310
Philipp Otto Runge
Neujahrsglückwunsch, 1800.
ScherenschnittAquarell. Schwarzes und weißes Gl...
Schätzung:
€ 50.000 Ergebnis:
€ 75.000 (inklusive Aufgeld)
Neujahrsglückwunsch. 1800.
ScherenschnittAquarell. Schwarzes und weißes Glanzpapier, teilweise farbig hinterlegt mit Spuren von Goldpigment. Kaschiert auf Karton.
Richter 31. Unten mittig signiert und datiert "P. Runge f. 1800. Janr. I.". Gesamt: 27,1 x 41,7 cm (10,6 x 16,4 in). Scherenschnitt: 23 x 36 cm (9,1 x 14,2 in).
PROVENIENZ: Privatsammlung Niedersachsen (seit vier Generationen in Familienbesitz).
LITERATUR: Otto Böttcher, Philipp Otto Runge: sein Leben, Wirken und Schaffen, Hamburg 1937, S. 142-143 (mit Abb. Taf. 7).
Cornelia Richter, Philipp Otto Runge: "Ich weiß eine schöne Blume". Werkverzeichnis der Scherenschnitte, München 1981, S. 15, 21.
„Ich habe mich immer von Jugend auf danach gesehnt, Worte zu finden, oder Zeichen, oder irgend etwas, womit ich mein inneres Gefühl, das eigentlich, was sich in meinen schönsten Stunden so ruhig und lebendig in mir auf und ab bewegt, Andern deutlich machen könnte.“
Philipp Otto Runge 1801 in Dresden, in: Hinterlassene Schriften, 1. Teil, hrsg. von Johann Daniel Runge, Hamburg 1840, S. 4.
ScherenschnittAquarell. Schwarzes und weißes Glanzpapier, teilweise farbig hinterlegt mit Spuren von Goldpigment. Kaschiert auf Karton.
Richter 31. Unten mittig signiert und datiert "P. Runge f. 1800. Janr. I.". Gesamt: 27,1 x 41,7 cm (10,6 x 16,4 in). Scherenschnitt: 23 x 36 cm (9,1 x 14,2 in).
PROVENIENZ: Privatsammlung Niedersachsen (seit vier Generationen in Familienbesitz).
LITERATUR: Otto Böttcher, Philipp Otto Runge: sein Leben, Wirken und Schaffen, Hamburg 1937, S. 142-143 (mit Abb. Taf. 7).
Cornelia Richter, Philipp Otto Runge: "Ich weiß eine schöne Blume". Werkverzeichnis der Scherenschnitte, München 1981, S. 15, 21.
„Ich habe mich immer von Jugend auf danach gesehnt, Worte zu finden, oder Zeichen, oder irgend etwas, womit ich mein inneres Gefühl, das eigentlich, was sich in meinen schönsten Stunden so ruhig und lebendig in mir auf und ab bewegt, Andern deutlich machen könnte.“
Philipp Otto Runge 1801 in Dresden, in: Hinterlassene Schriften, 1. Teil, hrsg. von Johann Daniel Runge, Hamburg 1840, S. 4.
Die Scherenschnitte Philipp Otto Runges zählen zu den faszinierendsten und schönsten Preziosen, die die Zeit der Frühromantik hervorbringt. Zeit seines Lebens widmet sich Runge dieser Technik des „Papierschnitzens“, die er von seiner älteren Schwester erlernt und mit der er sich selbst während langer Jahre der Krankheit im Kindes- und Jugendalter beschäftigt. Zunächst ist sein Weg ein anderer als der des Künstlers, als er 1795 mit seinem älteren Bruder Daniel nach Hamburg geht, um dort bei dessen Handelsgesellschaft Hülsenbeck, Runge & Co. den Kaufmannsberuf zu ergreifen. Die Erlaubnis des Vaters zum Einschlagen der Malerlaufbahn 1799 versetzt ihn in höchste Freude. Er wählt die nahegelegene Kunstakademie in Kopenhagen, wo er Ende Oktober 1799 eintrifft. Schnell jedoch setzt ihm der Akademiebetrieb zu, bei dem er sich von seinen Lehrern Nicolai Abildgaard und Jens Juel vernachlässigt fühlt, ebenso wie die Kommilitonen und der dortige Umgang, den er „gewaltig philistermäßig“ findet. Im Dezember schreibt der gerade 22-jährige Runge ernüchterte und sehnsuchtsvolle Briefe an Familie und Freunde nach Hamburg, darunter an Friedrich Christoph Perthes und seinen Bruder Daniel. In Briefen dieser Zeit, aber auch in den späteren Bildwerken wie den Porträts der Eltern, Geschwister, Freunde und Familien wird immer wieder deutlich, welchen essenziellen Wert Runge solchen innigen zwischenmenschlichen Beziehungen im Leben sowie in der Kunst beimisst. Das Klima frühromantischer Empfindsamkeit lässt den harmonischen Gleichklang zwischen freundschaftlich verbundenen Seelen als Movens der Kreativität in den Fokus treten. Hierzu dienen Runge die Scherenschnitte immer wieder als Freundschaftsgaben, die er zur unterschiedlichen Verwendung als Stickschablonen, Dekorationen für Tapeten oder Lampenschirme oder als Grußkarten seinen Briefen beilegt. Es entstehen unterschiedlichste Motive wie die Stadtsilhouette von Wolgast, kleine Tiere, Genre- und literarische Szenen oder Porträts, und nicht zuletzt die Blumenschnitte, die auch Johann Wolfgang von Goethe, den Runge 1803 kennenlernt, so schätzt. Teil eines solchen Austausches ist auch dieser Neujahrsglückwunsch, in dessen fein ziselierte Schnittweise Runge sein ganzes Können einbringt. Davon zeugt ebenso die komplexe Allegorik der Szenerie. Zur Linken findet sich ein kleiner Rundtempel, von dessen Altar, flankiert von zwei Genien, gunstbringender Rauch aufsteigt. Darunter hat der Eremit in der Höhle die Zufriedenheit wohl bereits gefunden, nach der – den das Ziel weisenden ausgestreckten Armen nach zu urteilen – die Reisenden in Kutsche und Schiff, zu Land und zu Wasser noch zu streben scheinen. Selbstgenügsam sitzt der flötenspielende Hirte an der Flanke des Berges. Die Landschaft wird gerahmt von einer Kartusche aus Eichenlaub, in die verschiedene Symbole verwoben sind: Hermesstäbe, Winkel und Zirkel, Sense und Dreschflegel sowie Gewehre und Messer verweisen wohl auf Handel, Handwerk, Landwirtschaft und Jagd. Am unteren Rand finden sich die Künste der Musik, Poesie, Gesang und Tanz, Malerei, Bildhauerei und – schwieriger zu entziffern – mit dem Globus womöglich ein Verweis auf Sternenkunde, Geometrie oder Philosophie. Darüber hinaus klingen mit der Weltkugel auch bereits die wechselnden Tageszeiten an, die wenig später zu Runges bekanntestem Werk avancieren. Die unterschiedlichen Musikinstrumente erlauben zudem eine Deutung als literarische Gattungen der epischen und lyrischen Dichtkunst oder auch der Geschichtsschreibung und Poesie. Am prägnantesten setzt Runge in diese Rahmung Referenzen auf ein funktionierendes Staatswesen: links die Rechtsprechung mit Waage, Gesetzbuch und Ketten, rechts Standarten und Helm als Zeichen militärischer Stärke, gekrönt vom preußischen Adler, die die Harmonie des kleinen Kosmos gewährleisten und behüten. Das Eichenlaub verleiht der Allegorie zusätzlich ewigen Gültigkeitsanspruch und Stabilität. Runge überführt die kindliche Technik und ihren Selbstzweck des heiteren Dilettantismus in außergewöhnliche Feinheit und inhaltliche Reflexion. Schon 1797 schreibt er an seinen Freund Johann Heinrich Besser, wie selbstverständlich ihm die Schere als Verlängerung der Finger erscheint. Als unmittelbarer Ausdruck einer künstlerisch-empfindsamen Seele, deren höchstes Gut ihre Unverstelltheit und ursprüngliche Annäherung an die Welt und andere Menschen ist, zeigt sich in dem zarten Papiergebilde die Tiefe und Innigkeit der guten Wünsche, die Runge auf so zauberhafte Weise an die Empfänger zu übermitteln sucht. [KT]
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Philipp Otto Runge
Neujahrsglückwunsch, 1800.
ScherenschnittAquarell. Schwarzes und weißes Gl...
Schätzung:
€ 50.000 Ergebnis:
€ 75.000 (inklusive Aufgeld)
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