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Wassily Kandinsky
Friedlich, 1930.
Aquarell und Tuschfeder
Schätzpreis: € 300.000 - 500.000
Friedlich. 1930.
Aquarell und Tuschfeder.
Links unten monogrammiert und datiert. Auf dem Unterlagekarton mit der persönlichen Widmung "Meinem alten, lieben Freund / Paul Klee / zu XII 31 / Herzlichst / Kandinsky". Auf dem Unterlagekarton verso datiert, betitelt und mit der Werknummer "No. 394" bezeichnet sowie von anderer Hand bezeichnet "Frau Paul Klee". Auf chamoisfarbenem, glattem Velin, auf Unterlagekarton montiert. 47,5 x 33 cm (18,7 x 12,9 in), blattgroß. Unterlagekarton: 59,8 x 45,2 cm (23,5 x 17,8 in).
In den Handlisten des Künstlers ist die Arbeit unter den Aquarellen für September 1930 verzeichnet mit "ix 1930, 394, Friedlich". [CH].
• Zeugnis einer intensiven Künstlerfreundschaft: Kandinsky versieht das Aquarell mit einer Widmung an seinen langjährigen Freund Paul Klee und schenkt es ihm im Dezember 1931 zum Geburtstag.
• Zum Entstehungszeitpunkt lehren beide Künstler am Bauhaus in Dessau und bewohnen gemeinsam eines der Meisterhäuser.
• Die streng geometrischen Kompositionen der Bauhaus-Jahre gelten als die gefragtesten Papierarbeiten des Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt.
• In der ausgewogenen Konstruktion zwischen Bewegung und ruhender Stabilität ein ,wunderbares Beispiel für die von Kandinsky in "Punkt und Linie zu Fläche" (1926) entwickelte Kunsttheorie.
• Aquarelle und Gouachen des Künstlers aus den 1930er Jahren befinden sich u. a. auch in den Sammlungen des Museum of Modern Art, des Metropolitan Museum of Art und des Solomon R. Guggenheim Museum, New York, sowie im Centre Pompidou, Paris.
• Vom 15.2. bis zum 18.5.2025 zeigt das Museum Barberini, Potsdam, die umfassende Ausstellung "Kosmos Kandinsky. Geometrische Abstraktion im 20. Jahrhundert".
PROVENIENZ: Sammlung Paul Klee (1879-1940), Bern (am 18.12.1931 vom Künstler als Geschenk zum Geburtstag erhalten).
Sammlung Lily Klee (1876-1946), Bern (1940 durch Erbschaft vom Vorgenannten).
Klee-Gesellschaft, Bern (1946 von der Vorgenannten, bis 1952).
Felix Klee, Bern (1953-1980).
Galerie Thomas, München (1980 vom Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Süddeutschland (1982 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Gedächtnisausstellung Wassily Kandinsky, Kunsthalle Basel, 10.3.-8.4.1945, Kat.-Nr. 13.
Aus der Sammlung Felix Klee. Paul Klee, Kandinsky, Jawlensky, Marc, Feininger u. a., Kunstmuseum Bern, 26.5.-28.8.1966, Kat.-Nr. 225.
50 Jahre Bauhaus, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 5.5.-28.7.1968, Kat.-Nr. 128.
Kandinsky. Kleine Freuden: Aquarelle und Zeichnungen, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 7.3.-10.5.1992, Kat.-Nr. 129 (m. Abb.).
Klee & Kandinsky. Nachbarn, Freunde, Konkurrenten, Paul Klee Zentrum, Bern,19.6.-27.9.2015; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 21.10.2015-24.1.2016, Kat.-Nr. 159 (m. ganzs. Farbabb.).
LITERATUR: Vivian Endicott Barnett, Kandinsky. Werkverzeichnis der Aquarelle, Bd. II (1922-1944), München 1994, WVZ-Nr. 987 (m. SW-Abb. u. m. ganzs. Farbabb., Tafel 258).
Aufrufzeit: 06.12.2024 - ca. 17.14 h +/- 20 Min.
Aquarell und Tuschfeder.
Links unten monogrammiert und datiert. Auf dem Unterlagekarton mit der persönlichen Widmung "Meinem alten, lieben Freund / Paul Klee / zu XII 31 / Herzlichst / Kandinsky". Auf dem Unterlagekarton verso datiert, betitelt und mit der Werknummer "No. 394" bezeichnet sowie von anderer Hand bezeichnet "Frau Paul Klee". Auf chamoisfarbenem, glattem Velin, auf Unterlagekarton montiert. 47,5 x 33 cm (18,7 x 12,9 in), blattgroß. Unterlagekarton: 59,8 x 45,2 cm (23,5 x 17,8 in).
In den Handlisten des Künstlers ist die Arbeit unter den Aquarellen für September 1930 verzeichnet mit "ix 1930, 394, Friedlich". [CH].
• Zeugnis einer intensiven Künstlerfreundschaft: Kandinsky versieht das Aquarell mit einer Widmung an seinen langjährigen Freund Paul Klee und schenkt es ihm im Dezember 1931 zum Geburtstag.
• Zum Entstehungszeitpunkt lehren beide Künstler am Bauhaus in Dessau und bewohnen gemeinsam eines der Meisterhäuser.
• Die streng geometrischen Kompositionen der Bauhaus-Jahre gelten als die gefragtesten Papierarbeiten des Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt.
• In der ausgewogenen Konstruktion zwischen Bewegung und ruhender Stabilität ein ,wunderbares Beispiel für die von Kandinsky in "Punkt und Linie zu Fläche" (1926) entwickelte Kunsttheorie.
• Aquarelle und Gouachen des Künstlers aus den 1930er Jahren befinden sich u. a. auch in den Sammlungen des Museum of Modern Art, des Metropolitan Museum of Art und des Solomon R. Guggenheim Museum, New York, sowie im Centre Pompidou, Paris.
• Vom 15.2. bis zum 18.5.2025 zeigt das Museum Barberini, Potsdam, die umfassende Ausstellung "Kosmos Kandinsky. Geometrische Abstraktion im 20. Jahrhundert".
PROVENIENZ: Sammlung Paul Klee (1879-1940), Bern (am 18.12.1931 vom Künstler als Geschenk zum Geburtstag erhalten).
Sammlung Lily Klee (1876-1946), Bern (1940 durch Erbschaft vom Vorgenannten).
Klee-Gesellschaft, Bern (1946 von der Vorgenannten, bis 1952).
Felix Klee, Bern (1953-1980).
Galerie Thomas, München (1980 vom Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Süddeutschland (1982 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Gedächtnisausstellung Wassily Kandinsky, Kunsthalle Basel, 10.3.-8.4.1945, Kat.-Nr. 13.
Aus der Sammlung Felix Klee. Paul Klee, Kandinsky, Jawlensky, Marc, Feininger u. a., Kunstmuseum Bern, 26.5.-28.8.1966, Kat.-Nr. 225.
50 Jahre Bauhaus, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 5.5.-28.7.1968, Kat.-Nr. 128.
Kandinsky. Kleine Freuden: Aquarelle und Zeichnungen, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 7.3.-10.5.1992, Kat.-Nr. 129 (m. Abb.).
Klee & Kandinsky. Nachbarn, Freunde, Konkurrenten, Paul Klee Zentrum, Bern,19.6.-27.9.2015; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 21.10.2015-24.1.2016, Kat.-Nr. 159 (m. ganzs. Farbabb.).
LITERATUR: Vivian Endicott Barnett, Kandinsky. Werkverzeichnis der Aquarelle, Bd. II (1922-1944), München 1994, WVZ-Nr. 987 (m. SW-Abb. u. m. ganzs. Farbabb., Tafel 258).
Aufrufzeit: 06.12.2024 - ca. 17.14 h +/- 20 Min.
Freundschaft, Konkurrenz und künstlerischer Austausch. Paul Klee und Wassily Kandinsky am Bauhaus
Bereits 1911 lernen sich Wassily Kandinsky und Paul Klee kennen: Kandinsky gehört zu den Gründungsmitgliedern des "Blauen Reiter" und Paul Klee ist ab 1912 an den legendären Gruppenausstellungen beteiligt. Bereits 1914 erfolgt die Auflösung der Künstlergruppe im Zuge des beginnenden Ersten Weltkriegs, doch die Wege der beiden Künstlergenies sollten sich mit ihren Berufungen ans Weimarer Bauhaus bald ein weiteres Mal kreuzen. Paul Klee beginnt seine Lehrtätigkeit im April 1921, Kandinsky im Juli 1922. Wie Paul Klee wird ihm ein Teil der Grundausbildung übertragen, er lehrt "Analytisches Zeichnen" sowie "Gestaltungslehre Farbe" und übernimmt zudem die künstlerische Leitung der Werkstatt für Wandmalerei.
Mitte der 1920er Jahre siedelt das Bauhaus von Weimar nach Dessau über. Wassily Kandinsky und Paul Klee beziehen 1926 eines der gerade fertiggestellten Meisterhäuser. Die als Doppelhäuser angelegten Meisterhäuser bilden eine Siedlung, die Walter Gropius nach eigenen Plänen für die sog. Meister des Bauhauses errichten lässt. Je zwei Künstler wohnen fortan, oftmals mit ihren Ehefrauen und Familien in den modernen Doppelhäusern mit privaten Ateliers: neben Kandinsky und Klee auch László Moholy-Nagy und Lyonel Feininger sowie Georg Muche und Oskar Schlemmer.
In den darauffolgenden Jahren entsteht trotz ihrer sich zum Teil widersprechenden künstlerischen Tendenzen, trotz Konkurrenz und Wettbewerb um Ausstellungen, Publikationen und Ankäufe ihrer Werke eine enge berufliche und freundschaftliche Verbindung zwischen Klee und Kandinsky. Sie stehen nicht nur in engem Dialog, sondern pflegen eigene nachbarschaftliche Rituale, u. a. das gemeinsame Teetrinken und Plaudern auf der Terrasse, das Nina Kandinsky in einigen Fotografien festhält. Zu Beginn der 1930er Jahre trennen sich ihre Wege: Paul Klee verlässt das Bauhaus 1931 und folgt einem Ruf an die Kunstakademie in Düsseldorf. Seine Wohnung im Meisterhaus behält er zunächst, doch 1932 hat die direkte Nachbarschaft dann endgültig ein Ende. Kandinsky zieht mit dem Bauhaus nach Berlin. Mit der politischen Machtübernahme der Nationalsozialisten wird die künstlerische Laufbahn der beiden bald darauf unterbrochen. Paul Klee wird von seiner Professur in Düsseldorf zunächst beurlaubt und anschließend enthoben. Kandinsky verliert seine Anstellung am Bauhaus, das 1933 ohnehin geschlossen, von der Polizei und der SA durchsucht und versiegelt wird. Fast gleichzeitig emigrieren die beiden Künstler, Klee zieht es in seine Heimatstadt Bern, Kandinsky geht nach Paris. In den darauffolgenden Jahren bleiben sie postalisch in Kontakt, insbesondere auch über ihre Ehefrauen Nina Kandinsky und Lily Klee: "Das Leben im Wald von Dessau kommt mir wie eine kurze aber glückliche Episode unseres Lebens vor“ (Lily Klee an Nina Kandinsky, März 1934, zit. nach: Ausst.-Kat. Klee & Kandinsky. Nachbarn, Freunde, Konkurrenten, Lenbachhaus, München 2015/16, S. 54).
"Meinem alten, lieben Freund"
Die ersten "Kunst-Geschenke" tauschen Paul Klee und Wassily Kandinsky bereits zu Zeiten des "Blauen Reiter" (1911–1914) aus. Doch nach ihrem Wiedersehen am Bauhaus wird der regelmäßige Austausch ihrer Kunstwerke an Geburtstagen, an Weihnachten und zu weiteren besonderen Anlässen allmählich zur lieb gewonnen Tradition, insbesondere in den Jahren zwischen 1923 und 1932. In einem sich wiederholenden Rhythmus schenkt Klee Kandinsky zu dessen Geburtstag am 4. Dezember eines seiner Kunstwerke, meist ein Aquarell oder eine Zeichnung, manchmal auch eine druckgrafische Arbeit oder ein Gemälde. Kandinsky erwidert das Geschenk zwei Wochen später, indem er Klee zu dessen Geburtstag am 18. Dezember eines seiner Kunstwerke überreicht. Zu Weihnachten wiederholt sich der Vorgang noch einmal. So erhält Kandinsky auch am 4. Dezember 1931 von Paul Klee ein Aquarell mit dem Titel "Tripelmarionette" mit der Widmung"für Kandinsky zum 4. Dez. 1931 in alter Freundschaft K" (1927,3, WVZ Klee 4216, Centre Pompidou, Paris). Kandinsky revanchiert sich am 18. Dezember zu Paul Klees Geburtstag mit der hier angebotenen Arbeit, mit der Widmung: "Meinem alten, lieben Freund / Paul Klee / zu XII 31 / Herzlichst / Kandinsky".
Die Gegenüberstellung dieser Arbeiten zeigt, dass die von Kandinsky verschenkten Werke oftmals auf das vorausgegangene Geschenk Paul Klees Bezug nehmen. "Die Geschenke waren mehr als nur freundschaftliche Aufmerksamkeiten, mit ihnen vollzog sich auch ein subtiler Dialog, in dem sie sich über ihre künstlerischen Überzeugungen austauschten und auch hier wieder Abstraktion und Realitätsbezug gegeneinander ausspielten.“ (Christine Hopfengart, in: ebd., S. 47)
Kandinsky scheint mit "Friedlich" in mehrerer Hinsicht auf Klees "Tripelmarionette" Bezug zu nehmen, obwohl das Werk ein Jahr zuvor entsteht und nicht erst nach Paul Klees Geschenkübergabe. Zum einen greift Kandinskys im Raum schwebende Formenkonstruktion in etwa die Umrisse der figurativen Liniengebilde der "Tripelmarionette" auf: Beide Darstellungen bestehen aus abwechselnd ausladenden und dann wieder schmaler werdenden Elementen. Jeweils mit einer waagerechten Basis beginnend, verbreitern sich beide Kompositionen nach oben hin. Beide enthalten hier und da kräftig-rote Details. Hinzu kommen einige erstaunliche kleinere Parallelen. Dort, wo Paul Klee rechts ein federähnliches Gebilde setzt, zeigt sich bei Kandinsky bspw. ein Dreieck in ähnlicher Farbigkeit und der rechte "Flügel" von Klees Fantasiefigur ähnelt ein wenig den kleinen Doppelspitzen in Kandinskys Aquarell.
Auch die Spritztechnik findet sich in beiden Arbeiten wieder: Paul Klee setzt sonnengelbe Akzente an den oberen Blattecken, Kandinksy erarbeitet einen atmosphärischen gespritzten Hintergrund, vor dem sich die dazu kontrastierende, kräftige Farbigkeit der schwerelos im Raum schwebenden Dreiecksformen besonders gut entfaltet. Für Paul Klee ist die Spritztechnik bereits seit Mitte der 1920er Jahre (gegen Ende der Weimarer Bauhaus-Zeit) ein wichtiges Gestaltungsmittel, Kandinsky entdeckt die Technik wenig später und verwendet sie erstmals im September 1927. Am Weimarer Bauhaus entsteht sie im Zusammenhang mit kunsttheoretischen Kursen und den Anregungen László Moholy-Nagys, der das große Potenzial einer von subjektiven Einflüssen befreiten Kunst propagiert. Mittels einer über ein Sieb gezogenen Bürste oder eines Zerstäubers und unter Verwendung von Schablonen, feinen Gittern oder Lochblechen wird der Bildträger mit feinsten Tröpfchen von Aquarell- oder Gouachefarbe bestäubt.
Kandinskys geometrische Abstraktion
Inspiriert vom russischen Konstruktivismus hatte Kandinsky bereits zu Beginn der 1920er Jahre seinen expressiven Vorkriegsstil verändert. In deutlich hellerer Palette werden seine Formen geometrischer: Sein Formenrepertoire umfasst nun Kreise, Vierecke, Dreiecke und Pfeilformen, aber auch Linienbündel, Schachbrettstrukturen und bestimmte Zeichen, weiche Kanten werden durch scharfe Konturen ersetzt. Er selbst bezeichnet diese neue Ausrichtung als "kühle Abstraktion“ und veröffentlicht dazu 1925 auch einen Artikel im Cicerone.
Kandinskys Formen schweben nun frei im Raum, überkreuzen und durchdringen einander oder gruppieren sich um ein imaginäres Zentrum. Es entstehen höchst komplexe Kompositionen mit einer Vielzahl an Formen und Farbe.
In seiner Veröffentlichung "Über das Geistige in der Kunst" hatte Kandinsky 1912 seinen Fokus noch auf die Verwendung symbolischer Farben gelegt. Nun widmet er sich insbesondere separaten, objektiven und aufeinander harmonisch und formal abgestimmten Formelementen. Exemplarisch führt der Künstler dieses Vorgehen 1926 im Bauhausbuch Nr. 9 "Punkt und Linie zu Fläche. Beitrag zur Analyse der malerischen Elemente” aus.
Während Paul Klees feingliedrige Fantasieformen zwischen Figuration und Abstraktion changieren, vor erzählerischen Details nur zu strotzen und in Zwiesprache mit der Natur deutliche Bezüge zur Realität enthalten, versucht Kandinsky nicht mehr, die Welt der Natur zu abstrahieren, sondern eine eigenständige Darstellung und Bedeutung zu kreieren. Zwar vermitteln seine Arbeiten eine gewisse formale Anschauung der Realität und sind nicht gänzlich frei von Assoziationen, jedoch nur in übertragenem Sinne und auf einer gegenstandsfreien Ebene. "Solange z. B. in der Malerei die malerischen Elemente auf das Gerüst der Naturformen gehängt werden, bleibt es unmöglich, den Nebenklang zu vermeiden, und also das reine Gesetz der malerischen Konstruktion zu entdecken. […] Die konsequente Handhabung der Grundelemente mit der Prüfung und Anwendung ihrer inneren Kräfte, also im allgemeinen der innere Standpunkt, ist die erste und unumgänglichste Bedingung der abstrakten Kunst" (Wassily Kandinsky, in: Der Cicerone, Heft 17, 1925, S. 647).
"Friedlich“ verkörpert mit der ausgewogenen Komposition zwischen Bewegung und ruhender Stabilität, zwischen bewusst konstruierten, geometrischen Formengefügen und zarter, luftiger Spritztechnik die Grundlage von Kandinskys Malerei. Zugleich ist es ein bedeutendes Zeugnis der intensiven Künstlerfreundschaft zweier Maler, die die Kunst des 20. Jahrhunderts besonders nachhaltig geprägt haben. [CH]
Bereits 1911 lernen sich Wassily Kandinsky und Paul Klee kennen: Kandinsky gehört zu den Gründungsmitgliedern des "Blauen Reiter" und Paul Klee ist ab 1912 an den legendären Gruppenausstellungen beteiligt. Bereits 1914 erfolgt die Auflösung der Künstlergruppe im Zuge des beginnenden Ersten Weltkriegs, doch die Wege der beiden Künstlergenies sollten sich mit ihren Berufungen ans Weimarer Bauhaus bald ein weiteres Mal kreuzen. Paul Klee beginnt seine Lehrtätigkeit im April 1921, Kandinsky im Juli 1922. Wie Paul Klee wird ihm ein Teil der Grundausbildung übertragen, er lehrt "Analytisches Zeichnen" sowie "Gestaltungslehre Farbe" und übernimmt zudem die künstlerische Leitung der Werkstatt für Wandmalerei.
Mitte der 1920er Jahre siedelt das Bauhaus von Weimar nach Dessau über. Wassily Kandinsky und Paul Klee beziehen 1926 eines der gerade fertiggestellten Meisterhäuser. Die als Doppelhäuser angelegten Meisterhäuser bilden eine Siedlung, die Walter Gropius nach eigenen Plänen für die sog. Meister des Bauhauses errichten lässt. Je zwei Künstler wohnen fortan, oftmals mit ihren Ehefrauen und Familien in den modernen Doppelhäusern mit privaten Ateliers: neben Kandinsky und Klee auch László Moholy-Nagy und Lyonel Feininger sowie Georg Muche und Oskar Schlemmer.
Paul Klee und Wassily Kandinsky vor dem Dessauer Meisterhaus, Burgkühnauer Allee 6-7, ca. 1929/30 (Foto: wohl Nina Kandinsky).
In den darauffolgenden Jahren entsteht trotz ihrer sich zum Teil widersprechenden künstlerischen Tendenzen, trotz Konkurrenz und Wettbewerb um Ausstellungen, Publikationen und Ankäufe ihrer Werke eine enge berufliche und freundschaftliche Verbindung zwischen Klee und Kandinsky. Sie stehen nicht nur in engem Dialog, sondern pflegen eigene nachbarschaftliche Rituale, u. a. das gemeinsame Teetrinken und Plaudern auf der Terrasse, das Nina Kandinsky in einigen Fotografien festhält. Zu Beginn der 1930er Jahre trennen sich ihre Wege: Paul Klee verlässt das Bauhaus 1931 und folgt einem Ruf an die Kunstakademie in Düsseldorf. Seine Wohnung im Meisterhaus behält er zunächst, doch 1932 hat die direkte Nachbarschaft dann endgültig ein Ende. Kandinsky zieht mit dem Bauhaus nach Berlin. Mit der politischen Machtübernahme der Nationalsozialisten wird die künstlerische Laufbahn der beiden bald darauf unterbrochen. Paul Klee wird von seiner Professur in Düsseldorf zunächst beurlaubt und anschließend enthoben. Kandinsky verliert seine Anstellung am Bauhaus, das 1933 ohnehin geschlossen, von der Polizei und der SA durchsucht und versiegelt wird. Fast gleichzeitig emigrieren die beiden Künstler, Klee zieht es in seine Heimatstadt Bern, Kandinsky geht nach Paris. In den darauffolgenden Jahren bleiben sie postalisch in Kontakt, insbesondere auch über ihre Ehefrauen Nina Kandinsky und Lily Klee: "Das Leben im Wald von Dessau kommt mir wie eine kurze aber glückliche Episode unseres Lebens vor“ (Lily Klee an Nina Kandinsky, März 1934, zit. nach: Ausst.-Kat. Klee & Kandinsky. Nachbarn, Freunde, Konkurrenten, Lenbachhaus, München 2015/16, S. 54).
"Meinem alten, lieben Freund"
Die ersten "Kunst-Geschenke" tauschen Paul Klee und Wassily Kandinsky bereits zu Zeiten des "Blauen Reiter" (1911–1914) aus. Doch nach ihrem Wiedersehen am Bauhaus wird der regelmäßige Austausch ihrer Kunstwerke an Geburtstagen, an Weihnachten und zu weiteren besonderen Anlässen allmählich zur lieb gewonnen Tradition, insbesondere in den Jahren zwischen 1923 und 1932. In einem sich wiederholenden Rhythmus schenkt Klee Kandinsky zu dessen Geburtstag am 4. Dezember eines seiner Kunstwerke, meist ein Aquarell oder eine Zeichnung, manchmal auch eine druckgrafische Arbeit oder ein Gemälde. Kandinsky erwidert das Geschenk zwei Wochen später, indem er Klee zu dessen Geburtstag am 18. Dezember eines seiner Kunstwerke überreicht. Zu Weihnachten wiederholt sich der Vorgang noch einmal. So erhält Kandinsky auch am 4. Dezember 1931 von Paul Klee ein Aquarell mit dem Titel "Tripelmarionette" mit der Widmung"für Kandinsky zum 4. Dez. 1931 in alter Freundschaft K" (1927,3, WVZ Klee 4216, Centre Pompidou, Paris). Kandinsky revanchiert sich am 18. Dezember zu Paul Klees Geburtstag mit der hier angebotenen Arbeit, mit der Widmung: "Meinem alten, lieben Freund / Paul Klee / zu XII 31 / Herzlichst / Kandinsky".
Geschenk von Paul Klee: Paul Klee, Tripelmarionette 1927, 3, Aquarell auf Karton, Centre Pompidou, Paris.
Die Gegenüberstellung dieser Arbeiten zeigt, dass die von Kandinsky verschenkten Werke oftmals auf das vorausgegangene Geschenk Paul Klees Bezug nehmen. "Die Geschenke waren mehr als nur freundschaftliche Aufmerksamkeiten, mit ihnen vollzog sich auch ein subtiler Dialog, in dem sie sich über ihre künstlerischen Überzeugungen austauschten und auch hier wieder Abstraktion und Realitätsbezug gegeneinander ausspielten.“ (Christine Hopfengart, in: ebd., S. 47)
Kandinsky scheint mit "Friedlich" in mehrerer Hinsicht auf Klees "Tripelmarionette" Bezug zu nehmen, obwohl das Werk ein Jahr zuvor entsteht und nicht erst nach Paul Klees Geschenkübergabe. Zum einen greift Kandinskys im Raum schwebende Formenkonstruktion in etwa die Umrisse der figurativen Liniengebilde der "Tripelmarionette" auf: Beide Darstellungen bestehen aus abwechselnd ausladenden und dann wieder schmaler werdenden Elementen. Jeweils mit einer waagerechten Basis beginnend, verbreitern sich beide Kompositionen nach oben hin. Beide enthalten hier und da kräftig-rote Details. Hinzu kommen einige erstaunliche kleinere Parallelen. Dort, wo Paul Klee rechts ein federähnliches Gebilde setzt, zeigt sich bei Kandinsky bspw. ein Dreieck in ähnlicher Farbigkeit und der rechte "Flügel" von Klees Fantasiefigur ähnelt ein wenig den kleinen Doppelspitzen in Kandinskys Aquarell.
Auch die Spritztechnik findet sich in beiden Arbeiten wieder: Paul Klee setzt sonnengelbe Akzente an den oberen Blattecken, Kandinksy erarbeitet einen atmosphärischen gespritzten Hintergrund, vor dem sich die dazu kontrastierende, kräftige Farbigkeit der schwerelos im Raum schwebenden Dreiecksformen besonders gut entfaltet. Für Paul Klee ist die Spritztechnik bereits seit Mitte der 1920er Jahre (gegen Ende der Weimarer Bauhaus-Zeit) ein wichtiges Gestaltungsmittel, Kandinsky entdeckt die Technik wenig später und verwendet sie erstmals im September 1927. Am Weimarer Bauhaus entsteht sie im Zusammenhang mit kunsttheoretischen Kursen und den Anregungen László Moholy-Nagys, der das große Potenzial einer von subjektiven Einflüssen befreiten Kunst propagiert. Mittels einer über ein Sieb gezogenen Bürste oder eines Zerstäubers und unter Verwendung von Schablonen, feinen Gittern oder Lochblechen wird der Bildträger mit feinsten Tröpfchen von Aquarell- oder Gouachefarbe bestäubt.
Kandinskys geometrische Abstraktion
Inspiriert vom russischen Konstruktivismus hatte Kandinsky bereits zu Beginn der 1920er Jahre seinen expressiven Vorkriegsstil verändert. In deutlich hellerer Palette werden seine Formen geometrischer: Sein Formenrepertoire umfasst nun Kreise, Vierecke, Dreiecke und Pfeilformen, aber auch Linienbündel, Schachbrettstrukturen und bestimmte Zeichen, weiche Kanten werden durch scharfe Konturen ersetzt. Er selbst bezeichnet diese neue Ausrichtung als "kühle Abstraktion“ und veröffentlicht dazu 1925 auch einen Artikel im Cicerone.
Kandinskys Formen schweben nun frei im Raum, überkreuzen und durchdringen einander oder gruppieren sich um ein imaginäres Zentrum. Es entstehen höchst komplexe Kompositionen mit einer Vielzahl an Formen und Farbe.
In seiner Veröffentlichung "Über das Geistige in der Kunst" hatte Kandinsky 1912 seinen Fokus noch auf die Verwendung symbolischer Farben gelegt. Nun widmet er sich insbesondere separaten, objektiven und aufeinander harmonisch und formal abgestimmten Formelementen. Exemplarisch führt der Künstler dieses Vorgehen 1926 im Bauhausbuch Nr. 9 "Punkt und Linie zu Fläche. Beitrag zur Analyse der malerischen Elemente” aus.
Während Paul Klees feingliedrige Fantasieformen zwischen Figuration und Abstraktion changieren, vor erzählerischen Details nur zu strotzen und in Zwiesprache mit der Natur deutliche Bezüge zur Realität enthalten, versucht Kandinsky nicht mehr, die Welt der Natur zu abstrahieren, sondern eine eigenständige Darstellung und Bedeutung zu kreieren. Zwar vermitteln seine Arbeiten eine gewisse formale Anschauung der Realität und sind nicht gänzlich frei von Assoziationen, jedoch nur in übertragenem Sinne und auf einer gegenstandsfreien Ebene. "Solange z. B. in der Malerei die malerischen Elemente auf das Gerüst der Naturformen gehängt werden, bleibt es unmöglich, den Nebenklang zu vermeiden, und also das reine Gesetz der malerischen Konstruktion zu entdecken. […] Die konsequente Handhabung der Grundelemente mit der Prüfung und Anwendung ihrer inneren Kräfte, also im allgemeinen der innere Standpunkt, ist die erste und unumgänglichste Bedingung der abstrakten Kunst" (Wassily Kandinsky, in: Der Cicerone, Heft 17, 1925, S. 647).
"Friedlich“ verkörpert mit der ausgewogenen Komposition zwischen Bewegung und ruhender Stabilität, zwischen bewusst konstruierten, geometrischen Formengefügen und zarter, luftiger Spritztechnik die Grundlage von Kandinskys Malerei. Zugleich ist es ein bedeutendes Zeugnis der intensiven Künstlerfreundschaft zweier Maler, die die Kunst des 20. Jahrhunderts besonders nachhaltig geprägt haben. [CH]
8
Wassily Kandinsky
Friedlich, 1930.
Aquarell und Tuschfeder
Schätzpreis: € 300.000 - 500.000
Aufgeld und Steuern zu Wassily Kandinsky "Friedlich"
Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.
Berechnung bei Differenzbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 32 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 27 % berechnet und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 22 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Das Aufgeld enthält die Umsatzsteuer, diese wird jedoch nicht ausgewiesen.
Berechnung bei Regelbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 27 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 21 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 15 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf die Summe von Zuschlag und Aufgeld wird die gesetzliche Umsatzsteuer, derzeit 19 %, erhoben. Als Ausnahme hiervon wird bei gedruckten Büchern der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % hinzugerechnet.
Wir bitten um schriftliche Mitteilung vor Rechnungsstellung, sollten Sie Regelbesteuerung wünschen.
Berechnung bei Differenzbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 32 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 27 % berechnet und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 22 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Das Aufgeld enthält die Umsatzsteuer, diese wird jedoch nicht ausgewiesen.
Berechnung bei Regelbesteuerung:
Zuschlagspreis bis 800.000 Euro: hieraus Aufgeld 27 %.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 800.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 21 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 800.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf den Teil des Zuschlagspreises, der 4.000.000 Euro übersteigt, wird ein Aufgeld von 15 % erhoben und zu dem Aufgeld, das bis zu dem Teil des Zuschlagspreises bis 4.000.000 Euro anfällt, hinzuaddiert.
Auf die Summe von Zuschlag und Aufgeld wird die gesetzliche Umsatzsteuer, derzeit 19 %, erhoben. Als Ausnahme hiervon wird bei gedruckten Büchern der ermäßigte Umsatzsteuersatz von derzeit 7 % hinzugerechnet.
Wir bitten um schriftliche Mitteilung vor Rechnungsstellung, sollten Sie Regelbesteuerung wünschen.
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