Auktion: 498 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 18.07.2020 in München Lot 579

 

579
Melchior Lechter
Sommerliche Landschaft im Spessart, 1921.
Pastell auf Karton
Schätzung:
€ 1.000
Ergebnis:
€ 1.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Sommerliche Landschaft im Spessart. 1921.
Pastell auf Karton.
Links unten mit dem Künstlermonogramm und datiert "27.9.21.". Verso handschriftlich nummeriert. 37,5 x 54 cm (14,7 x 21,2 in).

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland (aus Familienbesitz erhalten).

Melchior Lechter ist vor allem als Buchkünstler bekannt, der zahlreiche Ausgaben Stefan Georges, mit dem er seit 1895 befreundet war, gestaltet hatte. Ursprünglich als Glasmaler ausgebildet, sind seine Buchgestaltungen von der geometrisierenden, an die Kunst der Gotik angelehnten Linearität des Art Déco geprägt. Stilistisch vollkommen anders zeigen sich dagegen seine Landschaftspastelle. Bereits 1908 entstehen auf seinen Reisen in den Alpen und auf den italienischen Inseln zahlreiche Pastelle, die er mit großem Erfolg 1908 bei Fritz Gurlitt in Berlin ausstellt. Seine Landschaften zu dieser Zeit tragen gemäß der Idee des harmonischen Gesamtkunstwerks häufig die Titel von Musikstücken Schuberts oder Chopins. Besonders in seinem Spätwerk sind Einflüsse von Theosophie und Anthroposophie zu spüren, deren Anhänger sich auf der Suche nach einer universalen, Mensch und Natur verbindenden Kraft befanden. Bereits im Kreis Stefan Georges hatte sich Lechter kosmischen Ideen zugewandt, was ihn 1910 auf spirituelle Suche nach Indien zur Theosophischen Gesellschaft Heleny Blavatsky in Ardya führte. In den 1920er Jahren verbrachte Lechter im Sommer mehrere Monate in Bad Orb im Spessart, wo er sich aufgrund der langwierigen Erkrankung nach der Indienreise zur Kur aufhielt. Nach etlichen Jahren ohne malerische Betätigung entstehen 1921 in einem wahren Schaffensrausch seine 30 Pastellbilder des Spätsommers im Spessart. Diese Landschaften sind gekennzeichnet durch die intensive Farbigkeit des Pastells, das zwar nicht wie Glasfenster seine Leuchtkraft aus dem Licht selbst bezieht, allerdings für viele Maler das tatsächlich materialisierte Licht repräsentiert, das in den Pigmenten seine höchste Konzentration erfährt. So wird deutlich, wie Lechter darauf Wert legt, das volle Spektrum des Prismas auszuschöpfen: das diaphane Türkis des Himmels wird verstärkt durch zarte Grüntöne, in den Wölkchen findet sich helles Lila, intensives Indigoblau unterstützt das dunkle Grün der Tannen. Die Erfahrung der Natur als lebendes, atmendes Wesen, in dessen Licht und Farbe der Betrachter eintaucht und von deren ruhender Intensität er durchdrungen wird, beschreibt Lechter mit poetischen Worten: „Die Natur ist immer nur das Sprungbrett, von dem man sich aufschwingt in die Zaubergärten der Seele.“ [KT]



579
Melchior Lechter
Sommerliche Landschaft im Spessart, 1921.
Pastell auf Karton
Schätzung:
€ 1.000
Ergebnis:
€ 1.250

(inkl. Käuferaufgeld)