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21
A. R. Penck (d.i. Ralf Winkler)
Stier und Nashorn verrückt, 1996.
Acryl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000 Ergebnis:
€ 203.200 (inklusive Aufgeld)
Stier und Nashorn verrückt. 1996.
Acryl auf Leinwand.
Rechts unten signiert. 200 x 296 cm (78,7 x 116,5 in).
• Die Logik und die Systematik in A. R. Pencks Zeichensprache sind solitär in der deutschen Nachkriegskunst.
• Bereits ab den 1960er Jahren entwickelt der Künstler ein einzigartiges Alphabet aus zu Strichmännchen abstrahierten menschlichen Figuren, Linien, Tierfiguren und Symbolen.
• Diese durch Pencks Beschäftigung mit Ethnologie, Archäologie und Kunstgeschichte entstandene visuelle Sprache mit archaischer Bildwirkung bringt ihm u. a. den Beinamen "Höhlenmaler der Postmoderne" ein.
• In der hier angebotenen Arbeit überschneiden sich die Farbflächen der beiden starken Tiere ohne zu verschmelzen und verweisen damit womöglich auf die damalige politische Situation der wiedervereinigten deutschen Bundesrepublik.
• 1972, 1982 und 1992 stellt Penck auf der documenta in Kassel aus, 1984 auf der Biennale von Venedig.
PROVENIENZ: Galerie Terminus, München (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung Süddeutschland (2002 vom Vorgenannten erworben).
Acryl auf Leinwand.
Rechts unten signiert. 200 x 296 cm (78,7 x 116,5 in).
• Die Logik und die Systematik in A. R. Pencks Zeichensprache sind solitär in der deutschen Nachkriegskunst.
• Bereits ab den 1960er Jahren entwickelt der Künstler ein einzigartiges Alphabet aus zu Strichmännchen abstrahierten menschlichen Figuren, Linien, Tierfiguren und Symbolen.
• Diese durch Pencks Beschäftigung mit Ethnologie, Archäologie und Kunstgeschichte entstandene visuelle Sprache mit archaischer Bildwirkung bringt ihm u. a. den Beinamen "Höhlenmaler der Postmoderne" ein.
• In der hier angebotenen Arbeit überschneiden sich die Farbflächen der beiden starken Tiere ohne zu verschmelzen und verweisen damit womöglich auf die damalige politische Situation der wiedervereinigten deutschen Bundesrepublik.
• 1972, 1982 und 1992 stellt Penck auf der documenta in Kassel aus, 1984 auf der Biennale von Venedig.
PROVENIENZ: Galerie Terminus, München (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung Süddeutschland (2002 vom Vorgenannten erworben).
Zwischen Ost und West
Die Biografie und somit auch das künstlerische Schaffen A. R. Pencks (geb. Ralf Winkler) ist geprägt von der deutschen Teilung, der Auseinandersetzung mit der DDR-Regierung und dem Leben in zwei gegensätzlichen Gesellschaften. In einem Gedicht schreibt der Künstler 1982 "Der Osten / Hat mich ausgespuckt / Der Westen / Noch nicht gefressen" (zit. nach: Ausst.-Kat. A. R. Penck. Deutschland, Weserburg, Museum für Moderne Kunst, Bremen 2009/2010, S. 79). Sein unangepasstes künstlerisches Schaffen sollte die nachfolgenden Generationen nicht nur in Dresden und in der DDR, sondern auch über die Grenzen hinaus nachhaltig prägen. So finden sich Charakteristiken seiner bereits in den 1960er Jahren entwickelten Bildsprache in den 1980er und 1990er Jahren beispielsweise bei dem jungen Keith Haring (1958–1990) und Jean-Michel Basquiat (1960–1988).
Pencks eigene Bildsprache: Abstrahierte Figuren, Symbole und Zeichen
Auf der Suche nach einer universellen Zeichensprache entwickelt Penck schon früh eine ganz eigene, spannungsreiche künstlerische Ausdrucksweise, die sich irgendwo zwischen einem strengen, komplizierten, von außen undurchschaubaren System und einer Anarchie bzw. expressiver, gestischer Malerei fernab der Logik bewegt. Pencks Künstlerfreund Georg Baselitz erläutert: "Er erfindet ein eigenes Alphabet, aus den Tiefen der Geschichte und der Kunst schöpfend, aber doch vollkommen eigen. Das kann kein Mensch lesen. Nur er selbst. Aber wir können es anschauen – und spüren [..] Man muss nicht fragen, warum." (Baselitz in einem Gespräch mit Florian Illies, 2017). Seine abstrahierten Figuren, Symbole und Zeichen sind räumlich nicht weiter verortet, scheinen in der Bildfläche zu schweben. Bereits seit den 1960er Jahren finden sich die schließlich zum Markenzeichen mutierten Strichmännchen mit großen Penissen, bewaffnet mit Speeren, Gewehren oder Pfeilen und charakteristisch – wie in der hier angebotenen Arbeit – in Konfrontation mit einem oder mehreren wilden Tieren.
Tiere als Symbolträger
Tiere bevölkern die Bilder A. Pencks ebenfalls seit den 1960er Jahren: Adler, Skorpion, Maus, Wolf, Katze, Tiger, Löwe, Pferd, Schlange, Gazelle und so vieles mehr. Ein Panoptikum der Tierwelt, das gleichberechtigt und zugleich kaum beachtet neben seinen Strichmännchen in den Bildwelten existiert. Penck versteht die Kunst als Bildforschung und lässt Erkenntnisse diverser Wissenschaftsbereiche – so z.B. der Physik, Mathematik, Kybernetik, Biologie und Soziologie – einfließen. Die Logik seiner Bilder bestimmt ein dualistisches Denken, geprägt durch die bipolare Weltordnung des Kalten Krieges. Ein Tier wie der Adler fungiert als Symbolträger in den Gegenüberstellungen von Ost und West. Penck nutzt tradierte Vorstellungen der Tier-Hierarchien und die damit einhergehenden Zuschreibungen. Es ist ein Denken in Bildern, auch wenn Bedeutungszuschreibungen selten eindeutig bleiben. Der Löwe ist Jäger, die Gazelle hingegen Gejagte (vgl. "How it works", 1989). Der Adler zieht als König der Lüfte am Himmel seine Kreise, der Skorpion verharrt als stille Gefahr am Boden und wartet auf den unachtsamen Schritt.
Wie aber finden Stier und Nashorn in einem Bild zusammen? Ist diese vermeintlich ungewöhnliche Begegnung im allgemeinsprachlichen Sinne verrückt, wie es der Titel des Bildes nahelegt, oder aber ergibt die Verschachtelung der Umrisslinien ein verrücktes Bild, das neue gedankliche Wege eröffnet? Der Stier steht für Stärke, Männlichkeit, ist zugleich Tierkreiszeichen und ein mythologisches Wesen, das in unzähligen historischen Bildern und Schriften auftaucht. Der Stier ist auch Nutztier und in Mitteleuropa bis heute beheimatet. Das Nashorn hingegen ist nur noch auf dem afrikanischen Kontinent zu Hause, doch einst war das Säugetier über weite Teile Eurasiens, Afrikas und Nordamerikas verbreitet. Sein Aussterben auf weiten Teilen des Globus verschulden klimabedingte Landschaftsveränderungen, so dass es nun nur noch südlich der Sahara anzutreffen ist.
Die Farbflächen der beiden Tiere Stier und Nashorn gehen hier ineinander über, ohne jedoch zu verschmelzen, womöglich an die damalige politische und gesellschaftliche Situation der deutschen Bundesrepublik erinnernd – sechs Jahre nach der Wiedervereinigung. Den Betrachtenden erschließt sich jedoch kein im herkömmlichen Sinne erzählerischer Bildinhalt, vielmehr sind sie mit der dem Künstler ganz eigenen, selbst entwickelten Sprache konfrontiert, die sein analytisches und bildnerisches Denken, ein "visuelles Denken", darstellt, in dem er Wissen und Informationen aus den Naturwissenschaften, der Mechanik und Informationstheorie verarbeitet.
Höhlenmaler der Postmoderne
Der Name A.R. Penck ist ein Pseudonym, das Ralf Winkler in den 1960er Jahren annimmt. Namensgeber ist Albrecht Friedrich Karl Penck (1858–1945), ein berühmter Geologe, der sich mit seiner Forschung besonders der Landschaftsmorphologie und Klimatologie widmet. Des Künstlers Auseinandersetzung mit der bildlichen Darstellung sozialer Systeme und menschlicher Kommunikation führt ihn wohl unweigerlich zu den Darstellungen der frühzeitlichen Höhlenmalereien. Nicht nur in der berühmten Höhle von Lascaux findet sich die Darstellung eines Nashorns, das über die Kontinente hinweg ein verbreitetes Motiv ist. Verwundert es in diesem Zusammenhang, dass das Nashorn eines der ersten Tiere ist, die in Pencks malerischem Schaffen überhaupt auftauchen (vgl. "Nashorn", 1967). Auch in späteren Jahren lässt es sich vereinzelt entdecken, auch wenn das Tier nicht wie Adler oder Löwe zum Standardrepertoire gehört.
Pencks charakteristische Zeichensprache ruft eine archaische Bildwirkung hervor, die ihm auch den Beinamen "Höhlenmaler der Postmoderne" einbrachte (Alexander Jürgs, Stern Magazin, 17.6.2007). Gleichzeitig führen die simplifizieren, klaren Formen, Zeichen und Symbole zu einem Paradox: "Die Strichfiguren sind zu simpel, zu allerweltsmäßig, als dass sie im Grunde mit einer derartigen künstlerischen Einzigartigkeit aufgeladen sein sollten, und doch sind es Pencks ureigene Geschöpfe." (Jürgen Kisters, A. R. Penck, in: Kunstforum Bd. 134, Art & Pop & Crossover, 1996, S. 428f.) [CH/SN]
Die Biografie und somit auch das künstlerische Schaffen A. R. Pencks (geb. Ralf Winkler) ist geprägt von der deutschen Teilung, der Auseinandersetzung mit der DDR-Regierung und dem Leben in zwei gegensätzlichen Gesellschaften. In einem Gedicht schreibt der Künstler 1982 "Der Osten / Hat mich ausgespuckt / Der Westen / Noch nicht gefressen" (zit. nach: Ausst.-Kat. A. R. Penck. Deutschland, Weserburg, Museum für Moderne Kunst, Bremen 2009/2010, S. 79). Sein unangepasstes künstlerisches Schaffen sollte die nachfolgenden Generationen nicht nur in Dresden und in der DDR, sondern auch über die Grenzen hinaus nachhaltig prägen. So finden sich Charakteristiken seiner bereits in den 1960er Jahren entwickelten Bildsprache in den 1980er und 1990er Jahren beispielsweise bei dem jungen Keith Haring (1958–1990) und Jean-Michel Basquiat (1960–1988).
Pencks eigene Bildsprache: Abstrahierte Figuren, Symbole und Zeichen
Auf der Suche nach einer universellen Zeichensprache entwickelt Penck schon früh eine ganz eigene, spannungsreiche künstlerische Ausdrucksweise, die sich irgendwo zwischen einem strengen, komplizierten, von außen undurchschaubaren System und einer Anarchie bzw. expressiver, gestischer Malerei fernab der Logik bewegt. Pencks Künstlerfreund Georg Baselitz erläutert: "Er erfindet ein eigenes Alphabet, aus den Tiefen der Geschichte und der Kunst schöpfend, aber doch vollkommen eigen. Das kann kein Mensch lesen. Nur er selbst. Aber wir können es anschauen – und spüren [..] Man muss nicht fragen, warum." (Baselitz in einem Gespräch mit Florian Illies, 2017). Seine abstrahierten Figuren, Symbole und Zeichen sind räumlich nicht weiter verortet, scheinen in der Bildfläche zu schweben. Bereits seit den 1960er Jahren finden sich die schließlich zum Markenzeichen mutierten Strichmännchen mit großen Penissen, bewaffnet mit Speeren, Gewehren oder Pfeilen und charakteristisch – wie in der hier angebotenen Arbeit – in Konfrontation mit einem oder mehreren wilden Tieren.
Tiere als Symbolträger
Tiere bevölkern die Bilder A. Pencks ebenfalls seit den 1960er Jahren: Adler, Skorpion, Maus, Wolf, Katze, Tiger, Löwe, Pferd, Schlange, Gazelle und so vieles mehr. Ein Panoptikum der Tierwelt, das gleichberechtigt und zugleich kaum beachtet neben seinen Strichmännchen in den Bildwelten existiert. Penck versteht die Kunst als Bildforschung und lässt Erkenntnisse diverser Wissenschaftsbereiche – so z.B. der Physik, Mathematik, Kybernetik, Biologie und Soziologie – einfließen. Die Logik seiner Bilder bestimmt ein dualistisches Denken, geprägt durch die bipolare Weltordnung des Kalten Krieges. Ein Tier wie der Adler fungiert als Symbolträger in den Gegenüberstellungen von Ost und West. Penck nutzt tradierte Vorstellungen der Tier-Hierarchien und die damit einhergehenden Zuschreibungen. Es ist ein Denken in Bildern, auch wenn Bedeutungszuschreibungen selten eindeutig bleiben. Der Löwe ist Jäger, die Gazelle hingegen Gejagte (vgl. "How it works", 1989). Der Adler zieht als König der Lüfte am Himmel seine Kreise, der Skorpion verharrt als stille Gefahr am Boden und wartet auf den unachtsamen Schritt.
Wie aber finden Stier und Nashorn in einem Bild zusammen? Ist diese vermeintlich ungewöhnliche Begegnung im allgemeinsprachlichen Sinne verrückt, wie es der Titel des Bildes nahelegt, oder aber ergibt die Verschachtelung der Umrisslinien ein verrücktes Bild, das neue gedankliche Wege eröffnet? Der Stier steht für Stärke, Männlichkeit, ist zugleich Tierkreiszeichen und ein mythologisches Wesen, das in unzähligen historischen Bildern und Schriften auftaucht. Der Stier ist auch Nutztier und in Mitteleuropa bis heute beheimatet. Das Nashorn hingegen ist nur noch auf dem afrikanischen Kontinent zu Hause, doch einst war das Säugetier über weite Teile Eurasiens, Afrikas und Nordamerikas verbreitet. Sein Aussterben auf weiten Teilen des Globus verschulden klimabedingte Landschaftsveränderungen, so dass es nun nur noch südlich der Sahara anzutreffen ist.
Die Farbflächen der beiden Tiere Stier und Nashorn gehen hier ineinander über, ohne jedoch zu verschmelzen, womöglich an die damalige politische und gesellschaftliche Situation der deutschen Bundesrepublik erinnernd – sechs Jahre nach der Wiedervereinigung. Den Betrachtenden erschließt sich jedoch kein im herkömmlichen Sinne erzählerischer Bildinhalt, vielmehr sind sie mit der dem Künstler ganz eigenen, selbst entwickelten Sprache konfrontiert, die sein analytisches und bildnerisches Denken, ein "visuelles Denken", darstellt, in dem er Wissen und Informationen aus den Naturwissenschaften, der Mechanik und Informationstheorie verarbeitet.
Höhlenmaler der Postmoderne
Der Name A.R. Penck ist ein Pseudonym, das Ralf Winkler in den 1960er Jahren annimmt. Namensgeber ist Albrecht Friedrich Karl Penck (1858–1945), ein berühmter Geologe, der sich mit seiner Forschung besonders der Landschaftsmorphologie und Klimatologie widmet. Des Künstlers Auseinandersetzung mit der bildlichen Darstellung sozialer Systeme und menschlicher Kommunikation führt ihn wohl unweigerlich zu den Darstellungen der frühzeitlichen Höhlenmalereien. Nicht nur in der berühmten Höhle von Lascaux findet sich die Darstellung eines Nashorns, das über die Kontinente hinweg ein verbreitetes Motiv ist. Verwundert es in diesem Zusammenhang, dass das Nashorn eines der ersten Tiere ist, die in Pencks malerischem Schaffen überhaupt auftauchen (vgl. "Nashorn", 1967). Auch in späteren Jahren lässt es sich vereinzelt entdecken, auch wenn das Tier nicht wie Adler oder Löwe zum Standardrepertoire gehört.
Pencks charakteristische Zeichensprache ruft eine archaische Bildwirkung hervor, die ihm auch den Beinamen "Höhlenmaler der Postmoderne" einbrachte (Alexander Jürgs, Stern Magazin, 17.6.2007). Gleichzeitig führen die simplifizieren, klaren Formen, Zeichen und Symbole zu einem Paradox: "Die Strichfiguren sind zu simpel, zu allerweltsmäßig, als dass sie im Grunde mit einer derartigen künstlerischen Einzigartigkeit aufgeladen sein sollten, und doch sind es Pencks ureigene Geschöpfe." (Jürgen Kisters, A. R. Penck, in: Kunstforum Bd. 134, Art & Pop & Crossover, 1996, S. 428f.) [CH/SN]
21
A. R. Penck (d.i. Ralf Winkler)
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