Auktion: 474 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 23.11.2018 in München Lot 97

 

97
Franz von Stuck
Beethoven (thronend), Um 1909.
Bronze
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 42.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Beethoven (thronend). Um 1909.
Bronze mit braungrüner Patina.
Unten mittig auf dem Sockel bezeichnet "Franz von Stuck" sowie in der Sockelmitte betitelt "BEETHOVEN". Eines von fünf bekannten Exemplaren. 26,6 x 13,3 x 10,8 cm (10,4 x 5,2 x 4,2 in).
Gegossen von Cosmas Leyrer, München (verso unten auf dem Sockel mit dem Gießerstempel).
Eines von fünf bekannten Exemplaren mit einzigartiger grünbrauner Patina.

PROVENIENZ: Privatbesitz Süddeutschland (seit mindestens 40 Jahren in Familienbesitz).

LITERATUR: Auswahl:
Ausst.-Kat. Franz von Stuck. Die Stuck-Villa zu ihrer Wiedereröffnung am 9. März 1968, München 1968, S. 76 (Nr. 12, o. Abb.).
Ausst.-Kat. Franz von Stuck 1863-1928. Maler, Graphiker, Bildhauer, Architekt, Museum Villa Stuck, München 1982, S. 70, 186 (Nr. 139, m. Abb., anderes Exemplar).
Angela Heilmann, Die Plastik Franz von Stucks, München 1985, S. 243-250, 397 (Nr. 6, o. Abb).
Thomas Raff, Franz von Stuck. Das plastische Werk, München 2011, S. 64f. (m. Abb., anderes Exemplar).
Ausst.-Kat. Franz von Stuck und Beethoven: Musik in der Kunst des Münchner Jugendstils, Beethoven-Haus, Bonn 2013, S. 65-75 (m. Abb., anderes Exemplar).
"Der Mann, der nicht Musik hat in ihm selbst, den nicht die Eintracht süßer Töne rührt, taugt zum Verrat, zur Räuberei und Tücken. Trau keinem solchen." (Sinnspruch über dem Eingang des Musik-Salons der Villa Stuck, zit. nach: Ausst.-Kat. Franz von Stuck. Die Stuck-Villa zu ihrer Wiedereröffnung am 9. März 1968, München 1968, S. 22).

Hoch aufgesockelt, versunken in den Lehnen eines massiven Thrones den Dingen enthoben, gibt Franz von Stuck seine Idee wieder für ein Beethoven-Denkmal anlässlich des 75. Todestags des Meisterkomponisten im Jahr 1902. Zum Jubiläum entstehen weltweit Beethoven-Monumente, unter denen die vielfarbige Marmorskulptur von Max Klinger für die Wiener Secessionsausstellung 1902 die wohl bekannteste Fassung darstellt. Die Anlage unserer Statuette zeigt in Bezug auf Sitzmotiv und antikische Gewandung der Figur einige Parallelen zu Klingers Behandlung des Themas. Wohl aufgrund der stilistischen Nähe zu Klingers durchschlagendem Werk entscheidet sich Stuck letztlich gegen die Umsetzung seines Entwurfs im monumentalen Format. Im Zuge der romantischen Beethoven-Verehrung um 1900 beschäftigt sich Franz von Stuck mehrfach mit der Darstellung dieser Kultfigur der klassischen Musik. Ab 1896 entstehen Gemälde und mehrere Relieffassungen, basierend auf der vermeintlichen Totenmaske Beethovens, die Franz Klein 1812 tatsächlich von dem noch lebenden Komponisten abgenommen hatte (vgl. WVZ Voss 149/368, 283/369, 283/370). Diese Bildfindungen vermitteln in dramatischer Frontalansicht, mit entschlossenem Blick und temperamentvoll aufgeworfenen Locken die künstlerische Leidenschaft Beethovens. Dagegen stellt die Isolation der Figur bei unserer Statuette das Exeptionelle seiner geistigen Begabung in den Vordergrund. In dieser Facette liegt wohl das Identifikationspotenzial Stucks mit dem von ihm verehrten Musik-Heros: Mit Beethoven tritt in der Musikgeschichte der schöpferische Individualismus auf - der Künstler folgt keinem kultischen oder höfischen, sondern primär seinem eigenen Auftrag. Zudem wird Stuck im Dezember 1905 für seine künstlerischen Verdienste mit einem Rittertitel gewürdigt und steigt damit - wie Beethoven - allein Kraft seines künstlerischen Genies aus dem Bürgertum auf.
Deutlich werden die kompositorischen Besonderheiten der Statuette auch im Vergleich zu Stucks sehr ähnlicher, malerischer Inszenierung des antiken Unterweltenherrschers Pluto von 1909 (vgl. WVZ Voss 348/277). Ähnlich den klassischen Kultbildern, wie beispielsweise der Zeusstatue des Phidias für Olympia aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., sitzt dieser hoch erhoben auf einem massiven Steinthron. Die Masse seines Sitzes bildet einen eindrücklichen Kontrast zur ausgemergelten Gestalt des Gottes und betont subtil dessen herausgehobene Bedeutung gegenüber dem Betrachter. Dieselben Parameter von Enthobenheit, Vereinzelung und Verehrung finden sich auch bei Stucks Beethoven-Statuette, die erstmals 1909 auf einer Ausstellung der Galerie Heinemann in München präsentiert wird. Stuck erarbeitet den Entwurf wohl zwischen dem Beethoven-Jubiläumsjahr 1902 und 1909, der Guss erfolgt nach seiner Adelung im Dezember 1905. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um den Entwurf für eine größere Monumentalskulptur, denkbar wäre jedoch auch die Bestimmung als Ausstattungsstück für bürgerliche Musiksalons. Derzeit sind neben dem hier angebotenen Exemplar nur noch vier weitere bekannt, die sich im Nachlass des Künstlers, in der Villa Stuck in München, im Museum Gunzenhauser in Chemnitz sowie in Privatbesitz befinden. [FS]



97
Franz von Stuck
Beethoven (thronend), Um 1909.
Bronze
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 42.500

(inkl. Käuferaufgeld)