Rahmenbild
33
Georg Baselitz
Tiere, 1967.
Schwarze und braune Kreide, laviert
Schätzung:
€ 120.000 Ergebnis:
€ 177.800 (inklusive Aufgeld)
Tiere. 1967.
Schwarze und braune Kreide, laviert.
Rechts unten signiert und datiert "Mai 67". Verso signiert, datiert und betitelt. Auf chamoisfarbenem Bütten von Hahnemühle (mit Wasserzeichen). 62,5 x 48,5 cm (24,6 x 19 in), blattgroß.
• Aus der frühen, gesuchten Schaffenszeit: Baselitz konfrontiert die deutsche Nachkriegsgesellschaft in den 1960er Jahren schonungslos mit ihrer historischen Schuld und den Verletzungen des Krieges.
• Herausragendes, frühes Zeugnis von Baselitz’ meisterlichem Spiel mit der kunsthistorischen Tradition, der Kraft der Provokation und Assoziation.
• Baselitz dekontextualisiert und verfremdet die barocke Motivik des Jagdbildes und schafft auf diese Weise eine komplexe zeitkritische Allegorie.
• Bereits 1972 in der Baselitz-Ausstellung der Graphischen Sammlung, München, ausgestellt und seit 1975 Teil einer süddeutschen Privatsammlung.
• Große Überblickschauen zeigten die Fondation Beyeler, Basel (2018), und das Centre Pompidou, Paris (2021/22), das Kunsthistorische Museum, Wien (2023) und aktuell der White Cube, London.
Wir danken dem Archiv Georg Baselitz, München, für die freundliche Auskunft. Die Arbeit ist im Werk-Archiv des Künstlers registriert.
PROVENIENZ: Galerie Heiner Friedrich, München.
Privatsammlung Süddeutschland (um 1975 vom Vorgenannten erworben, seither in Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Georg Baselitz, Zeichnungen und Radierungen 1960-1970, Staatliche Graphische Sammlung, München, 5.10.-5.11.1972, Kat.-Nr. 55, o. S. (m. SW-Abb.).
Schwarze und braune Kreide, laviert.
Rechts unten signiert und datiert "Mai 67". Verso signiert, datiert und betitelt. Auf chamoisfarbenem Bütten von Hahnemühle (mit Wasserzeichen). 62,5 x 48,5 cm (24,6 x 19 in), blattgroß.
• Aus der frühen, gesuchten Schaffenszeit: Baselitz konfrontiert die deutsche Nachkriegsgesellschaft in den 1960er Jahren schonungslos mit ihrer historischen Schuld und den Verletzungen des Krieges.
• Herausragendes, frühes Zeugnis von Baselitz’ meisterlichem Spiel mit der kunsthistorischen Tradition, der Kraft der Provokation und Assoziation.
• Baselitz dekontextualisiert und verfremdet die barocke Motivik des Jagdbildes und schafft auf diese Weise eine komplexe zeitkritische Allegorie.
• Bereits 1972 in der Baselitz-Ausstellung der Graphischen Sammlung, München, ausgestellt und seit 1975 Teil einer süddeutschen Privatsammlung.
• Große Überblickschauen zeigten die Fondation Beyeler, Basel (2018), und das Centre Pompidou, Paris (2021/22), das Kunsthistorische Museum, Wien (2023) und aktuell der White Cube, London.
Wir danken dem Archiv Georg Baselitz, München, für die freundliche Auskunft. Die Arbeit ist im Werk-Archiv des Künstlers registriert.
PROVENIENZ: Galerie Heiner Friedrich, München.
Privatsammlung Süddeutschland (um 1975 vom Vorgenannten erworben, seither in Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Georg Baselitz, Zeichnungen und Radierungen 1960-1970, Staatliche Graphische Sammlung, München, 5.10.-5.11.1972, Kat.-Nr. 55, o. S. (m. SW-Abb.).
Sein herausragendes künstlerisches Schaffen, das seit den 1960er Jahren immer wieder neue künstlerische Wege gefunden hat, die kunsthistorische Tradition herauszufordern und zugleich fortzuschreiben, hat Georg Baselitz zu einem der prominentesten Vertreter der deutschen Gegenwartskunst gemacht. Mit seinen kraftvollen gegenständlichen Arbeiten verstößt er gegen festgelegte Kategorien und nimmt immer wieder den Kampf gegen unsere traditionellen Vorstellungen von Kunst auf. 1963 erreicht Baselitz mit einem ersten großen Skandal während seiner Einzelausstellung in der Galerie Werner & Katz in Berlin über Nacht Berühmtheit: Vor allem die beiden Gemälde "Die große Nacht im Eimer" (1962) und "Der nackte Mann" (1962), das einen ausgezehrten, tot in einem grabähnlichen Loch liegenden männlichen Akt mit überdimensioniertem Penis zeigt, sind Auslöser der Provokation. Ein schockierendes Gemälde, das sich sowohl auf die Tradition der Darstellung des Leichnams Christi bezieht als auch auf die im Nachkriegsdeutschland verdrängten Todesbilder aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern anspielt. Beide Gemälde werden wegen des Vorwurfes der Pornografie von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. In der BZ ist am folgenden Tag zu lesen: "Es ist ein Skandal, wie es ihn seit Kriegsende auf diesem Gebiet in Berlin nicht gegeben hat." In seinen berühmten Heldenbildern (1965/66), in denen Baselitz köperlich und seelisch gebrochene Gestalten monumental auf der Leinwand inszeniert, konfrontiert der junge Künstler die deutsche Nachkriegsgesellschaft schonungslos mit ihrer schmerzvollen Vergangenheit. Auf diese Antihelden folgen Ende der 1960er Jahre die Fraktur-Bilder (1966-1968), welchen ebenfalls ein zerstörerisches Moment innewohnt, da sie den Bildgegenstand optisch zerlegen und aufbrechen.
Seit 1965 sammelt Baselitz Druckgrafiken vor allem der Renaissance, des Manierismus und des Barock, deren besonderer motivischer Inventionsreichtum immer wieder seine unermessliche Gier nach Neuem befriedigt. Baselitz stößt hier auf vielfältige, zum Teil fast vergessene Bildthemen, die jedoch einmal lange Zeit unser kollektives Gedächtnis geprägt haben. Durch Dekontextualisierung und Verfremdung werden diese wieder in die Gegenwart geholt, inhaltlich aufgeladen und durch zeitgenössische Impulse ergänzt. Baselitz’ Werk generiert auf diese Weise rätselhaft assoziative Bildinhalte, die sich dem Betrachter keineswegs spontan und niemals umfassend erschließen.
So auch in der vorliegenden Komposition, in der Baselitz den Betrachter mit einem auf den ersten Blick scheinbar undurchdringlichen Gewirr aus dichten, dynamischen Strichlagen aus schwarzer und brauner Kreide konfrontiert. Hält man dem spontanen Gefühl optischer Überforderung stand und tritt in den Dialog mit dieser fesselnden Komposition, so erkennt man bald drei springende Hunde sowie links einen undefinierbaren Schlangenleib mit menschlichem Kopf und auffällig großen, spitzen Ohren. Dieses Fantasiewesen, das formal auch phallische Anspielungen in sich trägt, ist der Gejagte, das Ziel dieser rennenden Hundemeute. Auch hier hat Baselitz aus der reichen kunsthistorischen Tradition geschöpft und in der virtuosen Auseinandersetzung mit dieser etwas vollkommen Neuartiges geschaffen. Grundlegend sind hier zum einen Jugenderinnerungen des Künstlers, zum anderen die Bildtradition des barocken Jagdbildes, wie es vor allem im 17. und 18. Jahrhundert weit verbreitet ist und die Jagd als Privileg des Adels in jener Zeit an den europäischen Höfen in Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken dokumentiert. Baselitz' Hunde aber treiben hier keinen Hirsch oder Fuchs, sondern ein dämonisches Fantasiewesen vor sich her, eine furchterregende Symbiose aus Schlange und Mensch. Auch diesbezüglich scheint Baselitz sich auf eine bekannte Bildtradition zu beziehen: Die Schlange gilt seit dem Mittelalter als Symbol der Sünde, des Bösen und des Lasters, die übergroßen, spitzen Ohren weisen zudem auf frühneuzeitliche Darstellungen des Neides zurück, erinnern aber zugleich auch an die berühmte antifaschistische Allegorie "Das Gerücht" des deutschen Lithografen A. Paul Weber aus dem Jahr 1943. Anders als bei Weber fliegen der dämonischen Wurmgestalt bei Baselitz jedoch nicht die Massen zu, sondern diese wird zu einer gejagten Bedrohung. Nicht nur inhaltlich orientiert sich Baselitz klar an der kunsthistorischen Tradition, die er durch Dekontextualisierung und Verfremdung in die Gegenwart holt, sondern auch technisch, indem er seine Inventio in einer lavierten Zeichnung umsetzt. Denn kleine lavierte Feder- oder auch Rötelzeichnungen haben in der Altmeistergrafik eine lange Tradition, die Baselitz sich in dem vorliegenden Blatt durch den freien Duktus und die Größe des gewählten Formates künstlerisch aneignet und in die Gegenwart transportiert.
1969 entsteht mit "Der Wald auf dem Kopf" (Museum Ludwig, Köln) das erste Gemälde, in welchem Baselitz das Motiv auf den Kopf stellt. Erneut provoziert Baselitz damit auf radikale Weise unsere tradierten Sehgewohnheiten. Dieser radikale Schritt, der schließlich schnell zu Baselitz’ künstlerischem Markenzeichen wird, ist ein weiterer kraftvoller, malerischer Befreiungsakt. "Der Malakt selbst emanzipiert sich von der Darstellung, vom Abbildhaften und lässt die Werke gleichzeitig als gegenständlich und ungegenständlich erscheinen." (Toni Stoss, in: Georg Baselitz, Gemälde und Skulpturen 1960-2008, S. 8). Für dieses malerische Schlüsselwerk in Baselitz' Schaffen ist ebenfalls Erlebtes und Gesehenes und damit die kunsthistorische Bildtradition wegbereitend, denn motivisch basiert "Der Wald auf dem Kopf" auf dem Gemälde "Wermsdorfer Wald" von Ferdinand von Rayski aus dem Jahr 1859 (Gemäldegalerie Dresden). [JS]
Seit 1965 sammelt Baselitz Druckgrafiken vor allem der Renaissance, des Manierismus und des Barock, deren besonderer motivischer Inventionsreichtum immer wieder seine unermessliche Gier nach Neuem befriedigt. Baselitz stößt hier auf vielfältige, zum Teil fast vergessene Bildthemen, die jedoch einmal lange Zeit unser kollektives Gedächtnis geprägt haben. Durch Dekontextualisierung und Verfremdung werden diese wieder in die Gegenwart geholt, inhaltlich aufgeladen und durch zeitgenössische Impulse ergänzt. Baselitz’ Werk generiert auf diese Weise rätselhaft assoziative Bildinhalte, die sich dem Betrachter keineswegs spontan und niemals umfassend erschließen.
So auch in der vorliegenden Komposition, in der Baselitz den Betrachter mit einem auf den ersten Blick scheinbar undurchdringlichen Gewirr aus dichten, dynamischen Strichlagen aus schwarzer und brauner Kreide konfrontiert. Hält man dem spontanen Gefühl optischer Überforderung stand und tritt in den Dialog mit dieser fesselnden Komposition, so erkennt man bald drei springende Hunde sowie links einen undefinierbaren Schlangenleib mit menschlichem Kopf und auffällig großen, spitzen Ohren. Dieses Fantasiewesen, das formal auch phallische Anspielungen in sich trägt, ist der Gejagte, das Ziel dieser rennenden Hundemeute. Auch hier hat Baselitz aus der reichen kunsthistorischen Tradition geschöpft und in der virtuosen Auseinandersetzung mit dieser etwas vollkommen Neuartiges geschaffen. Grundlegend sind hier zum einen Jugenderinnerungen des Künstlers, zum anderen die Bildtradition des barocken Jagdbildes, wie es vor allem im 17. und 18. Jahrhundert weit verbreitet ist und die Jagd als Privileg des Adels in jener Zeit an den europäischen Höfen in Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken dokumentiert. Baselitz' Hunde aber treiben hier keinen Hirsch oder Fuchs, sondern ein dämonisches Fantasiewesen vor sich her, eine furchterregende Symbiose aus Schlange und Mensch. Auch diesbezüglich scheint Baselitz sich auf eine bekannte Bildtradition zu beziehen: Die Schlange gilt seit dem Mittelalter als Symbol der Sünde, des Bösen und des Lasters, die übergroßen, spitzen Ohren weisen zudem auf frühneuzeitliche Darstellungen des Neides zurück, erinnern aber zugleich auch an die berühmte antifaschistische Allegorie "Das Gerücht" des deutschen Lithografen A. Paul Weber aus dem Jahr 1943. Anders als bei Weber fliegen der dämonischen Wurmgestalt bei Baselitz jedoch nicht die Massen zu, sondern diese wird zu einer gejagten Bedrohung. Nicht nur inhaltlich orientiert sich Baselitz klar an der kunsthistorischen Tradition, die er durch Dekontextualisierung und Verfremdung in die Gegenwart holt, sondern auch technisch, indem er seine Inventio in einer lavierten Zeichnung umsetzt. Denn kleine lavierte Feder- oder auch Rötelzeichnungen haben in der Altmeistergrafik eine lange Tradition, die Baselitz sich in dem vorliegenden Blatt durch den freien Duktus und die Größe des gewählten Formates künstlerisch aneignet und in die Gegenwart transportiert.
1969 entsteht mit "Der Wald auf dem Kopf" (Museum Ludwig, Köln) das erste Gemälde, in welchem Baselitz das Motiv auf den Kopf stellt. Erneut provoziert Baselitz damit auf radikale Weise unsere tradierten Sehgewohnheiten. Dieser radikale Schritt, der schließlich schnell zu Baselitz’ künstlerischem Markenzeichen wird, ist ein weiterer kraftvoller, malerischer Befreiungsakt. "Der Malakt selbst emanzipiert sich von der Darstellung, vom Abbildhaften und lässt die Werke gleichzeitig als gegenständlich und ungegenständlich erscheinen." (Toni Stoss, in: Georg Baselitz, Gemälde und Skulpturen 1960-2008, S. 8). Für dieses malerische Schlüsselwerk in Baselitz' Schaffen ist ebenfalls Erlebtes und Gesehenes und damit die kunsthistorische Bildtradition wegbereitend, denn motivisch basiert "Der Wald auf dem Kopf" auf dem Gemälde "Wermsdorfer Wald" von Ferdinand von Rayski aus dem Jahr 1859 (Gemäldegalerie Dresden). [JS]
33
Georg Baselitz
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