Auktion: 545 / Evening Sale am 08.12.2023 in München Lot 40

 

40
Paul Klee
Das Fenster, 1914.
Aquarell auf Japan, original auf Karton
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 114.300

(inklusive Aufgeld)
Das Fenster. 1914.
Aquarell auf Japan, original auf Karton.
Auf dem Unterlagekarton datiert, betitelt und bezeichnet "5". 17,5 x 8,4 cm (6,8 x 3,3 in). Unterlagekarton: 24 x 14 cm (9,4 x 5,5 in).

• Eines der ersten Werke mit Fenstermotiv, welches Klee nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgreift.
Das Fenstermotiv als Ausblick auf eine neue, zukünftige Kunst.
• Der eigenständige Wert der Farbe und die Art ihres Zusammenspiels wird zum Hauptakteur der Komposition.
• Bereits bei Klees wichtiger früher Einzelausstellung in der Galerie Tannhauser und der Galerie "Der Sturm" gezeigt
.

PROVENIENZ: Herwarth Walden, 1916.
Sally Falk, Mannheim (1916-1919).
Rudolf Pfrunder, Zürich (1919).
Israel Ber Neumann (Graphisches Kabinett, New Art Circle, Neumann Gallery), Berlin/New York (ab 1919).
Richard Sisson, Los Angeles/New York.
Saidenberg Gallery Inc, New York (bis 1973).
Scott C. Eliott (bis 1974).
Henry M. Reed (1974-1996).
Serge Sabarsky Gallery, New York (seit 1996, auf der Rahmenrückwand mit altem Etikett).
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

AUSSTELLUNG: Paul Klee, Moderne Galerie Tannhauser, München, März 1914; Galerie Der Sturm, Berlin, April 1914.
Paul Klee und Albert Bloch, 39. Ausstellung, Galerie Der Sturm, Berlin, 1916, Kat.-Nr. 49.
Paul Klee, Graphisches Kabinett I. B. Neumann, Berlin, März-April 1921, Nr. 4.
Collecting privately, Bowdoin College Museum of Art, Brunswick, ab 17.7.1965, Nr. 37.

LITERATUR: Paul-Klee-Stiftung (Hrsg.), Paul Klee. Catalogue raisonné, Bd. 2: 1913-1918, Bern 2000, S. 120, WVZ-Nr. 1114.
Regula Suter-Raeber, Paul Klee. Der Durchbruch zur Farbe und zum abstrakten Bild, in: Ausst.-Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, München 1979, S. 137f.
Manfred Fath, Sammlung Sally Falk, 1994, Nr. 129.
Christie's, New York, 14.11.1996, Los 181.
Jenny Anger, Modernism and the Gendering of Paul Klee, Dissertation Brown University, 1997, S. 37.

Paul Klee und Lily (eigentlich Karoline) Stumpf heiraten 1906 und ziehen kurz darauf nach München in das turbulente Künstlerviertel Schwabing. In der Nachbarschaft wohnt auch Kandinsky, den Klee aber erst 1911 kennenlernt. Kandinsky macht Klee mit den Aktivitäten der frisch gegründeten Künstlergruppe "Der Blaue Reiter" bekannt. Über einen Zeitraum von 30 Jahren werden die beiden Künstler freundschaftlich verbunden bleiben und die fundamentale Bewegung der Avantgarde sowie die Entwicklung der abstrakten Kunst vorantreiben. Klee findet nun nach Jahren der Isolation ein Netzwerk gleichgesinnter Avantgarde-Künstler, von denen viele ebenfalls auf der Suche nach einer Kunst sind, die eine innere Notwendigkeit jenseits der Welt des Scheins widerspiegelt. Durch die Teilnahme an der zweiten Ausstellung des "Blauen Reiters" im Jahr 1912 lernt Klee weitere herausragende zeitgenössische Künstler und Schriftsteller wie Alexej von Jawlensky, Rainer Maria Rilke und Herwarth Walden kennen. Ab 1914 beschäftigt er sich verstärkt mit der Aquarellmalerei, wobei die gemeinsame Tunisreise mit August Macke und Louis René Moilliet zum entscheidenden Schritt zu einem eigenen malerischen Stil wird. Bereits kurze Zeit vor seiner Reise nach Tunesien beschreitet Klee vorsichtig den Weg der Abstraktion durch Farbflächen. Dieses Prinzip entwickelt er auf der berühmt gewordenen Tunisreise dann konsequent weiter. Den größten Einfluss auf Klees Kunst hatte in diesen Jahren jedoch der Einfluss von Robert Delaunay. Nachdem er dem Franzosen erstmals auf der ersten Ausstellung des "Blauen Reiters" im Dezember 1911 begegnet ist, besucht Klee im Frühjahr 1912 während eines Kurzaufenthalts in Paris mit einem Empfehlungsschreiben von Kandinsky das Atelier des Künstlers. Hier sieht er die Anfänge von Delaunays bahnbrechender Serie der "Fenêtres": Die Pariser Stadtlandschaft, die er durch das Atelierfenster betrachtet, wird von ihm in eine halbabstrakte, prismatische Gitterstruktur reich an subtil modulierten Farben verwandelt. Später im selben Jahr vertieft sich Klee weiter in Delaunays Theorien und übersetzt für die Avantgarde-Zeitschrift Der Sturm den Aufsatz "Sur la lumière" des französischen Künstlers ins Deutsche. Die Auflösung des Bildgegenstandes in farbig funkelnde Prismen macht die Farbe weitestgehend unabhängig von Natur und Ding. Der eigenständige Wert der Farbe und die Art ihres Zusammenspiels wird zum Hauptakteur der Komposition. Klee schätzte das Aquarell "Das Fenster" offensichtlich sehr, denn er wählt es für seine wichtige frühe Einzelausstellung in der Modernen Galerie Thannhauser in München im März 1914 aus, die anschließend in die renommierte Galerie Der Sturm von Herwarth Walden in Berlin wandert. [SM]



40
Paul Klee
Das Fenster, 1914.
Aquarell auf Japan, original auf Karton
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 114.300

(inklusive Aufgeld)