.

In Kirchners Atelier in Berlin trafen sich häufig Dichter, Schriftsteller und andere Künstler. So kam es, dass der berühmte Vortragskünstler Hans Reimann eine Pantomime zum Besten gab, deren rhythmische Bewegungen Kirchner hier schwungvoll, ganz der Musik angepasst, aufs Papier brachte. Es entstanden einige großformatige Aquarelle und Zeichnungen dieser Art. Auch war wohl eine Holzschnittfolge geplant, die aber nur in 2 Holzschnitten umgesetzt wurde (Dube H 230 und H 231). Unser Blatt entspricht dem Holzschnitt Dube H 231. In dieser Zeichnung erkennt man seitenverkehrt die auch bei Gustav Schiefler (vgl. Schiefler H 190) beschriebene Szene, in der ein Mann mit Monokel einer mit einem Mann am Boden kämpfenden Frau zuschaut.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die folgenden Jahre bedeuten einen Wendepunkt in Kirchners Leben. Die Kriegsereignisse und der Militärdienst stürzen Kirchner in existenzielle Angst, führen letztlich zu Krankheit und langen Sanatoriumsaufenthalten. Um so bemerkenswerter ist seine künstlerische Produktion in dieser Zeit. Es entstehen Werke wie der Holzschnitt "Frauen am Potsdamer Platz", die "Bilder zu Chamissos Peter Schlemihl", die Selbstporträts und Holzschnittbildnisse aus den Sanatorien, die zu den Höhepunkten seines Œuvres zählen.
1917 lässt sich Ernst Ludwig Kirchner in Frauenkirch bei Davos nieder. Den Großstadtbildern folgen nun Gebirgslandschaften und Darstellungen ländlichen Lebens. Um 1920 beruhigt sich seine expressive Malweise, die Bilder erhalten eine teppichhafte Flächigkeit. Daneben entsteht ein bedeutendes grafisches Werk in Form von Holzschnitten, Lithografien und Federzeichnungen. 1923 zieht Ernst Ludwig Kirchner in das "Haus auf dem Wildboden" am Eingang zum Sertigtal, wo Kirchner bis zu seinem Freitod im Jahr 1938 lebt und arbeitet. [DB].




31
Ernst Ludwig Kirchner
Pantomime Hans Reimann: Die Rache der Tänzerin, 1912.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 23.750

(inkl. Käuferaufgeld)