Auktion: 518 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 17.06.2021 in München Lot 43

 

43
Paul Baum
Flusslandschaft mit Weiden, Wohl 1896.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 45.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Flusslandschaft mit Weiden. Wohl 1896.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten signiert. Verso auf dem Keilrahmen handschriftlich bezeichnet sowie mit Etiketten der Kunsthandlung Cassirer, Berlin/Hamburg. 44 x 59,5 cm (17,3 x 23,4 in).

• Paul Baum gilt als einer der bedeutendsten Neo-Impressionisten in Deutschland, unterstützt von Paul Cassirer.
• Eine der frühen, von pointillistischer Malweise beeinflussten Landschaften, entstanden nach der Begegnung mit der Kunst Camille Pissarros und Théo van Rysselberghes.
• Charakteristisches Motiv der Flusslandschaft mit Kopfweiden, ab 1895 prägend für sein Werk, nachdem sich Baum im niederländischen St. Anna-ter-Muiden niederlässt.
• Werke von Paul Baum befinden sich u.a. im Albertinum - Gemäldegalerie Neue Meister, Dresden, der Alten Nationalgalerie Berlin sowie im Wallraff-Richartz-Museum Köln
.

Wir danken den Erben von Herrn Dr. Wolfram Hitzeroth, Paul Baum Archiv Marburg, für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland.

AUSSTELLUNG: Sommerausstellung, Kunstsalon Bruno & Paul Cassirer, Berlin, 17.5.-30.9.1901 (ohne Kat., vermutl. "Flußlandschaft mit Baumreihe am jenseitigen Ufer").

LITERATUR: Bernhard Echte, Walter Feilchenfeldt (Hrsg.), "Das Beste aus aller Welt zeigen", Kunstsalon Bruno & Paul Cassirer, Die Ausstellungen 1898-1901, Wädenswil 2011, S. 480, 483.

Bevor sich Paul Baum in den 1890er Jahren einer gemäßigten divisionistischen Malweise zuwendet, stehen seine Arbeiten nach dem Studium in Dresden und Weimar sowie Aufenthalten in der Künstlerkolonie Dachau zunächst noch vor allem unter dem Einfluss der französischen Schule von Barbizon. Besonders in Weimar hatte bereits früh im Vergleich zu anderen Zentren der Landschaftsmalerei in Deutschland eine Hinwendung zur Plein-Air-Malerei und einer realistischeren Landschaftsauffassung stattgefunden. Schon während seines Studiums begeistert sich Baum darüber hinaus für die stimmungsvolle Lichtregie der holländischen Maler des Goldenen Zeitalters wie Jacob van Ruisdael und unternimmt Reisen nach Holland. 1890 folgt ein erster kurzer Aufenthalt in Paris, während dem Baum mit den Werken der französischen Impressionisten wie Claude Monet, Camille Pissarro und Alfred Sisley in Kontakt kommt. Deren tupfenartige Pinselschrift, in der die unzähligen Nuancen des Lichtes und der Farbe eingefangen werden, bewirken bei Baum eine Änderung seiner Malweise. Auf der Suche nach Motiven, in denen sich diese lichtdurchtränkte Atmosphäre einfangen ließe, begibt sich Baum anschließend in den kleinen Badeort Knokke-sur-mer (heute Knokke-Heist) in Belgien, in dem sich zu der Zeit mit Camille Pissarro, Henry van de Velde und Théo van Rysselberghe bedeutende Vertreter des Pointillismus und Neoimpressionismus aufhalten. Mit Rysselberghe besucht Baum wohl auch die Ausstellungen der avantgardistischen „Libre Esthétique“ in Brüssel. Er lässt sich 1895 im nicht weit entfernten niederländischen St. Anna-ter -Muiden nieder, wo die weite, flache Landschaft mit ihren Kanälen und Wasserstraßen zum zentralen Motiv seines Schaffens wird. Die feine, komma-artige Pinselschrift Pissarros oder Sisleys, zu sehen in Motivdarstellungen der baumbestandenen Ufer-Alleen an der Loing und der Seine, mischt sich bei Baum mit dem beginnenden Interesse für den Divisionismus, einem Prinzip der Neoimpressionisten, nach dem die Farbigkeit in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und in Tupfen nebeneinandergesetzt wird. So finden sich auch bei Baum Violett-, Gelb-, Grün-Töne, die jedoch ungemein sensibler und flirrender wirken und die zarte Kühle der noch blass-hellen, vorfrühlingshaften Landschaft wiedergeben.
Baum und der Berliner Galerie Paul Cassirer ist das Verdienst zuzuschreiben, dem Neoimpressionismus in Deutschland den Weg geebnet zu haben. Nach anfänglicher Kritik hatte sich dieser in Frankreich um 1900 bereits theoretisiert und etabliert. Eine erste Ausstellung neoimpressionistisch inspirierter Werke Baums in Dresden 1895 ruft ebenfalls noch heftige Kritik hervor. Als unsere Landschaft dann 1901 bei Cassirer neben Werken von Monet, Pissarro und Sisley präsentiert wird (hier u. a. Sisleys "Flussufer mit Pappelallee bei Moret", 1888, von Monet "Flussufer mit Weidenbäumen") wird bereits deutlich, dass Paul Baum unter den wenigen deutschen Künstlern, die mit dem Divisionismus eigenständig und souverän umgehen, eine herausragende Position einnimmt. [KT]



43
Paul Baum
Flusslandschaft mit Weiden, Wohl 1896.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 45.000

(inkl. Käuferaufgeld)