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16
David Wojnarowicz
Weight of the Earth, Part II, 1988/89.
14 Schwarz-Weiß-Fotografien (Gelatinesilberabzü...
Schätzung:
€ 100.000 Ergebnis:
€ 125.000 (inklusive Aufgeld)
Weight of the Earth, Part II. 1988/89.
14 Schwarz-Weiß-Fotografien (Gelatinesilberabzüge) und eine Aquarell- und Tuschpinselzeichnung.
Verso auf der Rahmenrückwand mit dem Galerieetikett, dort mit dem Künstlernamen, der Datierung, Betitelung und Nummerierung "#1760" sowie den Technik- und Maßangaben typografisch bezeichnet. Unterlagekarton: 92,7 x 99,1 cm (36,4 x 39 in). [CH].
Ebenfalls angeboten in unserem Evening Sale am 9. Dezember: David Wojnarowiczs "He Kept Following Me" (1990) aus seiner Werkserie der "Flower Paintings" (siehe Los 14).
• Wojnarowiczs Arbeiten vereinen kulturelle, ästhetische und politische Aspekte.
• Die Fotografie ist innerhalb seines vielfältigen Œuvres von besonderer Bedeutung.
• Das Pendant-Werk "Weight of the Earth, Part I" befindet sich im Museum of Modern Art, New York.
• Vergleichbare fotografische Arbeiten des Künstlers befinden sich u. a. im Art Institute of Chicago, im Museum of Contemporary Art in Chicago und in der Londoner Tate Gallery.
PROVENIENZ: P.P.O.W Gallery, New York (auf der Rahmenrückwand mit dem Galerieetikett).
Privatsammlung Süddeutschland (1991 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: In the Shadow of Forward Motion, P.P.O.W Gallery, New York, 8.2.-4.3.1989.
David Wojnarowicz. Tongues of Flame (Retrospektive), University Galleries, Illinois State University, Normal, 23.1.-4.3.1990, The Temple Gallery and Tyler Gallery, Tyler School of Art, Philadelphia, 1.2.-2.3.1991, Ausst.-Kat. S. 91-104 (m. Abb., S. 95).
Fever: The Art of David Wojnarowicz, New Museum, New York, 21.1-20.6.1999, S. 35 (m. Abb.).
David Wojnarowicz. History Keeps Me Awake at Night (Retrospektive), Whitney Museum of American Art, New York, 13.7.-30.9.2018, S. 368 (m. Abb., Tafel 105, S. 237).
LITERATUR: Aperture, New York (Hrsg.) und Melissa Harris, David Wojnarowicz. Brush Fires in the Social Landscape, New York 2015, S. 142f. (m. doppels. Abb.).
David Wojnarowicz in einem Gespräch mit Sylvère Lotringer, in: Sylvère Lotringer and Giancarlo Ambrosino, David Wojnarowicz. A Definitive History of Five or Six Years on the Lower East Side, New York 2007, S.164).
14 Schwarz-Weiß-Fotografien (Gelatinesilberabzüge) und eine Aquarell- und Tuschpinselzeichnung.
Verso auf der Rahmenrückwand mit dem Galerieetikett, dort mit dem Künstlernamen, der Datierung, Betitelung und Nummerierung "#1760" sowie den Technik- und Maßangaben typografisch bezeichnet. Unterlagekarton: 92,7 x 99,1 cm (36,4 x 39 in). [CH].
Ebenfalls angeboten in unserem Evening Sale am 9. Dezember: David Wojnarowiczs "He Kept Following Me" (1990) aus seiner Werkserie der "Flower Paintings" (siehe Los 14).
• Wojnarowiczs Arbeiten vereinen kulturelle, ästhetische und politische Aspekte.
• Die Fotografie ist innerhalb seines vielfältigen Œuvres von besonderer Bedeutung.
• Das Pendant-Werk "Weight of the Earth, Part I" befindet sich im Museum of Modern Art, New York.
• Vergleichbare fotografische Arbeiten des Künstlers befinden sich u. a. im Art Institute of Chicago, im Museum of Contemporary Art in Chicago und in der Londoner Tate Gallery.
PROVENIENZ: P.P.O.W Gallery, New York (auf der Rahmenrückwand mit dem Galerieetikett).
Privatsammlung Süddeutschland (1991 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: In the Shadow of Forward Motion, P.P.O.W Gallery, New York, 8.2.-4.3.1989.
David Wojnarowicz. Tongues of Flame (Retrospektive), University Galleries, Illinois State University, Normal, 23.1.-4.3.1990, The Temple Gallery and Tyler Gallery, Tyler School of Art, Philadelphia, 1.2.-2.3.1991, Ausst.-Kat. S. 91-104 (m. Abb., S. 95).
Fever: The Art of David Wojnarowicz, New Museum, New York, 21.1-20.6.1999, S. 35 (m. Abb.).
David Wojnarowicz. History Keeps Me Awake at Night (Retrospektive), Whitney Museum of American Art, New York, 13.7.-30.9.2018, S. 368 (m. Abb., Tafel 105, S. 237).
LITERATUR: Aperture, New York (Hrsg.) und Melissa Harris, David Wojnarowicz. Brush Fires in the Social Landscape, New York 2015, S. 142f. (m. doppels. Abb.).
David Wojnarowicz in einem Gespräch mit Sylvère Lotringer, in: Sylvère Lotringer and Giancarlo Ambrosino, David Wojnarowicz. A Definitive History of Five or Six Years on the Lower East Side, New York 2007, S.164).
"Für mich sind Fotos wie Wörter. Meistens füge ich mehrere Fotos zusammen oder ich kopiere sie ineinander, um eine freischwebende syntaktische Konstruktion zu erschaffen, die etwas über die Welt verrät, wie ich sie erlebe."
David Wojnarowicz, Close to the Knives: A Memoir of Disintegration, 1991.
Wenn wir beherzigen, was David Wojnarowicz in der Bemerkung oben über die Syntax der Bilder gesagt hat, dann ist "Weight of the Earth, Part II" ein ausgesprochen komplexer und langer "Satz". Die Konstellation aus verstörenden und rätselhaften Bildern löst beim Betrachter Verwunderung, aber auch ein Gefühl der Beklemmung aus, wie beim Erwachen aus einem schlimmen Traum.
Wojnarowicz war ein vielseitig gebildeter Autodidakt, der eine von schlimmstem Missbrauch geprägte Kindheit überlebt hatte. Er beschäftigte sich unermüdlich mit Naturwissenschaften, mit der drohenden Entmenschlichung durch Technologie und der systematischen Entmachtung von Schwächeren. Im Glauben, die Vorstellungskraft sei "einer der letzten Orte, an denen radikale Gesten noch möglich sind", kämpfte er in einer versteinerten weißen Mehrheitsgesellschaft um Sichtbarkeit, indem er sie mit Gemälden, Fotografien, Filmen, Performances und Schriften geradezu bombardierte.
Ein rebellischer Fotograf
Seine frühesten Erfahrungen als Fotograf hat Wojnarowicz, nach eigenen Aussagen, im Teenageralter gemacht, als er obdachlos auf den Straßen New Yorks lebte. Mit einer gestohlenen 35-Millimeter-Kamera und Filmrollen, die er in Drogerien klaute, fotografierte er Hunderte von herumfahrenden Freiern sowie Prostituierte und Dragqueens, die bei den verlassenen Lagerhäusern am Pier des Hudson River nach Kunden Ausschau hielten. Die unentwickelten Filme und andere Habseligkeiten verstaute er in münzbetriebenen Schließfächern am Busbahnhof. Der Umstand, dass er die erforderlichen Münzen nicht hinterlegte, um sie zurückzubekommen, erscheint beinahe schicksalhaft. Alles, was blieb, waren die nicht festgehaltenen Erinnerungen, die später in sein Werk einfließen sollten.
Als Wojnarowicz 1978 im Alter von 24 Jahren in einer Werbeagentur arbeitete, fertigte er eine vergrößerte Fotokopie des Gesichts seines Helden, des französischen Poeten Arthur Rimbaud, an, um daraus eine lebensgroße Pappmaske herzustellen. Seine erste ernsthafte Fotoserie "Arthur Rimbaud in New York", 1978/79, bestand sodann aus 24 Aufnahmen von Freunden, die diese Maske in der Subway, in Restaurants, Pornokinos und an anderen Orten trugen, die Wojnarowicz häufig besuchte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, fotografierte er erst wieder 1988, kurz nach dem Tod seines Mentors und einstigen Liebhabers, des berühmten Fotografen Peter Hujar. Er übernahm dessen Loft im East Village und hatte damit erstmals freien Zugang zu einer Dunkelkammer. Zwischen 1988 und 1990 schuf er "Weight of the Earth" – seine umstrittene "Sex-Serie" – und viele seiner bekanntesten Fotoarbeiten.
"Eine Oper, die nicht nur aus zwei, sondern tatsächlich aus Hunderten von Teilen bestehen kann" (von einer Audiokassette, Fales Collection, NYC)
"Weight of the Earth, Part II" umfasst 14 Fotografien und ein Aquarell in unterschiedlichen Formaten, von 7,6 Zentimeter im Quadrat bis zu 20 x 28 Zentimeter. Sie sind symmetrisch um das winzige Foto in der Mitte angeordnet, eine Nahaufnahme einer Feuerameise, die auf einem hölzernen Augapfel herumkrabbelt. "Weight of the Earth, Part I", in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York, ist gleichgroß, aber aus völlig anderen Bildern zusammengesetzt. Bei der Komposition von "Weight of the Earth" und anderen aus mehreren Bildern zusammengesetzten Arbeiten folgte Wojnarowicz einer sehr systematischen Vorgehensweise. Er nutzte vorbereitete Listen, Diagramme und Zeichnungen möglicher Bilder und ihrer Positionierung.
"Bei ‚Weight of the Earth‘ geht es um Dinge in Gefangenschaft: Tiere und Menschen und alles, was uns umgibt."
Einige der Fotografien in "Weight of the Earth" stellen Raubtier- und Beuteszenen dar: Das Foto oben links, das eine Schlange zeigt, die gerade eine Kröte verschlingt, wird unten rechts durch den Detailausschnitt einer Hand ausgeglichen, die eine gefangene Kröte ergreift. Diese Doppelung spiegelt Wojnarowiczs Bedauern angesichts der "menschlichen Irritation beim Anblick unkontrollierter Natur" wider. Andere Fotos thematisieren Entrechtung und Ausbeutung: Auf einem in blaues Licht getauchten Standbild aus einem Pornofilm ist die Protagonistin zu sehen, die ihre Beine für die Kamera spreizt. Ein anderes Foto zeigt einen Polizisten mit einer Waffe im Halfter, der durch das Fenster eines von ihm angehaltenen Autos zu sehen ist und sich zum Fahrer hinunterbeugt Auf einem anderen Bild sind die abgetragenen Schuhe eines Obdachlosen zu sehen, die aus dem Pappkarton ragen, in dem er schläft.
Ein besonders wuterfülltes Foto zeigt eine zerstörte Welt: Eine brennende Weltkugel wird von einer verkohlten, bandagierten Hand gehalten, die auf der Finanzseite einer französischen Zeitung ruht. Neben einem Aquarell mit Erde, Mond und Merkur findet sich, umgeben von Sternen, das Foto eines nackten Mannes mit verbundenen Augen in einem heruntergekommenen Raum Der Mann schwingt einen schweren Tierknochen wie eine Keule. Der kollektive Nachhall dieser und fünf weiterer wirkmächtiger Bilder setzt eine "freischwebende Syntax" in Bewegung, die alle grammatischen Grundstrukturen abzudecken scheint: aussagende, fragende, imperativische Konstruktionen sowie Ausrufesätze. "Weight of the Earth, Part II" gehört zu den lebendigsten Arbeiten in Wojnarowiczs Spätwerk.
David Wojnarowiczs Laufbahn als Künstler und Schriftsteller war tragisch kurz. Er starb 1992 im Alter von nur 37 Jahren an Aids. Sein beachtliches Werk wurde zuletzt in der Retrospektive "History Keeps Me Awake at Night" im Whitney Museum of American Art, New York, ausgestellt, die auch im Museum Reina Sofia in Madrid und im MUDAM in Luxemburg gezeigt wurde. Wojnarowicz gelang es in seinem künstlerischen Werk durch das ungemein aussagekräftige Instrumentarium der Gedankenbilder, die Festungen der "vorgefertigten Welt", die er so verachtete, zu erschüttern und auf unzählige Menschen weltweit einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.
Barry Blinderman (aus dem Englischen übersetzt von Jeremy Gaines)
Barry Blinderman hat als Leiter der Universitätsgalerien der Illinois State University in Normal, Illinois, von 1987 bis 2018 zahlreiche monografische Museumsausstellungen kuratiert, einschließlich Wojnarowiczs erster Retrospektive. Seine Artikel zu Martin Wong, Keith Haring, Andy Warhol und anderen Künstlern sind in internationalen Museumskatalogen, Anthologien und Kunstzeitschriften veröffentlicht worden. Er ist zudem in Chris McKims jüngstem Dokumentarfilm „Wojnarowicz“ zu sehen. Blinderman wohnt in Los Angeles. Dort arbeitet er an seinen Memoiren mit dem Titel „The Curator’s Tale“.
David Wojnarowicz, Close to the Knives: A Memoir of Disintegration, 1991.
Wenn wir beherzigen, was David Wojnarowicz in der Bemerkung oben über die Syntax der Bilder gesagt hat, dann ist "Weight of the Earth, Part II" ein ausgesprochen komplexer und langer "Satz". Die Konstellation aus verstörenden und rätselhaften Bildern löst beim Betrachter Verwunderung, aber auch ein Gefühl der Beklemmung aus, wie beim Erwachen aus einem schlimmen Traum.
Wojnarowicz war ein vielseitig gebildeter Autodidakt, der eine von schlimmstem Missbrauch geprägte Kindheit überlebt hatte. Er beschäftigte sich unermüdlich mit Naturwissenschaften, mit der drohenden Entmenschlichung durch Technologie und der systematischen Entmachtung von Schwächeren. Im Glauben, die Vorstellungskraft sei "einer der letzten Orte, an denen radikale Gesten noch möglich sind", kämpfte er in einer versteinerten weißen Mehrheitsgesellschaft um Sichtbarkeit, indem er sie mit Gemälden, Fotografien, Filmen, Performances und Schriften geradezu bombardierte.
Ein rebellischer Fotograf
Seine frühesten Erfahrungen als Fotograf hat Wojnarowicz, nach eigenen Aussagen, im Teenageralter gemacht, als er obdachlos auf den Straßen New Yorks lebte. Mit einer gestohlenen 35-Millimeter-Kamera und Filmrollen, die er in Drogerien klaute, fotografierte er Hunderte von herumfahrenden Freiern sowie Prostituierte und Dragqueens, die bei den verlassenen Lagerhäusern am Pier des Hudson River nach Kunden Ausschau hielten. Die unentwickelten Filme und andere Habseligkeiten verstaute er in münzbetriebenen Schließfächern am Busbahnhof. Der Umstand, dass er die erforderlichen Münzen nicht hinterlegte, um sie zurückzubekommen, erscheint beinahe schicksalhaft. Alles, was blieb, waren die nicht festgehaltenen Erinnerungen, die später in sein Werk einfließen sollten.
Als Wojnarowicz 1978 im Alter von 24 Jahren in einer Werbeagentur arbeitete, fertigte er eine vergrößerte Fotokopie des Gesichts seines Helden, des französischen Poeten Arthur Rimbaud, an, um daraus eine lebensgroße Pappmaske herzustellen. Seine erste ernsthafte Fotoserie "Arthur Rimbaud in New York", 1978/79, bestand sodann aus 24 Aufnahmen von Freunden, die diese Maske in der Subway, in Restaurants, Pornokinos und an anderen Orten trugen, die Wojnarowicz häufig besuchte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, fotografierte er erst wieder 1988, kurz nach dem Tod seines Mentors und einstigen Liebhabers, des berühmten Fotografen Peter Hujar. Er übernahm dessen Loft im East Village und hatte damit erstmals freien Zugang zu einer Dunkelkammer. Zwischen 1988 und 1990 schuf er "Weight of the Earth" – seine umstrittene "Sex-Serie" – und viele seiner bekanntesten Fotoarbeiten.
"Eine Oper, die nicht nur aus zwei, sondern tatsächlich aus Hunderten von Teilen bestehen kann" (von einer Audiokassette, Fales Collection, NYC)
"Weight of the Earth, Part II" umfasst 14 Fotografien und ein Aquarell in unterschiedlichen Formaten, von 7,6 Zentimeter im Quadrat bis zu 20 x 28 Zentimeter. Sie sind symmetrisch um das winzige Foto in der Mitte angeordnet, eine Nahaufnahme einer Feuerameise, die auf einem hölzernen Augapfel herumkrabbelt. "Weight of the Earth, Part I", in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York, ist gleichgroß, aber aus völlig anderen Bildern zusammengesetzt. Bei der Komposition von "Weight of the Earth" und anderen aus mehreren Bildern zusammengesetzten Arbeiten folgte Wojnarowicz einer sehr systematischen Vorgehensweise. Er nutzte vorbereitete Listen, Diagramme und Zeichnungen möglicher Bilder und ihrer Positionierung.
"Bei ‚Weight of the Earth‘ geht es um Dinge in Gefangenschaft: Tiere und Menschen und alles, was uns umgibt."
Einige der Fotografien in "Weight of the Earth" stellen Raubtier- und Beuteszenen dar: Das Foto oben links, das eine Schlange zeigt, die gerade eine Kröte verschlingt, wird unten rechts durch den Detailausschnitt einer Hand ausgeglichen, die eine gefangene Kröte ergreift. Diese Doppelung spiegelt Wojnarowiczs Bedauern angesichts der "menschlichen Irritation beim Anblick unkontrollierter Natur" wider. Andere Fotos thematisieren Entrechtung und Ausbeutung: Auf einem in blaues Licht getauchten Standbild aus einem Pornofilm ist die Protagonistin zu sehen, die ihre Beine für die Kamera spreizt. Ein anderes Foto zeigt einen Polizisten mit einer Waffe im Halfter, der durch das Fenster eines von ihm angehaltenen Autos zu sehen ist und sich zum Fahrer hinunterbeugt Auf einem anderen Bild sind die abgetragenen Schuhe eines Obdachlosen zu sehen, die aus dem Pappkarton ragen, in dem er schläft.
Ein besonders wuterfülltes Foto zeigt eine zerstörte Welt: Eine brennende Weltkugel wird von einer verkohlten, bandagierten Hand gehalten, die auf der Finanzseite einer französischen Zeitung ruht. Neben einem Aquarell mit Erde, Mond und Merkur findet sich, umgeben von Sternen, das Foto eines nackten Mannes mit verbundenen Augen in einem heruntergekommenen Raum Der Mann schwingt einen schweren Tierknochen wie eine Keule. Der kollektive Nachhall dieser und fünf weiterer wirkmächtiger Bilder setzt eine "freischwebende Syntax" in Bewegung, die alle grammatischen Grundstrukturen abzudecken scheint: aussagende, fragende, imperativische Konstruktionen sowie Ausrufesätze. "Weight of the Earth, Part II" gehört zu den lebendigsten Arbeiten in Wojnarowiczs Spätwerk.
David Wojnarowiczs Laufbahn als Künstler und Schriftsteller war tragisch kurz. Er starb 1992 im Alter von nur 37 Jahren an Aids. Sein beachtliches Werk wurde zuletzt in der Retrospektive "History Keeps Me Awake at Night" im Whitney Museum of American Art, New York, ausgestellt, die auch im Museum Reina Sofia in Madrid und im MUDAM in Luxemburg gezeigt wurde. Wojnarowicz gelang es in seinem künstlerischen Werk durch das ungemein aussagekräftige Instrumentarium der Gedankenbilder, die Festungen der "vorgefertigten Welt", die er so verachtete, zu erschüttern und auf unzählige Menschen weltweit einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.
Barry Blinderman (aus dem Englischen übersetzt von Jeremy Gaines)
Barry Blinderman hat als Leiter der Universitätsgalerien der Illinois State University in Normal, Illinois, von 1987 bis 2018 zahlreiche monografische Museumsausstellungen kuratiert, einschließlich Wojnarowiczs erster Retrospektive. Seine Artikel zu Martin Wong, Keith Haring, Andy Warhol und anderen Künstlern sind in internationalen Museumskatalogen, Anthologien und Kunstzeitschriften veröffentlicht worden. Er ist zudem in Chris McKims jüngstem Dokumentarfilm „Wojnarowicz“ zu sehen. Blinderman wohnt in Los Angeles. Dort arbeitet er an seinen Memoiren mit dem Titel „The Curator’s Tale“.
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Weight of the Earth, Part II, 1988/89.
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