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Karl Schmidt-Rottluff
Junger Wald und Sonne, 1920.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 500.000 Ergebnis:
€ 1.076.500 (inklusive Aufgeld)
Junger Wald und Sonne. 1920.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert und datiert. Verso auf dem Keilrahmen erneut signiert, betitelt "Junger Wald und Sonne" und mit Werknummer versehen "(2017)". Von fremder Hand nummeriert "91" sowie mit Etikett "Kunstausstellung Alfred Heller / Berlin [unleserlich] / Kurfürstendamm 44". Verso auf der Leinwand mit Stempel "Alfred Heller / Berlin [unleserlich]". 76,5 x 90,5 cm (30,1 x 35,6 in).
• Expressionistische Landschaftsmalerei par excellence: feuerrote Dünen und schwarze Sonne vor leuchtend gelbgrünem Himmel.
• Bereits 1924 befindet sich das Gemälde in japanischem Privatbesitz und wird im selben Jahr unter dem Titel "Wakaki Mura" in zwei vielbeachteten Ausstellungen in Tokio präsentiert.
• Gemälde in dieser herausragenden Qualität und Farbigkeit sind auf dem Auktionsmarkt von allergrößter Seltenheit.
• Eine Variation dieses wichtigen Motivs in seinem Werk befindet sich heute im Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid.
Das Werk ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, dokumentiert.
Wir danken Masayuki Tanaka, Prof. Dr. Toshiharu Omuka und Dr. Shogo Otani für die wissenschaftliche Beratung.
PROVENIENZ: Dr. Matheus, Berlin (wohl Dr. Kurt Matheus oder dessen Vater Dr. Salo Matheus, laut handschriftlicher Notiz von Rosa Schapire).
Kunsthandlung Alfred Heller, Berlin (wohl 1922).
Privatsammlung Japan (wohl Sammlung Hisataka Munakata (1889-1970), Tokio, seit spätestens 1924, wohl vom Vorgenannten erworben).
Galerie Thomas, München.
Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1981 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel, Lugt 6032).
AUSSTELLUNG: Kunsthandlung Alfred Heller, Berlin (1922 ?).
Oshu hyogenha bijutsuten [Exhibition of European Expressionism], Maruzen, Tokio, 21.-30.6.1924, Nr. 28 (Titel: "Wakaki Mura").
Hokuo shinko bijutsuten [Exhibition of Northern European Modern Art], Garo Kudan, Tokio, 1.-15.12.1924 (Titel: "Wakaki Mura"), Nr. 88.
Karl Schmidt-Rottluff zum 100. Geburtstag, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, 3.6.-12.8.1984, Kat.-Nr. 43.
Karl Schmidt-Rottluff. Retrospektive, Kunsthalle Bremen, 16.6.-10.9.1989; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 27.9.-3.12.1989, Kat.-Nr. 221 (m. SW-Abb., Farbtaf. 78).
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 59 (m. Abb.).
Karl Schmidt-Rottluffs Landschaften und Stillleben, Saarlandmuseum Saarbrücken, 6.11.2010-23.1.2011, Kat.-Nr. 18. (m. Abb.).
Zwei Männer - ein Meer. Pechstein und Schmidt-Rottluff an der Ostsee, Pommersches Landesmuseum, Greifswald, 29.3.-28.6.2015, Kat.-Nr. 8 (m. Abb.)
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).
Brückenschlag: Gerlinger - Buchheim!, Buchheim Museum, Bernried, 28.10.2017-25.2.2018, S. 352f. (m. Abb.).
Schmidt-Rottluff. Form, Farbe, Ausdruck!, Buchheim Museum, Bernried, 29.9.2018-3.2.2019, S. 242f. (m. Abb.).
LITERATUR: Will Grohmann, Karl Schmidt-Rottluff, Stuttgart 1956, S. 264 (m. Abb.), S. 291 (hier: "Sonne mit Wald", Privatbesitz Japan).
- -
Oshu hyogenha bijutsuten (Exhibition of European Expressionism), Maruzen Galerie, in: The Tokyo Asahi Shimbun, 26. Juni 1924 (m. Abb.).
Sotheby’s, London, Impressionist and Modern Paintings […], 2.4.1981, Los 354 (m. Abb.).
Gerhard Wietek, Karl Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-Holstein, Neumünster 1984, S. 219 (m. SW-Abb.).
Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 393, SHG-Nr. 682 (m. Abb.).
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 93, SHG-Nr. 196 (m. Abb.).
Toshiharu Omuka, Resonance of Boiling Self and Shared Enthusiasm: Japanese Artists and Collectors in Early 1920s Berlin, in: A Blue Brick. Festschrift in Honor of John E. Bowlt, Frankfurt a. Main 2023, S. 496-515.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert und datiert. Verso auf dem Keilrahmen erneut signiert, betitelt "Junger Wald und Sonne" und mit Werknummer versehen "(2017)". Von fremder Hand nummeriert "91" sowie mit Etikett "Kunstausstellung Alfred Heller / Berlin [unleserlich] / Kurfürstendamm 44". Verso auf der Leinwand mit Stempel "Alfred Heller / Berlin [unleserlich]". 76,5 x 90,5 cm (30,1 x 35,6 in).
• Expressionistische Landschaftsmalerei par excellence: feuerrote Dünen und schwarze Sonne vor leuchtend gelbgrünem Himmel.
• Bereits 1924 befindet sich das Gemälde in japanischem Privatbesitz und wird im selben Jahr unter dem Titel "Wakaki Mura" in zwei vielbeachteten Ausstellungen in Tokio präsentiert.
• Gemälde in dieser herausragenden Qualität und Farbigkeit sind auf dem Auktionsmarkt von allergrößter Seltenheit.
• Eine Variation dieses wichtigen Motivs in seinem Werk befindet sich heute im Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid.
Das Werk ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, dokumentiert.
Wir danken Masayuki Tanaka, Prof. Dr. Toshiharu Omuka und Dr. Shogo Otani für die wissenschaftliche Beratung.
PROVENIENZ: Dr. Matheus, Berlin (wohl Dr. Kurt Matheus oder dessen Vater Dr. Salo Matheus, laut handschriftlicher Notiz von Rosa Schapire).
Kunsthandlung Alfred Heller, Berlin (wohl 1922).
Privatsammlung Japan (wohl Sammlung Hisataka Munakata (1889-1970), Tokio, seit spätestens 1924, wohl vom Vorgenannten erworben).
Galerie Thomas, München.
Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1981 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel, Lugt 6032).
AUSSTELLUNG: Kunsthandlung Alfred Heller, Berlin (1922 ?).
Oshu hyogenha bijutsuten [Exhibition of European Expressionism], Maruzen, Tokio, 21.-30.6.1924, Nr. 28 (Titel: "Wakaki Mura").
Hokuo shinko bijutsuten [Exhibition of Northern European Modern Art], Garo Kudan, Tokio, 1.-15.12.1924 (Titel: "Wakaki Mura"), Nr. 88.
Karl Schmidt-Rottluff zum 100. Geburtstag, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, 3.6.-12.8.1984, Kat.-Nr. 43.
Karl Schmidt-Rottluff. Retrospektive, Kunsthalle Bremen, 16.6.-10.9.1989; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 27.9.-3.12.1989, Kat.-Nr. 221 (m. SW-Abb., Farbtaf. 78).
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 59 (m. Abb.).
Karl Schmidt-Rottluffs Landschaften und Stillleben, Saarlandmuseum Saarbrücken, 6.11.2010-23.1.2011, Kat.-Nr. 18. (m. Abb.).
Zwei Männer - ein Meer. Pechstein und Schmidt-Rottluff an der Ostsee, Pommersches Landesmuseum, Greifswald, 29.3.-28.6.2015, Kat.-Nr. 8 (m. Abb.)
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).
Brückenschlag: Gerlinger - Buchheim!, Buchheim Museum, Bernried, 28.10.2017-25.2.2018, S. 352f. (m. Abb.).
Schmidt-Rottluff. Form, Farbe, Ausdruck!, Buchheim Museum, Bernried, 29.9.2018-3.2.2019, S. 242f. (m. Abb.).
LITERATUR: Will Grohmann, Karl Schmidt-Rottluff, Stuttgart 1956, S. 264 (m. Abb.), S. 291 (hier: "Sonne mit Wald", Privatbesitz Japan).
- -
Oshu hyogenha bijutsuten (Exhibition of European Expressionism), Maruzen Galerie, in: The Tokyo Asahi Shimbun, 26. Juni 1924 (m. Abb.).
Sotheby’s, London, Impressionist and Modern Paintings […], 2.4.1981, Los 354 (m. Abb.).
Gerhard Wietek, Karl Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-Holstein, Neumünster 1984, S. 219 (m. SW-Abb.).
Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 393, SHG-Nr. 682 (m. Abb.).
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 93, SHG-Nr. 196 (m. Abb.).
Toshiharu Omuka, Resonance of Boiling Self and Shared Enthusiasm: Japanese Artists and Collectors in Early 1920s Berlin, in: A Blue Brick. Festschrift in Honor of John E. Bowlt, Frankfurt a. Main 2023, S. 496-515.
Expressionismus: eine neue Wirklichkeit
Die ersten Jahre nach dem Ersten Weltkrieg bedeuten für Karl Schmidt-Rottluff eine Phase der Rückeroberung seiner künstlerischen Produktivität und seiner Stellung als Künstler. Eine erste große Ausstellung erfolgt 1919 bei Ferdinand Möller in Berlin, in der Kunstzeitschrift "Genius" erscheint ein enthusiastischer Aufsatz von Ernst Gosebruch, derzeitiger Direktor des Kunstmuseums Essen. Eine erste ihm gewidmete Monografie verfasst 1920 Wilhelm R. Valentiner. Der Expressionismus hat sich mittlerweile als Stilrichtung etabliert, die sich nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch in Literatur und Film Ausdruck verschafft. Charakteristikum einer solchen Kunst ist, wie von Paul Fechter in der ersten Schrift zum Expressionismus von 1914 formuliert, "dass sie auf einer bestimmten seelischen Disposition, einem Wollen oder vielmehr einem Müssen und einer Notwendigkeit beruht, dass ihr wesentlicher Sinn immer wieder der ist, dem Gefühl, das die anschauliche Existenz der Welt auslöst, konzentrierten, unbegrifflich direkten Ausdruck zu geben“ (Paul Fechter, Der Expressionismus, München 1914, S. 21). Für diese seelische Dimension von Gefühlen und Erfahrungen wird das ausdrucksstärkste Äquivalent gesucht, das jedoch nicht mehr seine Verankerung in der Nachbildung der äußeren Realität sucht. Die Begegnung des Menschen mit der Welt schlägt sich häufig in sozialen oder gesellschaftlichen Motiven nieder und ist gekennzeichnet von innerer Spannung, Intensität und Dynamik.
Neuordnung der privaten und künstlerischen Welt
Einschneidendes Erlebnis ist auch für Schmidt-Rottluff sein Einsatz im Ersten Weltkrieg. Am 12. Mai 1915 erfolgt seine Einberufung zum Heeresdienst als Armierungssoldat, zwei Tage später findet er sich "bereits feldmäßig ausgerüstet, vereidigt und morgen vermutlich Abtransport nach dem ewigen Rußland", wie er an Wilhelm Niemeyer schreibt (Bremen/München 1989, S. 85). Man schickt ihn nach Wilna, Überwinterungen am Narotsch-See folgen, wo er für die Errichtung von Posten, Schützengräben und Stacheldrahtbefestigungen eingesetzt wird. Dank der Fürsprache des Dichters und Freundes Richard Dehmel wird er 1916 ins Buchprüfungsamt nach Kowno abkommandiert. Weitgehend unmöglich ist jedoch die künstlerische Arbeit, insbesondere die Malerei. Es entstehen jedoch Holzschnitte und einige Holzskulpturen, viele davon im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Im ersten Jahr nach seiner Rückkehr erfolgt die Heirat mit der Fotografin Emy Frisch, seiner Jugendfreundin. Mühevoll versucht sich der Künstler von dem Erlebten zu lösen: "Ich bin ja mit diesem Sommer, der mit seiner lastenden Melancholie jenen allzu empfänglichen Boden fand, sehr wenig zufrieden. Die ganze Qual der Kriegsjahre wirkte so sehr nach, dass ich mich noch gar nicht davon befreien konnte und mich dabei gegen die Arbeit sehr schwach fühlte. Etwas Vertrauen zur Farbe habe ich wiedergewonnen – das mag auch alles sein", schreibt Schmidt-Rottluff 1919 an seinen Freund und Sammler, den Kunsthistoriker Wilhelm Niemeyer. (Zit. nach: Gerhard Wietek, Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-Holstein, Neumünster 1984, S. 62) Langsam jedoch bricht sich die angestaute Aktivität Bahn und äußert sich in der Suche nach neuen Motiven und Ausdrucksmöglichkeiten. Die Sommeraufenthalte an der Ostsee verlegt er 1920 erstmals nach Jershöft in Pommern, wo er die Monate von Mai bis September verbringt und bis 1931 regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die Landschaft wird dabei zum neuen Ausdrucksmittel. Mond und Sonne werden erstmals als Motive interessant, die als Ankerpunkt dem aus den Fugen geratenen Weltgeschehen gleichsam eine größere Ordnung, Stabilität und Beruhigung verleihen sollen.
Die postapokalyptische Landschafts-Vision
Über einer weiten Landschaft, an deren Boden die jungen Bäume wie kleine Flammen züngeln, erhebt sich eine verdunkelte Sonne, schwarz hinterfangen, kleine Funken scheinen sich darunter zu lösen. Karge Stämme ragen in den Himmel, der gelb-grünlich und schwefelig leuchtet. Das Licht scheint jedoch nicht der Sonne zu entstammen, vielmehr weckt das glühende Brennen Gedanken an elektrisches Licht der Großstädte. Die bewegten und schwankenden, dynamischen Formen geben das Bild einer Naturordnung, an der gerüttelt wurde, und die sich nicht mehr als paradiesisches Refugium malerisch erschließen lässt. Viele Bilder aus der Zeit sind laut Grohmann "aus dem Geist der Todesnähe und des wiedergeschenkten Lebens geboren" (Grohmann 1956, S. 92). Dieses äußert sich in Reinform in der kraftvollen, von intensivster Farbigkeit geprägten Malerei, die selbstbewusst den Expressionismus als Stilrichtung behauptet. Wahrgenommen wird diese Bewegung in der Kunst wie auch in Literatur und Film als Befeuerung des Fortschritts und Freisetzung neuer Energien in ihren dynamischen Formen: der Künstler ist "[..] ein dämonisch Getriebener, der erstarrte Formen mit Dynamit sprengt, das Beruhigte aufrüttelt, Gesichertes zu unruhvoller Skepsis drängt" (Rudolf Kurtz, Expressionismus und Film, Berlin 1926, S. 83).
Sonne über Kiefernwald
Besonders in der Landschaftsmalerei spiegelt sich jenes postapokalyptische Zeitgefühl wider, von dem die nervösen 1920er Jahre geprägt werden sollten. Bisher geltende Ordnungen, auch die zwischen Mensch und Natur wie sie lange Zeit die Landschaftsmalerei definiert haben, werden einer Revision unterzogen. Anders als die innerliche Seelenlandschaft der Romantik, geprägt vom Geist einer allumfassenden Harmonie, brechen sich nun Erfahrungen und Erlebnisse des modernen Menschen in Farben und Formen Bahn und bilden ihre eigene Wirklichkeit. Unzugänglicher und radikaler als noch das motivähnliche, kurz vor dem Krieg entstandene Gemälde "Sonne im Kiefernwald" von 1913 (ehem. Sammlung Wilhelm Niemeyer, heute Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid) in harmonischerer, warmer Farbgebung bildet das vorliegende Gemälde die Klammer, die eindrücklich jenen Zeitabschnitt der Neuordnung und des Aufbruchs visualisiert und mit dem der Künstler seine frühere Schaffenskraft wieder aufgreift. Schmidt-Rottluff gelingt hier ein außergewöhnliches Gemälde, in dem sich auf faszinierende Weise der Zeitgeist konzentriert und welches als expressionistische Landschaft par excellence gelten darf.
Von Deutschland nach Japan und zurück
Die Provenienzgeschichte des Gemäldes ist außergewöhnlich. Wohl direkt über den Berliner Kunstsalon Alfred Heller gelangt das Werk bereits in den frühen 1920er Jahren nach Japan. Möglicherweise befindet es sich zuvor kurzzeitig in der Berliner Sammlung eines Dr. Matheus. Hierfür gibt es aber, außer einer handschriftlichen Notiz Rosa Schapires, keinerlei Belege. Sicher belegt ist das Werk dagegen in der Ausstellung "Oshu hyogenha bijutsuten" (Exhibition of European Expressionism) in der Maruzen Galerie im Herzen Tokios, wo es im Juni 1924 ausgestellt ist. Ein Zeitungsausschnitt bildet das Gemälde, neben einem weiteren von Marthe (Tour) Donas, im Rahmen einer Ausstellungsreview ab. Eine zweite Präsentation folgt im Dezember desselben Jahres in der Galerie Garo Kudan, ebenfalls in Tokio. Hier wurden neben einem weiteren Ölgemälde Schmidt-Rottluffs ("Two Women") auch zwei Aquarelle des Künstlers gezeigt ("Scene" und "New Building").
Die Ausstellungsbroschüren bieten leider lediglich Listen der ausgestellten Werke, nicht aber Hinweise auf deren Eigentümer. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem Sammler von "Junger Wald und Sonne" aber um den Bankier Hisataka Munakata (1889-1970), der nachweislich mit dem Kunstsalon Alfred Heller in Verbindung steht. Als Offizier der Nationalbank war er in Europa auf Reisen und hatte eine bemerkenswerte Sammlung zusammengetragen, in der sich u.a. Ölgemälde von Kandinsky und Pechstein befinden. Japanische Sammler bereisen seit Ende des 19. Jahrhundert Europa, wobei vor allem der französische Impressionismus im Fokus stehen. Berlin als Zentrum des deutschen Expressionismus rückt v.a. Herwarth Walden mit seiner 1912 gegründeten, bestens vernetzten Berliner Galerie „Der Sturm“ in den Fokus japanischer Künstler und Sammler. Schon 1914 organisiert Walden in Tokio eine Ausstellung, die erstmals Grafiken europäischer Avantgarde-Künstler in Japan zeigt. Über Besuche der „Sturm“-Galerie finden wiederum japanische Künstler Kontakt mit Strömungen der europäischen Avantgarden und entdecken die westliche Ölmalerei, während sich bspw. die Künstlergemeinschaft „Brücke“ ebenso wie die Künstler des „Blauen Reiter" für japanische Farbholzschnitte interessieren. Die außergewöhnliche Qualität des Werkes von Schmidt-Rottluff veranlasst den Sammler zu der progressiven Entscheidung, das so ausdrucksstarke Bild auf die weite Reise nach Japan mit zu nehmen. Erst in den 1980er Jahren kehrt das Werk zurück in sein Entstehungsland und befindet sich seit vielen Jahren in der Sammlung Hermann Gerlinger. [KT/SD/MvL]
Die ersten Jahre nach dem Ersten Weltkrieg bedeuten für Karl Schmidt-Rottluff eine Phase der Rückeroberung seiner künstlerischen Produktivität und seiner Stellung als Künstler. Eine erste große Ausstellung erfolgt 1919 bei Ferdinand Möller in Berlin, in der Kunstzeitschrift "Genius" erscheint ein enthusiastischer Aufsatz von Ernst Gosebruch, derzeitiger Direktor des Kunstmuseums Essen. Eine erste ihm gewidmete Monografie verfasst 1920 Wilhelm R. Valentiner. Der Expressionismus hat sich mittlerweile als Stilrichtung etabliert, die sich nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch in Literatur und Film Ausdruck verschafft. Charakteristikum einer solchen Kunst ist, wie von Paul Fechter in der ersten Schrift zum Expressionismus von 1914 formuliert, "dass sie auf einer bestimmten seelischen Disposition, einem Wollen oder vielmehr einem Müssen und einer Notwendigkeit beruht, dass ihr wesentlicher Sinn immer wieder der ist, dem Gefühl, das die anschauliche Existenz der Welt auslöst, konzentrierten, unbegrifflich direkten Ausdruck zu geben“ (Paul Fechter, Der Expressionismus, München 1914, S. 21). Für diese seelische Dimension von Gefühlen und Erfahrungen wird das ausdrucksstärkste Äquivalent gesucht, das jedoch nicht mehr seine Verankerung in der Nachbildung der äußeren Realität sucht. Die Begegnung des Menschen mit der Welt schlägt sich häufig in sozialen oder gesellschaftlichen Motiven nieder und ist gekennzeichnet von innerer Spannung, Intensität und Dynamik.
Neuordnung der privaten und künstlerischen Welt
Einschneidendes Erlebnis ist auch für Schmidt-Rottluff sein Einsatz im Ersten Weltkrieg. Am 12. Mai 1915 erfolgt seine Einberufung zum Heeresdienst als Armierungssoldat, zwei Tage später findet er sich "bereits feldmäßig ausgerüstet, vereidigt und morgen vermutlich Abtransport nach dem ewigen Rußland", wie er an Wilhelm Niemeyer schreibt (Bremen/München 1989, S. 85). Man schickt ihn nach Wilna, Überwinterungen am Narotsch-See folgen, wo er für die Errichtung von Posten, Schützengräben und Stacheldrahtbefestigungen eingesetzt wird. Dank der Fürsprache des Dichters und Freundes Richard Dehmel wird er 1916 ins Buchprüfungsamt nach Kowno abkommandiert. Weitgehend unmöglich ist jedoch die künstlerische Arbeit, insbesondere die Malerei. Es entstehen jedoch Holzschnitte und einige Holzskulpturen, viele davon im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Im ersten Jahr nach seiner Rückkehr erfolgt die Heirat mit der Fotografin Emy Frisch, seiner Jugendfreundin. Mühevoll versucht sich der Künstler von dem Erlebten zu lösen: "Ich bin ja mit diesem Sommer, der mit seiner lastenden Melancholie jenen allzu empfänglichen Boden fand, sehr wenig zufrieden. Die ganze Qual der Kriegsjahre wirkte so sehr nach, dass ich mich noch gar nicht davon befreien konnte und mich dabei gegen die Arbeit sehr schwach fühlte. Etwas Vertrauen zur Farbe habe ich wiedergewonnen – das mag auch alles sein", schreibt Schmidt-Rottluff 1919 an seinen Freund und Sammler, den Kunsthistoriker Wilhelm Niemeyer. (Zit. nach: Gerhard Wietek, Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-Holstein, Neumünster 1984, S. 62) Langsam jedoch bricht sich die angestaute Aktivität Bahn und äußert sich in der Suche nach neuen Motiven und Ausdrucksmöglichkeiten. Die Sommeraufenthalte an der Ostsee verlegt er 1920 erstmals nach Jershöft in Pommern, wo er die Monate von Mai bis September verbringt und bis 1931 regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die Landschaft wird dabei zum neuen Ausdrucksmittel. Mond und Sonne werden erstmals als Motive interessant, die als Ankerpunkt dem aus den Fugen geratenen Weltgeschehen gleichsam eine größere Ordnung, Stabilität und Beruhigung verleihen sollen.
Die postapokalyptische Landschafts-Vision
Über einer weiten Landschaft, an deren Boden die jungen Bäume wie kleine Flammen züngeln, erhebt sich eine verdunkelte Sonne, schwarz hinterfangen, kleine Funken scheinen sich darunter zu lösen. Karge Stämme ragen in den Himmel, der gelb-grünlich und schwefelig leuchtet. Das Licht scheint jedoch nicht der Sonne zu entstammen, vielmehr weckt das glühende Brennen Gedanken an elektrisches Licht der Großstädte. Die bewegten und schwankenden, dynamischen Formen geben das Bild einer Naturordnung, an der gerüttelt wurde, und die sich nicht mehr als paradiesisches Refugium malerisch erschließen lässt. Viele Bilder aus der Zeit sind laut Grohmann "aus dem Geist der Todesnähe und des wiedergeschenkten Lebens geboren" (Grohmann 1956, S. 92). Dieses äußert sich in Reinform in der kraftvollen, von intensivster Farbigkeit geprägten Malerei, die selbstbewusst den Expressionismus als Stilrichtung behauptet. Wahrgenommen wird diese Bewegung in der Kunst wie auch in Literatur und Film als Befeuerung des Fortschritts und Freisetzung neuer Energien in ihren dynamischen Formen: der Künstler ist "[..] ein dämonisch Getriebener, der erstarrte Formen mit Dynamit sprengt, das Beruhigte aufrüttelt, Gesichertes zu unruhvoller Skepsis drängt" (Rudolf Kurtz, Expressionismus und Film, Berlin 1926, S. 83).
Sonne über Kiefernwald
Besonders in der Landschaftsmalerei spiegelt sich jenes postapokalyptische Zeitgefühl wider, von dem die nervösen 1920er Jahre geprägt werden sollten. Bisher geltende Ordnungen, auch die zwischen Mensch und Natur wie sie lange Zeit die Landschaftsmalerei definiert haben, werden einer Revision unterzogen. Anders als die innerliche Seelenlandschaft der Romantik, geprägt vom Geist einer allumfassenden Harmonie, brechen sich nun Erfahrungen und Erlebnisse des modernen Menschen in Farben und Formen Bahn und bilden ihre eigene Wirklichkeit. Unzugänglicher und radikaler als noch das motivähnliche, kurz vor dem Krieg entstandene Gemälde "Sonne im Kiefernwald" von 1913 (ehem. Sammlung Wilhelm Niemeyer, heute Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid) in harmonischerer, warmer Farbgebung bildet das vorliegende Gemälde die Klammer, die eindrücklich jenen Zeitabschnitt der Neuordnung und des Aufbruchs visualisiert und mit dem der Künstler seine frühere Schaffenskraft wieder aufgreift. Schmidt-Rottluff gelingt hier ein außergewöhnliches Gemälde, in dem sich auf faszinierende Weise der Zeitgeist konzentriert und welches als expressionistische Landschaft par excellence gelten darf.
Von Deutschland nach Japan und zurück
Die Provenienzgeschichte des Gemäldes ist außergewöhnlich. Wohl direkt über den Berliner Kunstsalon Alfred Heller gelangt das Werk bereits in den frühen 1920er Jahren nach Japan. Möglicherweise befindet es sich zuvor kurzzeitig in der Berliner Sammlung eines Dr. Matheus. Hierfür gibt es aber, außer einer handschriftlichen Notiz Rosa Schapires, keinerlei Belege. Sicher belegt ist das Werk dagegen in der Ausstellung "Oshu hyogenha bijutsuten" (Exhibition of European Expressionism) in der Maruzen Galerie im Herzen Tokios, wo es im Juni 1924 ausgestellt ist. Ein Zeitungsausschnitt bildet das Gemälde, neben einem weiteren von Marthe (Tour) Donas, im Rahmen einer Ausstellungsreview ab. Eine zweite Präsentation folgt im Dezember desselben Jahres in der Galerie Garo Kudan, ebenfalls in Tokio. Hier wurden neben einem weiteren Ölgemälde Schmidt-Rottluffs ("Two Women") auch zwei Aquarelle des Künstlers gezeigt ("Scene" und "New Building").
Die Ausstellungsbroschüren bieten leider lediglich Listen der ausgestellten Werke, nicht aber Hinweise auf deren Eigentümer. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem Sammler von "Junger Wald und Sonne" aber um den Bankier Hisataka Munakata (1889-1970), der nachweislich mit dem Kunstsalon Alfred Heller in Verbindung steht. Als Offizier der Nationalbank war er in Europa auf Reisen und hatte eine bemerkenswerte Sammlung zusammengetragen, in der sich u.a. Ölgemälde von Kandinsky und Pechstein befinden. Japanische Sammler bereisen seit Ende des 19. Jahrhundert Europa, wobei vor allem der französische Impressionismus im Fokus stehen. Berlin als Zentrum des deutschen Expressionismus rückt v.a. Herwarth Walden mit seiner 1912 gegründeten, bestens vernetzten Berliner Galerie „Der Sturm“ in den Fokus japanischer Künstler und Sammler. Schon 1914 organisiert Walden in Tokio eine Ausstellung, die erstmals Grafiken europäischer Avantgarde-Künstler in Japan zeigt. Über Besuche der „Sturm“-Galerie finden wiederum japanische Künstler Kontakt mit Strömungen der europäischen Avantgarden und entdecken die westliche Ölmalerei, während sich bspw. die Künstlergemeinschaft „Brücke“ ebenso wie die Künstler des „Blauen Reiter" für japanische Farbholzschnitte interessieren. Die außergewöhnliche Qualität des Werkes von Schmidt-Rottluff veranlasst den Sammler zu der progressiven Entscheidung, das so ausdrucksstarke Bild auf die weite Reise nach Japan mit zu nehmen. Erst in den 1980er Jahren kehrt das Werk zurück in sein Entstehungsland und befindet sich seit vielen Jahren in der Sammlung Hermann Gerlinger. [KT/SD/MvL]
41
Karl Schmidt-Rottluff
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