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133
Ernst Ludwig Kirchner
Heimkehrende Ziegenherde, 1920.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 400.000 Ergebnis:
€ 1.525.000 (inkl. Käuferaufgeld)
Heimkehrende Ziegenherde. 1920.
Öl auf Leinwand.
Gordon 636. Rechts unten signiert. Auf dem Keilrahmen signiert und betitelt (Erna Schilling (Kirchner) im Auftrag von Ernst Ludwig Kirchner). Im Original-Kirchner-Rahmen. 80 x 90,5 cm (31,4 x 35,6 in).
Ein Holzschnitt von 1921 mit dem Titel "Ziegenherde" (Gercken 1250, Dube H 442, Schiefler H 413) steht in direkter Verbindung zur vorliegenden Arbeit. Auch existiert eine Zeichnung von 1912/13, "Sitzender weiblicher Akt (Erna)", deren Rückseite wahrscheinlich der erste Entwurf für die Figur des Hirten auf dem vorliegenden Gemälde ist. [CE].
• Aus der wichtigen Sammlung Gustav Ferdinand Jung, von der auch Ernst Gosebruch, ehemaliger Direktor des Museum Folkwang, hingerissen ist-
• Eine der ersten Bergansichten in Berliner Farbpalette.
• Im Original-Kirchner-Rahmen.
Wir danken Herrn Werner Murrer für den wertvollen Hinweis.
PROVENIENZ: Sammlung Gustav Ferdinand Jung (1878-1943), Hagen (seither in Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Gemälde der "Brücke"-Sammlungen Gerlinger + Buchheim, Buchheim Museum, Bernried, seit 26. Februar 2019.
"Ich war neulich ganz hingerissen."
Ernst Gosebruch, ehemaliger Direktor des Museum Folkwang, über die Sammlung Gustav Ferdinand Jung, Hagen.
"Ich bin so froh und glücklich hier zu bleiben. Hier kann ich wenigstens in den guten Tagen etwas arbeiten und ruhig unter diesen einfachen und guten Menschen sein. Ich habe mir hier in der Einsamkeit den Weg erkämpft, der mir eine Fortexistenz bei diesen Leiden ermöglicht. Meine Zeiten des Zirkus, der Kokotten und der Gesellschaft sind vorbei. […] Ich habe heute andere Aufgaben, die hier liegen.“
Ernst Ludwig Kirchner in einem Schreiben an Henry van de Velde, 1919, zit. nach: Ausst.-Kat. Ernst Ludwig Kirchner, Erlebnis der Berge. Das Kirchner Museum Davos zu Gast in Waiblingen.
Öl auf Leinwand.
Gordon 636. Rechts unten signiert. Auf dem Keilrahmen signiert und betitelt (Erna Schilling (Kirchner) im Auftrag von Ernst Ludwig Kirchner). Im Original-Kirchner-Rahmen. 80 x 90,5 cm (31,4 x 35,6 in).
Ein Holzschnitt von 1921 mit dem Titel "Ziegenherde" (Gercken 1250, Dube H 442, Schiefler H 413) steht in direkter Verbindung zur vorliegenden Arbeit. Auch existiert eine Zeichnung von 1912/13, "Sitzender weiblicher Akt (Erna)", deren Rückseite wahrscheinlich der erste Entwurf für die Figur des Hirten auf dem vorliegenden Gemälde ist. [CE].
• Aus der wichtigen Sammlung Gustav Ferdinand Jung, von der auch Ernst Gosebruch, ehemaliger Direktor des Museum Folkwang, hingerissen ist-
• Eine der ersten Bergansichten in Berliner Farbpalette.
• Im Original-Kirchner-Rahmen.
Wir danken Herrn Werner Murrer für den wertvollen Hinweis.
PROVENIENZ: Sammlung Gustav Ferdinand Jung (1878-1943), Hagen (seither in Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Gemälde der "Brücke"-Sammlungen Gerlinger + Buchheim, Buchheim Museum, Bernried, seit 26. Februar 2019.
"Ich war neulich ganz hingerissen."
Ernst Gosebruch, ehemaliger Direktor des Museum Folkwang, über die Sammlung Gustav Ferdinand Jung, Hagen.
"Ich bin so froh und glücklich hier zu bleiben. Hier kann ich wenigstens in den guten Tagen etwas arbeiten und ruhig unter diesen einfachen und guten Menschen sein. Ich habe mir hier in der Einsamkeit den Weg erkämpft, der mir eine Fortexistenz bei diesen Leiden ermöglicht. Meine Zeiten des Zirkus, der Kokotten und der Gesellschaft sind vorbei. […] Ich habe heute andere Aufgaben, die hier liegen.“
Ernst Ludwig Kirchner in einem Schreiben an Henry van de Velde, 1919, zit. nach: Ausst.-Kat. Ernst Ludwig Kirchner, Erlebnis der Berge. Das Kirchner Museum Davos zu Gast in Waiblingen.
Eberhard Grisebach, Professor für Philosophie in Jena und höchst besorgter Freund Kirchners, schreibt am 25. November 1916 an Helen Spengler, Frau des Arztes Lucius Spengler und Betreiber eines Sanatoriums auf der Schatzalp in Davos: „Dass Du Kirchner aufnehmen willst, finde ich hochherzig – ich halte es für ausgeschlossen, dass man diesen allen Gesellschaften entflohenen Mann irgendwo eingewöhnen kann." (Lothar Grisebach, Maler des Expressionismus im Briefwechsel mit Eberhard Grisebach, Hamburg 1962, S. 54) Kirchner willigt also ein und fährt nach umfänglicher Vorbereitung am 20. Januar 1917 erstmals in das winterlich verschneite Davos; nach kurzer Unterbrechung wird er dort bleiben und sich einrichten, ein Atelier aufbauen, peu á peu seine in Berlin verbliebenen Bilder und gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Erna Schilling nach Davos übersiedeln. Die neue Umgebung nimmt vehementen Einfluss auf das Leben und das Werk des Künstlers. Er scheint die gesuchte Ruhe für sich zurückzugewinnen, die den Künstler bewegende und großartige Porträts dieser atemberaubenden Berglandschaft malen lässt: „Stafelalp bei Mondschein“ (Museum am Ostwall, Dortmund), „Rückkehr der Tiere, Stafelalp“ 1919 (Kunstmuseum Basel) sind die Titel der neuen Motive. Mit dem Triptychon 'Alpleben' (Kirchner Museum, Davos) würdigt er das Leben und den Alltag der Bauern in dieser Umgebung, die ihn, den seelisch Zerrissenen wieder erdet.
In diesen Kanon gehört auch das Gemälde „Heimkehrende Ziegenherde“ mit den Bergbauern, die Kirchner in seinen Lebensrhythmus einbezieht. Der Blick auf die neue Umgebung, die Teilhabe an dem Leben der Bergbauern, die Tiere auf der Alp erfahren die gleiche schlüssige Ordnung, wie die ehedem in Dresden und Berlin entstandenen Stadtlandschaften, Straßen- und Atelierszenen. Die alltägliche Schilderung der Bergwelt schließt nahtlos an. Bisweilen erinnert sich Kirchner der gewohnten Berliner Palette und malt die Bilder zu Beginn der Davoser Zeit ebenso aufgewühlt wie expressiv. So auch die Szene mit den von den Almen in das Winterquartier hinabziehenden Ziegen.
So zieht Kirchner, die Perspektive außer acht lassend, mehrere Details zu einer großen Szene zusammen: Ziegen sind verteilt auf den schmalen Steigen über den Hängen überhöhter Bergzüge.Hirte und Tiere sind Teil der großen Natur, sind ausgesetzt dem mächtigen Bergmassiv und den tiefen Tälern, in der Ferne eine schützende Alm. Kirchner verehrt die Landschaft, huldigt dem entbehrenden Leben der Bauern mit ihren Tieren, die ihren Hirten folgen auf dem steilen Weg von der Alp zurück ins Dorf: eine betörende Inszenierung voll wunderbarer Farbkontraste.
Zu welchem Zeitpunkt der Hagener Sammler Gustav Ferdinand Jung Kirchners „Ziegenherde“ erwirbt, lässt sich nicht präzise feststellen. Kirchners Galerist Ludwig Schames in Frankfurt am Main zeigt 1922 „Schweizer Arbeiten von E. L. Kirchner“; sie wandert anschließend zum Kunstverein Erfurt. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass dieses Gemälde Bestand der Ausstellung ist und Jung das Bild bei dieser Gelegenheit in Frankfurt oder in Erfurt sieht. Zu der Erfurter Kultur- und Kunstszene, speziell zu dem Expressionisten Sammler Alfred Hess, pflegt der Hagener Kontakt. Aber natürlich auch zu Carl Ernst Osthaus, dem Gründer des Museum Folkwang in Hagen, und auch zu Ernst Gosebruch, Direktor des Museum Folkwang bis 1933, nach dessen Verkauf von Hagen nach Essen im Jahr 1921/22. Gosebruch schreibt am 6. Dezember 1935 an seinen Freund Carl Hagemann, den Sammler in Frankfurt am Main: „ – sollten Sie, wie Ihre Geschwister es sich wünschen – Weihnachten nach Essen kommen, dort etwas Zeit haben, so sollten Sie doch mal nach Hagen fahren, zu Herrn Gustav Jung, Potthof 9, Tel. 211 12, und sich seine Bilder ansehen. Er besitzt in der Hauptsache Kirchnerische, darunter die großartige Varietétänzerin, die Sie wohl kennen. Noch schöner ist ein Hochformat mit weibl. Akten und ein Waldbild, auch Hochformat, beide zu dem Großartigsten gehörend, was Kirchner geschaffen hat. Ich war neulich ganz hingerissen. Herr und Frau Jung, bei denen Sie sich auf mich berufen könnten, sind sehr liebenswürdig. [..].“ (Zit. nach: Kirchner, Schmidt-Rottluff, Nolde, Nay .. Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann, Hans Delfs u.a. (Hrsg.), Osterfildern 2004, Brief 647, S. 507). [MvL]
In diesen Kanon gehört auch das Gemälde „Heimkehrende Ziegenherde“ mit den Bergbauern, die Kirchner in seinen Lebensrhythmus einbezieht. Der Blick auf die neue Umgebung, die Teilhabe an dem Leben der Bergbauern, die Tiere auf der Alp erfahren die gleiche schlüssige Ordnung, wie die ehedem in Dresden und Berlin entstandenen Stadtlandschaften, Straßen- und Atelierszenen. Die alltägliche Schilderung der Bergwelt schließt nahtlos an. Bisweilen erinnert sich Kirchner der gewohnten Berliner Palette und malt die Bilder zu Beginn der Davoser Zeit ebenso aufgewühlt wie expressiv. So auch die Szene mit den von den Almen in das Winterquartier hinabziehenden Ziegen.
So zieht Kirchner, die Perspektive außer acht lassend, mehrere Details zu einer großen Szene zusammen: Ziegen sind verteilt auf den schmalen Steigen über den Hängen überhöhter Bergzüge.Hirte und Tiere sind Teil der großen Natur, sind ausgesetzt dem mächtigen Bergmassiv und den tiefen Tälern, in der Ferne eine schützende Alm. Kirchner verehrt die Landschaft, huldigt dem entbehrenden Leben der Bauern mit ihren Tieren, die ihren Hirten folgen auf dem steilen Weg von der Alp zurück ins Dorf: eine betörende Inszenierung voll wunderbarer Farbkontraste.
Zu welchem Zeitpunkt der Hagener Sammler Gustav Ferdinand Jung Kirchners „Ziegenherde“ erwirbt, lässt sich nicht präzise feststellen. Kirchners Galerist Ludwig Schames in Frankfurt am Main zeigt 1922 „Schweizer Arbeiten von E. L. Kirchner“; sie wandert anschließend zum Kunstverein Erfurt. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass dieses Gemälde Bestand der Ausstellung ist und Jung das Bild bei dieser Gelegenheit in Frankfurt oder in Erfurt sieht. Zu der Erfurter Kultur- und Kunstszene, speziell zu dem Expressionisten Sammler Alfred Hess, pflegt der Hagener Kontakt. Aber natürlich auch zu Carl Ernst Osthaus, dem Gründer des Museum Folkwang in Hagen, und auch zu Ernst Gosebruch, Direktor des Museum Folkwang bis 1933, nach dessen Verkauf von Hagen nach Essen im Jahr 1921/22. Gosebruch schreibt am 6. Dezember 1935 an seinen Freund Carl Hagemann, den Sammler in Frankfurt am Main: „ – sollten Sie, wie Ihre Geschwister es sich wünschen – Weihnachten nach Essen kommen, dort etwas Zeit haben, so sollten Sie doch mal nach Hagen fahren, zu Herrn Gustav Jung, Potthof 9, Tel. 211 12, und sich seine Bilder ansehen. Er besitzt in der Hauptsache Kirchnerische, darunter die großartige Varietétänzerin, die Sie wohl kennen. Noch schöner ist ein Hochformat mit weibl. Akten und ein Waldbild, auch Hochformat, beide zu dem Großartigsten gehörend, was Kirchner geschaffen hat. Ich war neulich ganz hingerissen. Herr und Frau Jung, bei denen Sie sich auf mich berufen könnten, sind sehr liebenswürdig. [..].“ (Zit. nach: Kirchner, Schmidt-Rottluff, Nolde, Nay .. Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann, Hans Delfs u.a. (Hrsg.), Osterfildern 2004, Brief 647, S. 507). [MvL]
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Ernst Ludwig Kirchner
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