Auktion: 368 / Moderne Kunst am 12.06.2010 in München Lot 50

 
Tamara de Lempicka - Étude pour "Jeune fille dessinant"


50
Tamara de Lempicka
Étude pour "Jeune fille dessinant", 1937.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 42.700

(inkl. Käuferaufgeld)

Bleistiftzeichnung, teils gewischt
Blondel A.146. Rechts unten mit dem Atelierstempel. Auf Velin von PM Fabriano (mit Wasserzeichen). 28,7 x 15,5 cm (11,2 x 6,1 in)Papier: 32 x 23 cm (12,6 x 9 in).

Wir danken Herrn Alain Blondel, Paris, für die wissenschaftliche Beratung.

Tamara de Lempicka wird am 16. Mai 1898 in Warschau als Maria Gorski, Tochter einer großbürgerlichen Familie, geboren. Ihre Jugend verbringt sie in Lausanne und bei Verwandten in St. Petersburg. 1916 heiratet sie in St. Petersburg den Anwalt Tadeusz Lempicki. 1918 flüchtet sie, die sich inzwischen dem Russischen angepasst Tamara nennt, zusammen mit ihrem Mann und ihrer Familie vor der russischen Revolution nach Paris. Dort sucht Tamara de Lempicka eine lukrative Beschäftigung und zugleich Anschluss an die Pariser Gesellschaft, wobei ihr die Portraitmalerei hilfreich ist. Die Kunst war Teil ihrer standesgemäßen Erziehung gewesen, und Tamara hatte sich auch schon früh für die Malerei, die sie auf Reisen hatte sehen können, begeistert. Zusammen mit ihrer Schwester Adrienne kommt es im Herbst 1922 zur ersten Ausstellung ihrer Bilder im Salon d'Automne. Zum Zweck der besseren Eingliederung in die gehobenen französischen Kreise fügt sie in dieser Zeit ihrem Namen auch das französische "de" zu.
Bis 1925 experimentiert de Lempicka mit der Schreibweise ihrer Signatur: sie verwendet die männliche Form ihres Namens, sie gibt sich als Künstler aus. Ende 1925 hat sie ihre erste Einzelausstellung in Mailand und tritt nun auch als Frau in Erscheinung. In den 20er Jahren nimmt sie Malunterricht in der Académie Chaumière und bei Maurice Denis und André Lhote. Tamara de Lempicka widmet sich vorwiegend der Bildnis- und Porträtmalerei, nur wenige Stillleben, Stadtlandschaften oder abstrakte Kompositionen finden sich in ihrem Œuvre. Ihre Modelle findet sie nicht zuletzt in der osteuropäischen Oberschicht, die sich im Exil in Paris trifft.

Tamara de Lempicka hat sich einen ganz eigenen Stil erarbeitet, der sich in seiner kühlen Monumentalität am Art Déco, besonders jedoch an Alexander Archipenko und Einflüssen der Bauhauskultur orientiert. Eine subtil-kultivierte, dramatische Selbstinszenierung überträgt Lempicka auch auf ihre Werke und besticht durch einen hochartifiziellen Manierismus. Die Künstlerin lässt in ihrem Schaffen eine Epoche bürgerlicher Hochkultur edel erstarren und legt sie so in ihren inneren Werten bloß, wie kaum ein zweiter Künstler der Zeit. Mit sicherem Gespür für das optisch Wirksame unterwirft Lempicka ihre Werke einem Gestaltungskanon, der ihnen neben Monumentalität einen Ausdruck kühler, an Renaissancebilder erinnernder Sachlichkeit verleiht. Die vorliegende Zeichnung ist weit lebendiger als das gleichzeitig entstandene Gemälde.

1939 emigriert die Künstlerin zusammen mit ihrem zweiten Mann, dem ungarischen Baron Raoul Kuffner, in die USA. Dort leben die beiden zunächst in Beverly Hills, ab 1943 dann in New York. Nach dem Krieg kehrt Tamara de Lempicka zeitweise noch einmal nach Paris zurück, verlegt ihren Wohnsitz nach dem Tod ihres Mannes 1962 aber endgültig nach Houston, Texas. Mit einer Ausstellung zur Kunst der 1920er Jahre in Paris 1966 und einer monografischen Retrospektive, von Alain Blondel 1972 organisiert, erwacht erneut das Interesse an den Bildern Tamara de Lempickas. Am 18. März 1980 stirbt Tamara de Lempicka in Cuernavaca, Mexiko. [KD].




50
Tamara de Lempicka
Étude pour "Jeune fille dessinant", 1937.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 35.000
Ergebnis:
€ 42.700

(inkl. Käuferaufgeld)