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837
Ernst Ludwig Kirchner
Haus auf der Staffel, 1918/19.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 200.000 Ergebnis:
€ 400.000 (inkl. Käuferaufgeld)
Haus auf der Staffel. 1918/19.
Öl auf Leinwand.
Gordon 538. Links unten signiert und datiert (Erna Schilling (Kirchner) im Auftrag von Ernst Ludwig Kirchner). Zusätzlich verso signiert, datiert und betitelt sowie mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der zweifachen handschriftlichen Registriernummer "Da/Aa 21". 28 x 32,5 cm (11 x 12,7 in).
Da der Künstler aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustandes im Jahr 1918 nicht schreiben konnte, seine Briefe z.B. auch Erna diktierte, ist das Gemälde unten links von Erna Kirchner im Auftrag von Ernst Ludwig Kirchner signiert und datiert. Dargestellt ist die Hütte der Familie Rüesch, in welcher Kirchner in den Sommermonaten 1918 auf der Stafelalp - zunächst auch mit seinem Pfleger Bühlmann aus Kreuzlingen lebte und wo ihn Erna aus Berlin besuchte. Die vor der Hütte sitzende könnte Erna sein, mit dem hinter ihr mit hohem Hirtenhut Stehenden könnte Kirchner sich selbst, möglicherweise aber auch Pfleger Bühlmann oder einen Stafelalp-Bauern gemeint haben.
Das früheste oder zumindest eines der frühesten auf der Stafelalp geschaffenen Gemälde Kirchners.
PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946).
Kirchner Erbengemeinschaft , Biberach (1954).
Walter Köhler, München (seit 1954; Erbe nach Walter Kirchner, Bruder des Künstlers (gest. 1954); seither in süddeutschem Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Ernst Ludwig Kirchner, Kunstmuseum St. Gallen, 15. Oktober - 19. November 1950, Nr. 26.
"Dieses kleine Gemälde ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Inkunabel der langen Reihe von grandiosen Gemälden, die Kirchner Davos noch widmen sollte."
Dr. Wolfgang Henze, Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach, November 2018.
"Man lernt überhaupt erst hier den Wert der einzelnen Farben kennen. Und dazu die herbe Monumentalität der Berglinien. Es herrscht eine unendliche Ruhe. [..] Wann ich hinunterkomme, kann ich noch nicht sagen. Der Herbst ist wundervoll hier oben. [..]"
Ernst Ludwig Kirchner, Brief an Nele van de Velde vom 13. Oktober 1918
Öl auf Leinwand.
Gordon 538. Links unten signiert und datiert (Erna Schilling (Kirchner) im Auftrag von Ernst Ludwig Kirchner). Zusätzlich verso signiert, datiert und betitelt sowie mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der zweifachen handschriftlichen Registriernummer "Da/Aa 21". 28 x 32,5 cm (11 x 12,7 in).
Da der Künstler aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustandes im Jahr 1918 nicht schreiben konnte, seine Briefe z.B. auch Erna diktierte, ist das Gemälde unten links von Erna Kirchner im Auftrag von Ernst Ludwig Kirchner signiert und datiert. Dargestellt ist die Hütte der Familie Rüesch, in welcher Kirchner in den Sommermonaten 1918 auf der Stafelalp - zunächst auch mit seinem Pfleger Bühlmann aus Kreuzlingen lebte und wo ihn Erna aus Berlin besuchte. Die vor der Hütte sitzende könnte Erna sein, mit dem hinter ihr mit hohem Hirtenhut Stehenden könnte Kirchner sich selbst, möglicherweise aber auch Pfleger Bühlmann oder einen Stafelalp-Bauern gemeint haben.
Das früheste oder zumindest eines der frühesten auf der Stafelalp geschaffenen Gemälde Kirchners.
PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946).
Kirchner Erbengemeinschaft , Biberach (1954).
Walter Köhler, München (seit 1954; Erbe nach Walter Kirchner, Bruder des Künstlers (gest. 1954); seither in süddeutschem Familienbesitz).
AUSSTELLUNG: Ernst Ludwig Kirchner, Kunstmuseum St. Gallen, 15. Oktober - 19. November 1950, Nr. 26.
"Dieses kleine Gemälde ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Inkunabel der langen Reihe von grandiosen Gemälden, die Kirchner Davos noch widmen sollte."
Dr. Wolfgang Henze, Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach, November 2018.
"Man lernt überhaupt erst hier den Wert der einzelnen Farben kennen. Und dazu die herbe Monumentalität der Berglinien. Es herrscht eine unendliche Ruhe. [..] Wann ich hinunterkomme, kann ich noch nicht sagen. Der Herbst ist wundervoll hier oben. [..]"
Ernst Ludwig Kirchner, Brief an Nele van de Velde vom 13. Oktober 1918
1917 lässt sich Ernst Ludwig Kirchner, von den Kriegserlebnissen gezeichnet, zunächst in Frauenkirch bei Davos nieder. Bald verlässt Kirchner jedoch den städtischen Kurort und zieht sich in die Einsamkeit der Berge zurück. Im Juni und August 1917 mietet er sich in einer Hütte auf der Stafelalp, oberhalb von Davos ein. Hier entstehen die ersten Zeichnungen und Holzschnitte mit Gebirgslandschaften und nach Motiven aus dem Leben der Bergbauern. Das unmittelbare Erlebnis der Berge soll von nun an im Mittelpunkt seiner Kunst stehen. Der Eindruck der Schweizer Alpen führt bei Kirchner nicht nur zu seelischer Stabilisierung, sondern auch zu erneuter Kreativität. Kirchner ist sich dieser positiven Wirkung seiner neuen Umgebung vollkommen bewusst, wenn er 1919 konstatiert: "Der gute van de Velde schrieb mir heute, ich solle doch lieber wieder ins moderne Leben zurück. [.] Das ist für mich ausgeschlossen. [.]. Ich habe hier ein reiches Feld für meine schöpferische Tätigkeit, dass ich es gesund kaum bewältigen könnte, geschweige denn heute. Die Welt in ihren Reizen ist überall gleich, nur die äußeren Formen sind andere. Und hier lernt man tiefer sehen und weiter eindringen als in dem sogenannten 'modernen' Leben, das meist trotz seiner reichen äußeren Form so sehr viel oberflächlicher ist." (zit. nach: Lucius Grisebach, Ernst Ludwig Kirchner 1880-1938, Köln 1995, S. 153). Die Ruhe der Szenerie, die Kirchner in "Haus auf der Staffel" eingefangen hat, wird durch die leuchtend-expressive Farbigkeit, den energischen Duktus und die überspitzen Formen der Berghütte und der Tannen durchbrochen. In dieser Balance zwischen Ruhe und Aufgewühltheit erscheint die dargebotene Szenerie zu einem eindrucksvollen Psychogramm gesteigert.
Darüber hinaus gewinnt das "Haus auf der Staffel", seinen ganz besonderen Reiz über die dargestellten Personen, die sich farblich und formal zwar hamonisch in die Darstellung einfügen, durch ihre Pose jedoch zugleich seltsam fremd in der bäuerlichen Umgebung erscheinen. Die Dame ruht in exzentrischer Drehung mit schwarzer Katze auf dem Schoß auf einem Sonnenstuhl, während hinter ihr ein Herr mir spitzem schwarzen Hut an der Ballustrade vor der Staffelalphütte steht. Dass es sich hierbei wohl um den Künstler selbst und seine Lebensgefährtin Erna Schilling handeln muss, die zu dieser Zeit bei Kirchner auf der Staffelalp lebte, belegen etwa zeitgleich entstandene Arbeiten des Künstlers: Zum einen das berühmte "Selbstporträt mit Katze" (Gordon 621), das sich heute in der Sammlung des Busch-Reisinger-Museums in Cambridge befindet und in welchem sich Kirchner ebenfalls in der charakteristischen roten Jacke mit schwarzem Zackenrevers festgehalten hat. Zum anderen ist an dieser Stelle auf ein Blatt aus der Hamburger Kunsthalle hinzuweisen, das Aquarell "Im Sonnenbad" aus dem Jahr 1919, das Erna mit ihrem charakteristischen Pagenschnitt und der hauseigenen schwarzen Katze (möglicherweise bereits des später oftmals dargestellten Katers "Bobby") zeigt und Erna von Kirchner laut Widmung im Dezember 1919 zum Geburtstag geschenkt worden ist. Auch "Haus auf der Staffel", das Kirchner aufgrund der Materialknappheit an seinem neuen Lebensort auf ein Stück karriertes Tischtuch gemalt hat, ist somit eines der seltenen privaten Zeugnisse dieses bedeutenden neuen Lebensabschnittes des Künstlers und eine der wenigen Arbeiten, in der sich Kirchner vermutlich gemeinsam mit Erna dargestellt hat.
Zudem wagt Kirchner in "Haus auf der Staffel" einen Kunstgriff, der 1914 im Porträt von Oskar Schlemmer zum ersten mal in seinem Werk deutlich sichtbar wird: Dort malt er einen Kopf und hier die Staffelalp-Hütte gleichzeitig aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Tatsächlich sind hier der rückwärtige dem Berghang zugewandte Giebel links und der talwärts gewandte - eigentlich gar nicht sichtbare - rechts zugleich sichtbar. Diese Mehrfachperspeltiven kennzeichnen Kirchners Werk bereits seit 1914 und nicht erst, wie lange vermutet wurde, erst seit seiner Begegnung mit der Malerei Picassos im Jahr 1925. [JS]
Darüber hinaus gewinnt das "Haus auf der Staffel", seinen ganz besonderen Reiz über die dargestellten Personen, die sich farblich und formal zwar hamonisch in die Darstellung einfügen, durch ihre Pose jedoch zugleich seltsam fremd in der bäuerlichen Umgebung erscheinen. Die Dame ruht in exzentrischer Drehung mit schwarzer Katze auf dem Schoß auf einem Sonnenstuhl, während hinter ihr ein Herr mir spitzem schwarzen Hut an der Ballustrade vor der Staffelalphütte steht. Dass es sich hierbei wohl um den Künstler selbst und seine Lebensgefährtin Erna Schilling handeln muss, die zu dieser Zeit bei Kirchner auf der Staffelalp lebte, belegen etwa zeitgleich entstandene Arbeiten des Künstlers: Zum einen das berühmte "Selbstporträt mit Katze" (Gordon 621), das sich heute in der Sammlung des Busch-Reisinger-Museums in Cambridge befindet und in welchem sich Kirchner ebenfalls in der charakteristischen roten Jacke mit schwarzem Zackenrevers festgehalten hat. Zum anderen ist an dieser Stelle auf ein Blatt aus der Hamburger Kunsthalle hinzuweisen, das Aquarell "Im Sonnenbad" aus dem Jahr 1919, das Erna mit ihrem charakteristischen Pagenschnitt und der hauseigenen schwarzen Katze (möglicherweise bereits des später oftmals dargestellten Katers "Bobby") zeigt und Erna von Kirchner laut Widmung im Dezember 1919 zum Geburtstag geschenkt worden ist. Auch "Haus auf der Staffel", das Kirchner aufgrund der Materialknappheit an seinem neuen Lebensort auf ein Stück karriertes Tischtuch gemalt hat, ist somit eines der seltenen privaten Zeugnisse dieses bedeutenden neuen Lebensabschnittes des Künstlers und eine der wenigen Arbeiten, in der sich Kirchner vermutlich gemeinsam mit Erna dargestellt hat.
Zudem wagt Kirchner in "Haus auf der Staffel" einen Kunstgriff, der 1914 im Porträt von Oskar Schlemmer zum ersten mal in seinem Werk deutlich sichtbar wird: Dort malt er einen Kopf und hier die Staffelalp-Hütte gleichzeitig aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Tatsächlich sind hier der rückwärtige dem Berghang zugewandte Giebel links und der talwärts gewandte - eigentlich gar nicht sichtbare - rechts zugleich sichtbar. Diese Mehrfachperspeltiven kennzeichnen Kirchners Werk bereits seit 1914 und nicht erst, wie lange vermutet wurde, erst seit seiner Begegnung mit der Malerei Picassos im Jahr 1925. [JS]
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Ernst Ludwig Kirchner
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