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Rudolf Schlichter
Zerrissene Welt (Abstraktion), 1917.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 140.000 Ergebnis:
€ 175.000 (inkl. Käuferaufgeld)
Zerrissene Welt (Abstraktion). 1917.
Öl auf Leinwand.
Verso auf der Leinwand handschriftlich bezeichnet "R. Schlichter 1917" sowie verso auf der Leinwand und dem Keilrahmen "66". 67,5 x 64,4 cm (26,5 x 25,3 in).
• Werke des Künstlers gehören zu den Ikonen der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts.
• Ein wegweisender Solitär im Werk von Rudolf Schlichter.
• Tiefe Erschütterung und Emotion durch seine Erlebnisse als Munitionsfahrer kulminieren in dieser Abstraktion.
• Ein sehr persönliches Gemälde, das lange im Besitz von Speedy-Schlichter, die Ehefrau des Künstlers, war.
PROVENIENZ: Sammlung Speedy-Schlichter (spätestens 1960) (mit Stempel verso auf der Leinwand, sowie auf dem Keilrahmen)
Sammlung Guido Rossi, Mailand (spätestens 1977).
AUSSTELLUNG: Berlin, Ort der Freiheit für die Kunst, Nationalgalerie der Ehemals Staatlichen Museen Berlin und der Hochschule für bildende Künste Berlin, Recklinghausen 2.6.-17.7.1960, Wien 2.8.-4.9.1960, Berlin 18.9.-6.11.1960, Nr. 114 m. Abb. (verso auf dem Keilrahmen mit einem Etikett).
Berlin XXe siècle, De l’expressionisme à l’art contemporain, Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst, Musée cantonal des beaux-arts, Lausanne 1968, (Nr. 129) 17 ill.
DaDa in Europa, Werke und Dokumente, Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut, Frankfurt, 10.11.1977-8.1.1978, Nr. 3/553.
Dada and Surrealism reviewed, Hayward Gallery, London/Arts Council of Great Britain, 11.1.-27.3.1978, Kat.-Nr. 4.63 m. Abb. (verso auf dem Keilrahmen mit einem Etikett).
Tendenzen der Zwanziger Jahre: 15. Europäische Kunstausstellung .. in der Neuen Nationalgalerie, der Akademie der Künste und der Großen Orangerie des Schlosses Charlottenburg zu Berlin, 14.8.-16.10.1977, Kat.-Nr. 3/553 (verso auf dem Keilrahmen mit einem Etikett).
„[..] Schlichter erscheint mir eine starke, repertoirereiche Begabung; schwierig zu umschreiben, festzulegen. Er ist in der glücklichen Lage, einer Manier noch nicht sich verschrieben zu haben; eine fixierte Plattform des Darstellens ist noch nicht erreicht. Dies heißt: Jedes Bild zeigt wohl ein bestimmtes Gesicht, aber die Summe seiner Bilder enthält viele Arten. Selten sah ich das Repertoire soweit zwischen Abstraktem und Gegenständlichen, Kalligraphie und Erzählung gespannt.“
Carl Einstein und Rudolf Schlichter, in: Das Kunstblatt 1920. Heft 4, S. 105f.
Öl auf Leinwand.
Verso auf der Leinwand handschriftlich bezeichnet "R. Schlichter 1917" sowie verso auf der Leinwand und dem Keilrahmen "66". 67,5 x 64,4 cm (26,5 x 25,3 in).
• Werke des Künstlers gehören zu den Ikonen der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts.
• Ein wegweisender Solitär im Werk von Rudolf Schlichter.
• Tiefe Erschütterung und Emotion durch seine Erlebnisse als Munitionsfahrer kulminieren in dieser Abstraktion.
• Ein sehr persönliches Gemälde, das lange im Besitz von Speedy-Schlichter, die Ehefrau des Künstlers, war.
PROVENIENZ: Sammlung Speedy-Schlichter (spätestens 1960) (mit Stempel verso auf der Leinwand, sowie auf dem Keilrahmen)
Sammlung Guido Rossi, Mailand (spätestens 1977).
AUSSTELLUNG: Berlin, Ort der Freiheit für die Kunst, Nationalgalerie der Ehemals Staatlichen Museen Berlin und der Hochschule für bildende Künste Berlin, Recklinghausen 2.6.-17.7.1960, Wien 2.8.-4.9.1960, Berlin 18.9.-6.11.1960, Nr. 114 m. Abb. (verso auf dem Keilrahmen mit einem Etikett).
Berlin XXe siècle, De l’expressionisme à l’art contemporain, Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst, Musée cantonal des beaux-arts, Lausanne 1968, (Nr. 129) 17 ill.
DaDa in Europa, Werke und Dokumente, Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut, Frankfurt, 10.11.1977-8.1.1978, Nr. 3/553.
Dada and Surrealism reviewed, Hayward Gallery, London/Arts Council of Great Britain, 11.1.-27.3.1978, Kat.-Nr. 4.63 m. Abb. (verso auf dem Keilrahmen mit einem Etikett).
Tendenzen der Zwanziger Jahre: 15. Europäische Kunstausstellung .. in der Neuen Nationalgalerie, der Akademie der Künste und der Großen Orangerie des Schlosses Charlottenburg zu Berlin, 14.8.-16.10.1977, Kat.-Nr. 3/553 (verso auf dem Keilrahmen mit einem Etikett).
„[..] Schlichter erscheint mir eine starke, repertoirereiche Begabung; schwierig zu umschreiben, festzulegen. Er ist in der glücklichen Lage, einer Manier noch nicht sich verschrieben zu haben; eine fixierte Plattform des Darstellens ist noch nicht erreicht. Dies heißt: Jedes Bild zeigt wohl ein bestimmtes Gesicht, aber die Summe seiner Bilder enthält viele Arten. Selten sah ich das Repertoire soweit zwischen Abstraktem und Gegenständlichen, Kalligraphie und Erzählung gespannt.“
Carl Einstein und Rudolf Schlichter, in: Das Kunstblatt 1920. Heft 4, S. 105f.
Rudolf Schlichters Helden seiner Kindheit und Jugend bewegen sich in Karl Mays Wildwest-Fantasien. Nach dem Studium in den Jahren 1911 bis 1916 an der ehrwürdigen Akademie in Karlsruhe, unter anderem bei Wilhelm Trübner und Hans Thoma, nehmen sie während Schlichters Militärdienst wieder breiten Raum in dramatischen Szenen voller ausschweifendem Gemetzel zwischen Cowboys und Indianern ein. 1916 wird Schlichter eingezogen und dient als Munitionsfahrer an der Front in Frankreich. Der potenzielle Kriegsgegner wird Zeuge eines bedingungslosen Gemetzels und tritt in den Hungerstreik. Die Zeit im Heimlazarett nutzt der traumatisierte Künstler, um die Erlebnisse und zugleich seine „Lust an blutrünstigen und abenteuerlichen Wildwestszenen“ zu kompensieren. Aus diesen erschreckend brutalen Wildwest-Szenen entwickelt Schlichter in den kommenden Jahren seine Vorliebe für jene Motive, die nicht nur seine Affinität zu aufgeladenen Bordell-, Mord- und Lustmordszenen zeigen, sondern auch seiner persönlichen, damit einhergehenden sexuellen Neigung Ausdruck verleihen.
„Zerrissene Welt“ entsteht wohl in der Zeit der Wildwest-Szenen. Abstrakte Kompositionen, wie wir sie etwa von Wassily Kandinsky kennen, verbindet man nicht mit Rudolf Schlichter, obwohl er sich in Kenntnis einer Ausstellung der „Neuen Künstlervereinigung München“ zu Beginn seines Studiums in Karlsruhe in abstrakten Kompositionen übt. Hier aber fühlt sich Schlichter bei der Umsetzung dieser Gedanken vom Prinzip des analytischen Kubismus angeregt und bricht geschlossene Formen und Farbfelder zugunsten eines Formenrhythmus auf. Die Körperlichkeit der Dinge und ihre Lage im Raum verschiebt Schlichter auf vielfältige Weise und versteckt gleichsam für den Betrachter den Konflikt zwischen der Deformation des „realen Gegenstandes“ und der zusammensetzenden Erinnerung desselben Gegenstands. Varianten von Formen, Dreiecken, Halbkreisen, Rauten, Bögen in kleinen Flächen oder raumgreifenden Feldern wechseln in bunten Farben, sind von Linien und Kritzeleien unterbrochen, bilden scheinbar ein geordnetes Geflecht über das nahezu quadratische Format. Die aufgebrochene, illusionistische „Naturähnlichkeit“ allerdings entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein Ort des Grauens: zertrennte Leiber, verstümmelte Gliedmaßen, abgetrennte Köpfe und bizarre Fratzen wechseln sich ab mit harmlosen Farbfeldern. Alptraumartige Fabelwesen tummeln sich im Geschehen und ergreifen in einer kompakten Dichtung, die dennoch einen stark fiebrigen Zustand annehmen lässt, die Oberhand. So wie Otto Dix die entstellten Körper der Gefallenen in den Gräben mehrfach radiert und damit das Grauen des Krieges auf drastische Weise dokumentiert, so scheint für Schlichter die angestrebte Kompensation in der „Kultivierung des Bösen als eine Religion“ zu bestehen. Im Wirrwarr der kubischen Formen versteckt der Künstler gleichsam die Gedanken, die ihn plagen und die er nur auf diesem Weg von der Seele zu malen vermag und in der kubistischen Komposition auslebt.
In Berlin im Jahr 1919 angekommen, trifft Rudolf Schlichter als Mitglied der „Novembergruppe“ und der Berliner Sezession auf Gleichgesinnte wie George Grosz und fühlt sich geistig zu Hause in der Nähe von Alfred Döblin, Bert Brecht und Erich Kästner. Mit den Dadaisten um Raoul Hausmann, Hannah Höch, Johannes Baader, Wieland Herzfelde und John Heartfield kann Schlichter schließlich sein zynisches wie subversives Potenzial ausleben und jene beißende wie übersteigerte Kritik an der gewalttätigen Gesellschaft des neuen Menschen nach 1918 äußern. So belässt es der Künstler nicht bei einer alltäglichen Bordellszene, sondern er schildert mit einem bewaffneten Überfall auf Huren und Kunden die brutale Vorgehensweise der Eindringlinge. Die Apokalypse als Prinzip wird zum Symbol für Schlichters Wahrnehmung seiner Zeit, geprägt von Umbrüchen, Diktatur und Krieg, beeinflusst von dem bitteren Verlust von Menschlichkeit in der modernen Zivilisation. [MvL]
„Zerrissene Welt“ entsteht wohl in der Zeit der Wildwest-Szenen. Abstrakte Kompositionen, wie wir sie etwa von Wassily Kandinsky kennen, verbindet man nicht mit Rudolf Schlichter, obwohl er sich in Kenntnis einer Ausstellung der „Neuen Künstlervereinigung München“ zu Beginn seines Studiums in Karlsruhe in abstrakten Kompositionen übt. Hier aber fühlt sich Schlichter bei der Umsetzung dieser Gedanken vom Prinzip des analytischen Kubismus angeregt und bricht geschlossene Formen und Farbfelder zugunsten eines Formenrhythmus auf. Die Körperlichkeit der Dinge und ihre Lage im Raum verschiebt Schlichter auf vielfältige Weise und versteckt gleichsam für den Betrachter den Konflikt zwischen der Deformation des „realen Gegenstandes“ und der zusammensetzenden Erinnerung desselben Gegenstands. Varianten von Formen, Dreiecken, Halbkreisen, Rauten, Bögen in kleinen Flächen oder raumgreifenden Feldern wechseln in bunten Farben, sind von Linien und Kritzeleien unterbrochen, bilden scheinbar ein geordnetes Geflecht über das nahezu quadratische Format. Die aufgebrochene, illusionistische „Naturähnlichkeit“ allerdings entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein Ort des Grauens: zertrennte Leiber, verstümmelte Gliedmaßen, abgetrennte Köpfe und bizarre Fratzen wechseln sich ab mit harmlosen Farbfeldern. Alptraumartige Fabelwesen tummeln sich im Geschehen und ergreifen in einer kompakten Dichtung, die dennoch einen stark fiebrigen Zustand annehmen lässt, die Oberhand. So wie Otto Dix die entstellten Körper der Gefallenen in den Gräben mehrfach radiert und damit das Grauen des Krieges auf drastische Weise dokumentiert, so scheint für Schlichter die angestrebte Kompensation in der „Kultivierung des Bösen als eine Religion“ zu bestehen. Im Wirrwarr der kubischen Formen versteckt der Künstler gleichsam die Gedanken, die ihn plagen und die er nur auf diesem Weg von der Seele zu malen vermag und in der kubistischen Komposition auslebt.
In Berlin im Jahr 1919 angekommen, trifft Rudolf Schlichter als Mitglied der „Novembergruppe“ und der Berliner Sezession auf Gleichgesinnte wie George Grosz und fühlt sich geistig zu Hause in der Nähe von Alfred Döblin, Bert Brecht und Erich Kästner. Mit den Dadaisten um Raoul Hausmann, Hannah Höch, Johannes Baader, Wieland Herzfelde und John Heartfield kann Schlichter schließlich sein zynisches wie subversives Potenzial ausleben und jene beißende wie übersteigerte Kritik an der gewalttätigen Gesellschaft des neuen Menschen nach 1918 äußern. So belässt es der Künstler nicht bei einer alltäglichen Bordellszene, sondern er schildert mit einem bewaffneten Überfall auf Huren und Kunden die brutale Vorgehensweise der Eindringlinge. Die Apokalypse als Prinzip wird zum Symbol für Schlichters Wahrnehmung seiner Zeit, geprägt von Umbrüchen, Diktatur und Krieg, beeinflusst von dem bitteren Verlust von Menschlichkeit in der modernen Zivilisation. [MvL]
212
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Zerrissene Welt (Abstraktion), 1917.
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