152
Theodor Baierl
Die Gefeierte / Der Besuch, Um 1925.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 10.000 Ergebnis:
€ 12.500 (inkl. Käuferaufgeld)
Die Gefeierte / Der Besuch. Um 1925.
Öl auf Holz.
Rechts unten signiert/ Verso auf dem Galerieetikett bezeichnet und betitelt. 38,5 x 39 cm (15,1 x 15,3 in). und 54 x 43 cm (21,2 x 16,9 in).
• Theodor Baierl studiert an der Königlichen Akademie in München bei Franz von Stuck.
• Er ist in Bayern vor allem als Kirchenmaler bekannt, wendet sich nach dem Ersten Weltkrieg den zeitgenössischen Kunstrichtungen zu.
• Baierl nimmt in den 1920er Jahren mehrfach an den Kollektivausstellungen des Münchner Glaspalastes teil.
PROVENIENZ: Galerie Neupert, Zürich. ("Der Besuch" verso mit dem Galerieetikett)
Privatsammlung Portugal.
LITERATUR: Dobiaschofsky Auktionen, Bern, November 2012, Los 540.
Öl auf Holz.
Rechts unten signiert/ Verso auf dem Galerieetikett bezeichnet und betitelt. 38,5 x 39 cm (15,1 x 15,3 in). und 54 x 43 cm (21,2 x 16,9 in).
• Theodor Baierl studiert an der Königlichen Akademie in München bei Franz von Stuck.
• Er ist in Bayern vor allem als Kirchenmaler bekannt, wendet sich nach dem Ersten Weltkrieg den zeitgenössischen Kunstrichtungen zu.
• Baierl nimmt in den 1920er Jahren mehrfach an den Kollektivausstellungen des Münchner Glaspalastes teil.
PROVENIENZ: Galerie Neupert, Zürich. ("Der Besuch" verso mit dem Galerieetikett)
Privatsammlung Portugal.
LITERATUR: Dobiaschofsky Auktionen, Bern, November 2012, Los 540.
In den 1920er Jahren beginnt sich in Deutschland und anderen europäischen Ländern eine andere Moderne zu formieren, die wieder zu realistischeren Darstellungen zurückkehrt und sich von Expressionismus und Abstraktion abwendet. Zurückgreifend auf das technische Arsenal Alter Meister der deutschen und italienischen Renaissance erwacht ein neues Interesse an Figuration und Tradition. Ungefähr zeitgleich sind lose Strömungen und Gruppierungen in Frankreich und Italien auszumachen, etwa die pittura metafisica eines Giorgio de Chirico oder die theoretische Untermauerung eines neuen Klassizismus, dem sich auch Pablo Picasso anschließt, durch Jean Cocteau mit seinem 1926 erschienenen Essaiband „Rappel à l‘ordre“. In Deutschland wird 1925 mit einer Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle eine Bewegung aus der Taufe gehoben, die für die kulturhistorische Wahrnehmung der Weimarer Republik ungemein prägend ist: unter der Leitung des damaligen Direktors Gustav Friedrich Hartlaub wird die Überblicksschau „Die Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“ gezeigt. Darunter befinden sich Werke von Karl Hubbuch, Alexander Kanoldt, Georg Schrimpf sowie Rudolf Schlichter. Nicht nur der Surrealismus entdeckt um diese Zeit eine psychoanalytische, unsichtbar präsente Ebene hinter den Objekten und der Dingwelt für sich. Auch der deutsche Kunsthistoriker Franz Roh formuliert in seiner Schrift „Nach-Expressionismus: Magischer Realismus. Probleme der neuesten europäischen Malerei“ von 1925 das Anliegen dieser neuen Strömungen, in von persönlichem Ausdruck gereinigter, scheinbar objektiver Bildsprache dennoch eine unsichtbare, wachtraumartige Atmosphäre zu erzeugen. Diese Vermischung von realistisch-figurativen Elementen mit einer Phantastik des Raumes und der Verunklärung erzählerischer Zusammenhänge findet sich auch in den beiden wohl als Pendants zu verstehenden Gemälden Baierls. Zwar von unterschiedlichem Format, ergeben sich doch durch die gleichen Figuren und die ähnliche Raumsituation Übereinstimmungen, die sich jedoch nicht zur Gänze entschlüsseln lassen. In „Der Besuch“ scheint sich der männliche Gast wohl aus dem Freudenhaus zu verabschieden, obwohl sich die in ein schimmerndes rosiges Seidentuch gehüllte Dame gerade an ihrem Toilettentisch vor dem Spiegel zurechtzumachen scheint. „Die Gefeierte“ dagegen liegt – anzüglicherweise nur noch mit Schuhen bekleidet – ermattet am Boden, abgeschnittene Rosenblüten sind wie als Symbol für die verlorene Unschuld neben ihr herabgefallen. Das Schachbrettmuster des Treppenhauses und die Spielkarten – als erste Karte liegt aufgedeckt das Spaten-As als Karte des Todes – verweisen symbolisch auf die unberechenbaren Zufälle des Lebens. Hier scheint der Besucher jedoch gerade den merkwürdig bühnenhaften Innenraum zu betreten. Mit abgewendetem Blick, beziehungslos und entfremdet von dem sie umgebenden Raum zeigt Baierl die Figuren in einer für die anfangs genannten Bewegungen so charakteristischen Bildsprache.
Baierl selbst studiert an der Münchner Akademie u.a. bei Hugo von Habermann und Franz von Stuck. Er ist zunächst als Kirchenmaler und Freskant tätig, bevor er um 1915 in der Münchner Secession auszustellen beginnt. Sowohl seine Motive als auch seine Technik verraten ein kunsthistorisches Bewusstsein, dass sich vor allem an der Malerei des italienischen Quattrocento orientiert. Wie in den Werken Vittore Carpaccios oder Piero della Francescas konstruiert Baierl hier tief in den Raum hineinführende Perspektiven, die jedoch zugleich verstellt und verunklärt werden. Geschult am zarten Schmelz von Tizians Venusdarstellungen gibt er die elfenbeinfarbene Haut der Dame und die eleganten Draperien wieder. Trotz der sachlichen Bildsprache scheinen die beiden Gemälde jedoch ein Geheimnis zu bergen, das immer wieder neu zur Beschäftigung mit ihnen aufruft. Seit wenigen Jahren erleben die nicht immer genau voneinander abzugrenzenden Bewegungen der Neuen Sachlichkeit und des Magischen Realismus wachsendes Interesse, dokumentiert durch Ausstellungen wie „Magic Realism Art in Weimar Germany 1919-33“, Tate Modern, London, „Unheimlich real. Italienische Malerei der 1920er Jahre“, Museum Folkwang, Essen, sowie „Die Neue Sachlichkeit in Österreich“, Albertina Wien, alle 2018/19. [KT]
Baierl selbst studiert an der Münchner Akademie u.a. bei Hugo von Habermann und Franz von Stuck. Er ist zunächst als Kirchenmaler und Freskant tätig, bevor er um 1915 in der Münchner Secession auszustellen beginnt. Sowohl seine Motive als auch seine Technik verraten ein kunsthistorisches Bewusstsein, dass sich vor allem an der Malerei des italienischen Quattrocento orientiert. Wie in den Werken Vittore Carpaccios oder Piero della Francescas konstruiert Baierl hier tief in den Raum hineinführende Perspektiven, die jedoch zugleich verstellt und verunklärt werden. Geschult am zarten Schmelz von Tizians Venusdarstellungen gibt er die elfenbeinfarbene Haut der Dame und die eleganten Draperien wieder. Trotz der sachlichen Bildsprache scheinen die beiden Gemälde jedoch ein Geheimnis zu bergen, das immer wieder neu zur Beschäftigung mit ihnen aufruft. Seit wenigen Jahren erleben die nicht immer genau voneinander abzugrenzenden Bewegungen der Neuen Sachlichkeit und des Magischen Realismus wachsendes Interesse, dokumentiert durch Ausstellungen wie „Magic Realism Art in Weimar Germany 1919-33“, Tate Modern, London, „Unheimlich real. Italienische Malerei der 1920er Jahre“, Museum Folkwang, Essen, sowie „Die Neue Sachlichkeit in Österreich“, Albertina Wien, alle 2018/19. [KT]
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