Auktion: 553 / Contemporary Day Sale am 07.06.2024 in München Lot 194

 

194
Miriam Cahn
liebenmüssen, 2008 + 20.8.19, 2008/2019.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 158.750

(inklusive Aufgeld)
liebenmüssen, 2008 + 20.8.19. 2008/2019.
Öl auf Leinwand.
Verso auf dem Keilrahmen betitelt sowie bezeichnet mit "meine kriegerin". 130 x 100 cm (51,1 x 39,3 in). [AW].

• Mit exquisiter Sensibilität setzt Cahn Farben ein, um ihren Modellen ein Gefühl von Zerbrechlichkeit und innerem Leben zu verleihen.
• 2023 widmet das Palais de Tokyo in Paris der Künstlerin eine große Retrospektive und ab Oktober 2024 findet die Ausstellung "Reading Dust" im Stedelijk Museum, Amsterdam, statt.
• Cahn setzt sich künstlerisch mit Friedens- und Frauenbewegungen auseinander, für die sie sich auch selbst aktiv einsetzt.
• Arbeiten Cahns befinden sich in internationalen Sammlungen, wie u. a. im Museum of Modern Art, New York, in der Tate Modern, London, im Museo Reina Sofía, Madrid, und in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München
.

PROVENIENZ: Galerie Meyer Riegger, Berlin.
Privatsammlung Österreich (vom Vorgenannten erworben).

Drei Gestalten stehen im Zentrum der Leinwand und auch im Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens Miriam Cahns steht der Mensch. Die Zerbrechlichkeit des menschlichen Körpers, aber auch die Beziehung zur Natur. Gegenwärtige Beobachtungen, familiäre Erinnerungen und persönliche Erfahrungen verbinden sich bei ihr mit gesellschaftspolitischen Ereignissen. Liebe, Gewalt, Frausein, Geschlecht, Sexualität, Krieg, Antisemitismus und Flucht sind wiederkehrende Themen in der Arbeit der 1949 in Basel geborenen Künstlerin. Als Tochter eines jüdischen Numismatikers und Kunsthändlers besucht Cahn schon ab 1968 die Grafikklasse an der Kunstgewerbeschule in Basel, erhält 1978/79 ein Atelierstudium in Paris und wird bereits 1982 zur documenta 7 sowie 1984 zur Biennale nach Venedig eingeladen. Mit einer illegalen nächtlichen Kunstaktion im Winter 1979/80, bei der sie mit Kohle Wandzeichnungen an eine Baseler Autobahnbrücke anbringt, erhält sie auch mediale Betrachtung. Miriam Cahns facettenreiches Œuvre beschränkt sich demnach nicht nur auf figurative Malerei, sondern umfasst auch Schreiben, Fotografieren, Filmen, skulpturales Arbeiten, Rauminstallationen und Performances. Einende Elemente dieser künstlerischen Ausdrücke sind jedoch die kompromisslose Konfrontation sowie die Einforderung eines genauen Hinschauens von den Betrachtenden und damit eine tiefgreifende Beschäftigungen mit den Widersprüchen unserer Welt. In "liebenmüssen, 2008 + 20.8.19." greift Cahn das Thema des Frau- und Mutterseins auf. Sind die drei Körper mit klaren Linien umrissen, scheinen sie doch mit der Umgebung zu zerfließen. Insbesondere der Mutterkörper scheint in seiner Farbigkeit im Hintergrund zu verschwinden, wie auch viele Mütter im realen Leben in ihrer Rolle als Mutter ihr eigenes Ich verblassen sehen. Ebenso vielschichtig ist auch der Titel, der die Rolle der Frau als Mutter und auch die Mutterliebe als ambivalent erscheinen lässt. Die Farbwahl zwischen leichten Pastelltönen und dunkleren Grautönen unterstreicht diese Aspekte der heillosen Zärtlichkeit wie Hilflosigkeit, die sie ihren Figuren entgegenbringt. Cahn malt ihre Ölbilder schnell, mit dünnflüssiger Farbe, so lange sie die Körperspannung aufrecht erhalten kann und vermeidet so eine traditionelle Meisterschaft sowie jegliche Korrekturmöglichkeit. So spielt das direkte Gefühl auch im Entstehungsprozess eine große Rolle. Die Künstlerin dekonstruiert hier das gesellschaftliche Rollenbild der Frau, stellt es infrage und wirft zugleich den Spiegel zurück auf die Betrachtenden, die so letztlich auch die eigene Identität, den (weiblichen) Körper und die eigene Sexualität durch eine ästhetische Reflexion beginnen zu durchdringen. [AW]



194
Miriam Cahn
liebenmüssen, 2008 + 20.8.19, 2008/2019.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 158.750

(inklusive Aufgeld)