369
Karl Hagemeister
Die Woge, 1915.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000 Ergebnis:
€ 81.250 (inklusive Aufgeld)
Die Woge. 1915.
Öl auf Leinwand.
Warmt G 563. Rechts unten signiert und datiert. 99 x 149 cm (38,9 x 58,6 in).
PROVENIENZ: Gemälde-Cabinett Unger, Dachau.
Galerie Eduard Schulte, Düsseldorf (verso mit dem handschr. Eintrag).
Privatsammlung Norddeutschland.
Privatsammlung Schleswig-Holstein (1981 vom Vorgenannten erworben, seitdem Familienbesitz).
LITERATUR: Horst Ludwig, Karl Hagemeister, in: Münchner Maler im 19. Jahrhundert, Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst, München 1982, Bd. 2, S. 80 (m. Abb.).
"Ich sehe ein, dass man keine Wellen abmalen kann, und wenn das noch so gut mit Hilfe der Momentphotographie möglich wäre. Solche gemalten Wellen werden still stehen. Um sie bewegt zu malen, muss man vorher alles genau studieren, die Durchsichtigkeit der Stimmung, den Rhythmus der Wellen, und wenn man alles erfasst hat, muss man schnell gefühlsmässig gestaltend das Ganze hinschreiben. So nur wird die Darstellung den Beschauer mit fortreissen. Die letzten Aufenthalte an der See überzeugten mich, dass ich schliesslich nur See malen sollte, um schliesslich Herr des Meeres zu werden – eine grosse Aufgabe, wenn ich denke, dass nur Courbet der einzige ist, der den Eindruck der Unendlichkeit, der Allgewalt des Meeres getroffen hat."
Karl Hagemeister, zit. nach: Ausst.-Kat. Galerie Heinemann, München, 1912, S. 18.
Öl auf Leinwand.
Warmt G 563. Rechts unten signiert und datiert. 99 x 149 cm (38,9 x 58,6 in).
PROVENIENZ: Gemälde-Cabinett Unger, Dachau.
Galerie Eduard Schulte, Düsseldorf (verso mit dem handschr. Eintrag).
Privatsammlung Norddeutschland.
Privatsammlung Schleswig-Holstein (1981 vom Vorgenannten erworben, seitdem Familienbesitz).
LITERATUR: Horst Ludwig, Karl Hagemeister, in: Münchner Maler im 19. Jahrhundert, Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst, München 1982, Bd. 2, S. 80 (m. Abb.).
"Ich sehe ein, dass man keine Wellen abmalen kann, und wenn das noch so gut mit Hilfe der Momentphotographie möglich wäre. Solche gemalten Wellen werden still stehen. Um sie bewegt zu malen, muss man vorher alles genau studieren, die Durchsichtigkeit der Stimmung, den Rhythmus der Wellen, und wenn man alles erfasst hat, muss man schnell gefühlsmässig gestaltend das Ganze hinschreiben. So nur wird die Darstellung den Beschauer mit fortreissen. Die letzten Aufenthalte an der See überzeugten mich, dass ich schliesslich nur See malen sollte, um schliesslich Herr des Meeres zu werden – eine grosse Aufgabe, wenn ich denke, dass nur Courbet der einzige ist, der den Eindruck der Unendlichkeit, der Allgewalt des Meeres getroffen hat."
Karl Hagemeister, zit. nach: Ausst.-Kat. Galerie Heinemann, München, 1912, S. 18.
Zwischen 1908 und 1915 hält sich Karl Hagemeister in Lohme auf Rügen auf, wo seine überwältigenden Wellenbilder entstehen, in denen er den „Kampf der Elemente“ studiert. Dabei setzt sich Hagemeister, mit den Füßen im Meer stehend, im Malprozess tatsächlich direkt der Gewalt der Elemente aus: „Wenn ich dann ein Seebild malen wollte (nicht unter 1,60 m lang) so befestigte ich den Rahmen am Balken des Herrenbades. Und nun beobachte ich die Stimmung, den Wellengang, das Tempo, den Ton des Wassers und die Wirkung von Luft auf den Wellen. So stand ich meist lange, nie unter einer Viertelstunde, und nun fing ich an, nachdem ich das Ganze in mir aufgenommen hatte, mit angespannter Vehemenz das Bild zu entwickeln. Das geschah in der Zeit von 2 bis 3 Stunden. So, und nun bewegten sich die Wellen, die Wolken flogen und das Ganze war ein bewegter Organismus. Meine Seebilder sind auf diese Weise elementar schöpferisch.“ (Karl Hagemeister, Kleine Selbstbiographie, zit. nach: Hendrikje Warmt, Karl Hagemeister. Reflexion der Stille, Berlin 2016, S. 172). Das Ergebnis ist dabei auch technisch faszinierend: Über eine lasierende Grundierung in unterschiedlichsten Blautönen trägt er mit dem Palettenmesser breite Farbkleckse auf, die die Gischt markieren und in ihrer Pastosität reliefartig und haptisch ins Auge springen. Die schnelle, temperamentvolle Malerei ist dabei weniger ein Abbilden als vielmehr ein Interpretieren der Energie der Bewegung in dieser Auseinandersetzung mit den Elementen, die der Maler zuvor in sich aufgesogen hat. Die Differenz zwischen der ewigen Bewegung des Meeres und dem Festhalten des speziellen Augenblickes, in dem die Welle heranrollt, ist dabei in seiner faszinierenden Widersprüchlichkeit und Gleichzeitigkeit des Flüchtigen und Ewigen der Kerngedanke der Moderne, wie ihn Charles Baudelaire 1863 im „Maler des Modernen Lebens“ manifestartig formuliert. Gustave Courbet und Charles-François Daubigny sind dabei die Vorbilder, die in der Gattung der Landschaft neue Wege beschreiten. Im Salon von 1870 sorgt Courbet mit „La mer orageuse - La vague“ (heute Musée d‘Orsay, Paris) für Aufsehen, als er ein erstes, in Étretat in der Normandie entstandenes Wellenbild ausstellt, bei dem er mit dem Messer die Farbe in dicken Schichten aufgetragen hat. In seinem Atelier unmittelbar am Meer hat Courbet die anbrandenden Wellen so gleichsam direkt auf die Leinwand übertragen. Im Gegensatz zur akademisch-zeichnerischen Landschaftskomposition wird hier die Malerei zum Selbstzweck, zum Schwelgen in der Farbe und einem direkten Nachfühlen der Bewegung in der Handschrift des Künstlers. Die Natur, gesehen durch ein Temperament – so die Formulierung Émile Zolas in Bezug auf Courbet – ist auch Hagemeisters Herangehensweise, in den Worten „tumultuarische Elementarschöpfung eines unwiderstehlichen Malertemperaments“ (Franz Servaes, Karl Hagemeister, in: Velhagen & Klasings Monatshefte, Bd. 38/II, 1923/24, S. 272). Eine Welle aus der Hand Courbets erwirbt Hugo von Tschudi 1904 für die Nationalgalerie in Berlin, es folgen die Museen in Bremen und Frankfurt. Für Hagemeister sind die Courbet‘schen Wellen jedoch noch nicht zum höchsten Ausdruck gelangt: „Ich habe erkannt, dass zum atmenden Leben Bewegung gehört, und dass diese nur durch feinste Unterschiede im Farbauftrag erreicht werden kann. Wenn man alles pastos malt, so gibt es keine Bewegung, wohl aber, wenn man vom Pastosen bis zur äussersten Zartheit und von der klaren deutlichen Ferne bis zur Verschwommenheit abstuft.“ (zit. nach: Karl Scheffler, Karl Hagemeister, in: Kunst und Künstler, Heft 8, 1910, S. 417). Im Spiel mit Fernsicht und Nahsicht, Illusion sowie dem Offenlegen der Gemachtheit des Bildes gelingt es Hagemeister, die Bewegung im Sehprozess des Betrachters zu aktivieren. Insofern wohnt unserer Welle eine auf abstrakten Expressionismus oder Informel vorausweisende Modernität inne, die Gegenständlichkeit und Repräsentation in der Malerei hinter sich lässt und Farbe und Bewegung zum Selbstzweck werden lässt. Anlässlich des 75. Geburtstags von Hagemeister veranstaltet Ludwig Justi, damaliger Direktor, eine Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie, wobei der größte Saal den in Serie gehängten Wellenbildern vorbehalten ist; deren überwältigende Wirkung soll selbst den angereisten Maler beeindruckt haben. [KT]
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Karl Hagemeister
Die Woge, 1915.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000 Ergebnis:
€ 81.250 (inklusive Aufgeld)
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