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202
Georg Kolbe
Javanische Tänzerin, 1920.
Bronze mit schwarzbrauner Patina
Schätzung:
€ 120.000 Ergebnis:
€ 649.000 (inklusive Aufgeld)
Javanische Tänzerin. 1920.
Bronze mit schwarzbrauner Patina.
Auf der Plinthe unter dem rechten Fuß mit der Monogrammierung. Eines von vier oder fünf Exemplaren. Höhe: 73 cm (28,7 in).
Gegossen zwischen 1921 und 1929 von der Kunstgießerei Noack, Berlin-Friedenau.
Dr. Ursel Berger verweist auf eine geplante Auflagenhöhe von 5, jedoch lassen sich in den Werkstattbüchern von Noack nur 3 Güsse aus den Jahren 1921, 1922 und 1925 identifizieren. Das Gipsmodell ist nicht erhalten. [EH].
• Lebzeitguss, ausgeführt bei Noack, Berlin-Friedenau.
• Die Bronze war ein Geschenk an den Architekten des noch heute als Teil des Georg Kolbe Museums bestehenden Atelierhauses des Künstlers in Berlin.
• Eines von nur vier oder fünf Exemplaren.
• Der vorliegende Guss war 2020 und 2021 Teil der Ausstellungen "Moderne und Refugium: Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er-Jahre" und "Der absolute Tanz: Tänzerinnen der Weimarer Republik" im Georg Kolbe Museum.
Mit einem schriftlichen Gutachten von Frau Dr. Ursel Berger vom 24. Februar 2020.
Einladung zum VORTRAGSABEND im Rahmen unserer Berliner Vorbesichtigung:
Die Überwindung der Schwerkraft – Georg Kolbes "Javanische Tänzerin".
Vortrag von Dr. Julia Wallner, Direktorin des Georg Kolbe Museums, Berlin.
Termin : Samstag, 27. November 2021, 17 Uhr
Ort: Ketterer Kunst, Fasanenstraße 70, 10719 Berlin
Wir bitten Sie um Ihre Anmeldung unter infoberlin@kettererkunst.de oder telefonisch unter 030 - 88 67 53 63.
PROVENIENZ: Ernst Rentsch (1876-1952), Berlin/Basel (Architekt des Atelierhauses des Künstlers, seit 1929 als Geschenk vom Künstler).
Leonard Hutton Galleries, New York (um 1969-1976, wohl direkt aus dem Nachlass von Ernst Rentsch).
Privatsammlung Hessen (seit 1976, direkt beim Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Schweiz.
AUSSTELLUNG: Georg Kolbe, Galerie Cassirer, Berlin, 1921, Nr. 33 (wohl ein anderes Exemplar).
Freie Secession Berlin, Frühjahrsausstellung: Gemälde, Plastik, Februar - März 1923, Kat.-Nr. 150 (wohl ein anderes Exemplar).
Akademie der Künste, Berlin, 1924, Kat.-Nr. 301 (wohl ein anderes Exemplar).
Georg Kolbe, Kunstverein Kassel, 21.2.-15.3.1926, Kat.-Nr. 5 (wohl ein anderes Exemplar).
Georg Kolbe und der Tanz: Der schreitende, springende, wirbelnde Mensch, Georg Kolbe Museum, Berlin, 23.2.-27.4.2003; Edwin Scharff Museum am Petrusplatz, Neu-Ulm, 8.5.-20.7.2003, Nr. III, 1.
Moderne und Refugium: Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er Jahre, Georg Kolbe Museum, Berlin, 13.9.2020-11.4.2021, S. 46, Abb. 12.
Der absolute Tanz: Tänzerinnen der Weimarer Republik, Georg Kolbe Museum, Berlin, 25.4.-17.10.2021, S. 220, Abb. S. 12/13.
LITERATUR: Wilhelm R. Valentiner, Georg Kolbe. Plastik und Zeichnung, München 1922, S. 47, Abb. 47.
Georg Kolbe. 100 Lichtdrucktafeln, Marburg 1931, Taf. 23.
Anita Beloubek-Hammer, in: Ursel Berger (Hrsg.), Georg Kolbe 1877-1947, München-New York 1997, S. 77 mit Abb. S. 76 (wohl anderes Exemplar).
Claudia Marcy, in: Ursel Berger, Josephine Gabler (Hrsg.), Georg Kolbe. Wohn- und Atelierhaus. Architektur und Geschichte, Berlin 2000, Abb. S. 33 (anderes Exemplar).
Villa Grisebach, Berlin, Auktion 24.11.2000, Los 43.
Elisa Tamaschke, in: Julia Wallner (Hrsg.), Georg Kolbe, Berlin 2017, S. 66-70, 74-75, m. Abb. (ev. anderes Exemplar, S. 69 anderes Exemplar).
"Kolbe ist dahin gekommen, die Natur ohne Anstrengung als Kunstform und die Kunstform als Natur wahrzunehmen."
Karl Scheffler 1923 zur "Javanischen Tänzerin", Lebzeitguss, ausgeführt bei Noack, Friedenau.
Bronze mit schwarzbrauner Patina.
Auf der Plinthe unter dem rechten Fuß mit der Monogrammierung. Eines von vier oder fünf Exemplaren. Höhe: 73 cm (28,7 in).
Gegossen zwischen 1921 und 1929 von der Kunstgießerei Noack, Berlin-Friedenau.
Dr. Ursel Berger verweist auf eine geplante Auflagenhöhe von 5, jedoch lassen sich in den Werkstattbüchern von Noack nur 3 Güsse aus den Jahren 1921, 1922 und 1925 identifizieren. Das Gipsmodell ist nicht erhalten. [EH].
• Lebzeitguss, ausgeführt bei Noack, Berlin-Friedenau.
• Die Bronze war ein Geschenk an den Architekten des noch heute als Teil des Georg Kolbe Museums bestehenden Atelierhauses des Künstlers in Berlin.
• Eines von nur vier oder fünf Exemplaren.
• Der vorliegende Guss war 2020 und 2021 Teil der Ausstellungen "Moderne und Refugium: Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er-Jahre" und "Der absolute Tanz: Tänzerinnen der Weimarer Republik" im Georg Kolbe Museum.
Mit einem schriftlichen Gutachten von Frau Dr. Ursel Berger vom 24. Februar 2020.
Einladung zum VORTRAGSABEND im Rahmen unserer Berliner Vorbesichtigung:
Die Überwindung der Schwerkraft – Georg Kolbes "Javanische Tänzerin".
Vortrag von Dr. Julia Wallner, Direktorin des Georg Kolbe Museums, Berlin.
Termin : Samstag, 27. November 2021, 17 Uhr
Ort: Ketterer Kunst, Fasanenstraße 70, 10719 Berlin
Wir bitten Sie um Ihre Anmeldung unter infoberlin@kettererkunst.de oder telefonisch unter 030 - 88 67 53 63.
PROVENIENZ: Ernst Rentsch (1876-1952), Berlin/Basel (Architekt des Atelierhauses des Künstlers, seit 1929 als Geschenk vom Künstler).
Leonard Hutton Galleries, New York (um 1969-1976, wohl direkt aus dem Nachlass von Ernst Rentsch).
Privatsammlung Hessen (seit 1976, direkt beim Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Schweiz.
AUSSTELLUNG: Georg Kolbe, Galerie Cassirer, Berlin, 1921, Nr. 33 (wohl ein anderes Exemplar).
Freie Secession Berlin, Frühjahrsausstellung: Gemälde, Plastik, Februar - März 1923, Kat.-Nr. 150 (wohl ein anderes Exemplar).
Akademie der Künste, Berlin, 1924, Kat.-Nr. 301 (wohl ein anderes Exemplar).
Georg Kolbe, Kunstverein Kassel, 21.2.-15.3.1926, Kat.-Nr. 5 (wohl ein anderes Exemplar).
Georg Kolbe und der Tanz: Der schreitende, springende, wirbelnde Mensch, Georg Kolbe Museum, Berlin, 23.2.-27.4.2003; Edwin Scharff Museum am Petrusplatz, Neu-Ulm, 8.5.-20.7.2003, Nr. III, 1.
Moderne und Refugium: Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er Jahre, Georg Kolbe Museum, Berlin, 13.9.2020-11.4.2021, S. 46, Abb. 12.
Der absolute Tanz: Tänzerinnen der Weimarer Republik, Georg Kolbe Museum, Berlin, 25.4.-17.10.2021, S. 220, Abb. S. 12/13.
LITERATUR: Wilhelm R. Valentiner, Georg Kolbe. Plastik und Zeichnung, München 1922, S. 47, Abb. 47.
Georg Kolbe. 100 Lichtdrucktafeln, Marburg 1931, Taf. 23.
Anita Beloubek-Hammer, in: Ursel Berger (Hrsg.), Georg Kolbe 1877-1947, München-New York 1997, S. 77 mit Abb. S. 76 (wohl anderes Exemplar).
Claudia Marcy, in: Ursel Berger, Josephine Gabler (Hrsg.), Georg Kolbe. Wohn- und Atelierhaus. Architektur und Geschichte, Berlin 2000, Abb. S. 33 (anderes Exemplar).
Villa Grisebach, Berlin, Auktion 24.11.2000, Los 43.
Elisa Tamaschke, in: Julia Wallner (Hrsg.), Georg Kolbe, Berlin 2017, S. 66-70, 74-75, m. Abb. (ev. anderes Exemplar, S. 69 anderes Exemplar).
"Kolbe ist dahin gekommen, die Natur ohne Anstrengung als Kunstform und die Kunstform als Natur wahrzunehmen."
Karl Scheffler 1923 zur "Javanischen Tänzerin", Lebzeitguss, ausgeführt bei Noack, Friedenau.
Menschen aus fernen Kulturen
Als eine Folge des Kolonialismus erlebten sogenannte 'Völkerschauen' seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa eine besondere Popularität. Menschen aus fernen Kulturen werden in Zoos, im Zirkus, auf Jahrmärkten, mit Volksfesten, in Varietés und auf Weltausstellungen in möglichst heimischer Kulisse präsentiert und das tägliche Leben wie auf einer überdimensionierten Bühne für die Besucher nachgestellt, wie hier geschehen mit den vier javanischen Tänzerinnen in einem Dorf auf der Weltausstellung in Paris 1889.
Tanz als Quelle der Inspiration
Um 1900 ändern sich die Bedingungen für die Tänzer; sie werden für die Hochkultur des Tanzes entdeckt und es beginnt ein reger Austausch zwischen den Ländern in Europa und etwa Asien. Und auch die bildenden Künstler ergründen den Tanz als Quelle der Inspiration, nehmen deren ausdrucksstarke Gebärden auf in ihr bildhauerisches Repertoire. Sie werden fündig in Begegnungen mit entfernten Kulturkreisen, die sich in der Kulturmetropole Berlin vor und nach dem Ersten Weltkrieg etablieren. So tourt die japanische Tänzerin Ota Hisa, besser bekannt als Madame Hanako, mit Beginn des 20. Jahrhunderts bis Anfang der 1920er Jahre durch Europa und begegnet wohl schon 1906 Auguste Rodin in Marseille. Sie kann den Bildhauer über Jahre nicht nur für die Modellierung zahlreicher Masken, sondern auch für unzählige Bewegungsstudien begeistern. Und auch die in Berlin lebende Deutsch-Japanerin Taka-Taka fasziniert die Tanzwelt und steht Georg Kolbe 1911 Modell für eine der ersten berühmt gewordenen Bronzen des Künstlers, die „Japanerin“.
Auch Stars der "Ballets Russes", etwa Waslaw Nijinsky und Tamara Karsawina, besuchen Kolbe 1912 während ihres Berliner Gastspiels. Faszinierende Bleistiftskizzen, Pinselzeichnungen und Skulpturen dokumentieren diese für den Künstler wichtige Begegnung. Auch August Macke erliegt deren Zauber und malt 1912 „Russisches Ballett“ (heute: Kunsthalle Bremen). Das Zusammentreffen Kolbes mit den unterschiedlichen Tänzermodellen ist dokumentiert mit Zeichnungen, Plastiken und Fotografien. So wirken die ,sakralen' Tänze der Charlotte Bara in zahlreichen Aquarellen und Plastiken Anfang der 1920er Jahre nachhaltig auf den Bildhauer. Es haben sich Zeichnungen der leidenschaftlichen Tänze einer Vera Skoronel erhalten, und es sind für den modernen Tanz beispielhafte Posen der Choreografin Gret Palucca belegt.
Besonders virtuos ist die Plastik einer ‚javanischen Tänzerin', der Kolbe 1920 in Berlin begegnet und die er modelliert. Die Identität der Tänzerin ist nicht geklärt; möglicherweise handelt es sich wieder um die Deutsch-Japanerin Taka-Taka, die auch mit Tänzen der javanischen Tanztradition auftritt und den tanzbegeisterten Bildhauer mit extremer Haltung erneut zur plastischen Nachbildung anregt. Ihre Bühne ist eine stilisierte Blüte, auf der die eng anschmiegend bekleidete Tänzerin ihre Figur entwickelt, auf den rechten Zehen stehend eine den ganzen Körper einnehmende Spannung aufnimmt und mit leicht gebeugten Knien, die Hände auf Schulterhöhe ausgestreckt, die exaltiert anmutende Balance hält, wie eine von Kolbe in Auftrag gegebene Fotografie der Tänzerin verdeutlicht.
Expression des ethnologisch Fremden
Die Schilderung des deutschen Dichters Max Dauthendey, der auf der indonesischen Insel Java lebt und 1915 über die dortige Musik und den Tanz schreibt, kann die Expression dieses ethnologisch Fremden untermalen, wenn er berichtet: „Diese Musik ist so traumhaft. Sie ist wie eine unwillkürliche Musik und wird von zehn bis zwanzig Javanern zugleich auf vielen Instrumenten gespielt, die zusammen ,Gamelang’ heißen. Das ist die Musik, die man hören würde, wenn Mondschein Musik würde, wenn Tautropfen Musik würden, wenn Orangenduft Musik würde, und wenn die zarte Tanzbewegung nackter Javaninnen Musik würde und auch wenn ein angezündetes Feuer in Musik abbrennen würde. [..] Und die Arme werden Flügel, und der Tänzer und die Tänzerinnen werden zuletzt wie Blumen, stillstehend und wiegen sich wie Blumen im Nachtwind viertelstundenlang auf gleicher Stelle und lassen die Finger und Handflächen statt der Füße tanzen und die Arme in den Gelenken wie die Blumen ihre Blüten und Blattzweige in der Luft sanft rhythmisch bewegen, wenn die Luft sie anatmet. Es ist aber auch, als ob die Musik diese stillstehenden Tänzer anatmete und sie davon nur die Füße kaum merklich ein wenig drehten. Hauptsächlich tanzen aber die wundervollen Hände, diese schönsten Hände und Finger der Welt, die sicher Lichtstrahlen aus den schlanken Fingerspitzen ausstrahlen können, die wir mit unseren groben Augen nur nicht sehen können.“ (Max Dauthendey, Javanischer Tanz. Aus einem Brief Max Dauthendeys, in: Du, Kulturelle Monatsschrift, Bd. 10, 1950, H 5, S. 64).
Provenienz
Laut Auskunft von Ursel Berger existieren nach den Gussbüchern bei Noack nur drei von diesen bezaubernden Güssen: Die vorliegende Bronze ist ein Geschenk Georg Kolbes an den Architekten seines Atelierhauses Ernst Rentsch (1876-1952). Dieser bedankt sich am 12. August 1929: „Das war heute eine Überraschung. Ihre feine Arbeit und Ihr lieber Brief, beides macht mich glücklich. Nehmen Sie heissen Dank.“ (Archiv Georg-Kolbe-Museum). Ernst Rentsch verlässt Berlin Anfang der 1930er Jahre und kehrt mit der „Javanischen Tänzerin“ in seine Heimatstadt Basel zurück. [MvL]
Als eine Folge des Kolonialismus erlebten sogenannte 'Völkerschauen' seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa eine besondere Popularität. Menschen aus fernen Kulturen werden in Zoos, im Zirkus, auf Jahrmärkten, mit Volksfesten, in Varietés und auf Weltausstellungen in möglichst heimischer Kulisse präsentiert und das tägliche Leben wie auf einer überdimensionierten Bühne für die Besucher nachgestellt, wie hier geschehen mit den vier javanischen Tänzerinnen in einem Dorf auf der Weltausstellung in Paris 1889.
Tanz als Quelle der Inspiration
Um 1900 ändern sich die Bedingungen für die Tänzer; sie werden für die Hochkultur des Tanzes entdeckt und es beginnt ein reger Austausch zwischen den Ländern in Europa und etwa Asien. Und auch die bildenden Künstler ergründen den Tanz als Quelle der Inspiration, nehmen deren ausdrucksstarke Gebärden auf in ihr bildhauerisches Repertoire. Sie werden fündig in Begegnungen mit entfernten Kulturkreisen, die sich in der Kulturmetropole Berlin vor und nach dem Ersten Weltkrieg etablieren. So tourt die japanische Tänzerin Ota Hisa, besser bekannt als Madame Hanako, mit Beginn des 20. Jahrhunderts bis Anfang der 1920er Jahre durch Europa und begegnet wohl schon 1906 Auguste Rodin in Marseille. Sie kann den Bildhauer über Jahre nicht nur für die Modellierung zahlreicher Masken, sondern auch für unzählige Bewegungsstudien begeistern. Und auch die in Berlin lebende Deutsch-Japanerin Taka-Taka fasziniert die Tanzwelt und steht Georg Kolbe 1911 Modell für eine der ersten berühmt gewordenen Bronzen des Künstlers, die „Japanerin“.
Auch Stars der "Ballets Russes", etwa Waslaw Nijinsky und Tamara Karsawina, besuchen Kolbe 1912 während ihres Berliner Gastspiels. Faszinierende Bleistiftskizzen, Pinselzeichnungen und Skulpturen dokumentieren diese für den Künstler wichtige Begegnung. Auch August Macke erliegt deren Zauber und malt 1912 „Russisches Ballett“ (heute: Kunsthalle Bremen). Das Zusammentreffen Kolbes mit den unterschiedlichen Tänzermodellen ist dokumentiert mit Zeichnungen, Plastiken und Fotografien. So wirken die ,sakralen' Tänze der Charlotte Bara in zahlreichen Aquarellen und Plastiken Anfang der 1920er Jahre nachhaltig auf den Bildhauer. Es haben sich Zeichnungen der leidenschaftlichen Tänze einer Vera Skoronel erhalten, und es sind für den modernen Tanz beispielhafte Posen der Choreografin Gret Palucca belegt.
Besonders virtuos ist die Plastik einer ‚javanischen Tänzerin', der Kolbe 1920 in Berlin begegnet und die er modelliert. Die Identität der Tänzerin ist nicht geklärt; möglicherweise handelt es sich wieder um die Deutsch-Japanerin Taka-Taka, die auch mit Tänzen der javanischen Tanztradition auftritt und den tanzbegeisterten Bildhauer mit extremer Haltung erneut zur plastischen Nachbildung anregt. Ihre Bühne ist eine stilisierte Blüte, auf der die eng anschmiegend bekleidete Tänzerin ihre Figur entwickelt, auf den rechten Zehen stehend eine den ganzen Körper einnehmende Spannung aufnimmt und mit leicht gebeugten Knien, die Hände auf Schulterhöhe ausgestreckt, die exaltiert anmutende Balance hält, wie eine von Kolbe in Auftrag gegebene Fotografie der Tänzerin verdeutlicht.
Expression des ethnologisch Fremden
Die Schilderung des deutschen Dichters Max Dauthendey, der auf der indonesischen Insel Java lebt und 1915 über die dortige Musik und den Tanz schreibt, kann die Expression dieses ethnologisch Fremden untermalen, wenn er berichtet: „Diese Musik ist so traumhaft. Sie ist wie eine unwillkürliche Musik und wird von zehn bis zwanzig Javanern zugleich auf vielen Instrumenten gespielt, die zusammen ,Gamelang’ heißen. Das ist die Musik, die man hören würde, wenn Mondschein Musik würde, wenn Tautropfen Musik würden, wenn Orangenduft Musik würde, und wenn die zarte Tanzbewegung nackter Javaninnen Musik würde und auch wenn ein angezündetes Feuer in Musik abbrennen würde. [..] Und die Arme werden Flügel, und der Tänzer und die Tänzerinnen werden zuletzt wie Blumen, stillstehend und wiegen sich wie Blumen im Nachtwind viertelstundenlang auf gleicher Stelle und lassen die Finger und Handflächen statt der Füße tanzen und die Arme in den Gelenken wie die Blumen ihre Blüten und Blattzweige in der Luft sanft rhythmisch bewegen, wenn die Luft sie anatmet. Es ist aber auch, als ob die Musik diese stillstehenden Tänzer anatmete und sie davon nur die Füße kaum merklich ein wenig drehten. Hauptsächlich tanzen aber die wundervollen Hände, diese schönsten Hände und Finger der Welt, die sicher Lichtstrahlen aus den schlanken Fingerspitzen ausstrahlen können, die wir mit unseren groben Augen nur nicht sehen können.“ (Max Dauthendey, Javanischer Tanz. Aus einem Brief Max Dauthendeys, in: Du, Kulturelle Monatsschrift, Bd. 10, 1950, H 5, S. 64).
Provenienz
Laut Auskunft von Ursel Berger existieren nach den Gussbüchern bei Noack nur drei von diesen bezaubernden Güssen: Die vorliegende Bronze ist ein Geschenk Georg Kolbes an den Architekten seines Atelierhauses Ernst Rentsch (1876-1952). Dieser bedankt sich am 12. August 1929: „Das war heute eine Überraschung. Ihre feine Arbeit und Ihr lieber Brief, beides macht mich glücklich. Nehmen Sie heissen Dank.“ (Archiv Georg-Kolbe-Museum). Ernst Rentsch verlässt Berlin Anfang der 1930er Jahre und kehrt mit der „Javanischen Tänzerin“ in seine Heimatstadt Basel zurück. [MvL]
202
Georg Kolbe
Javanische Tänzerin, 1920.
Bronze mit schwarzbrauner Patina
Schätzung:
€ 120.000 Ergebnis:
€ 649.000 (inklusive Aufgeld)
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