1962 beginnt Andy Warhol, Pressefotos von Berühmtheiten wie Marilyn Monroe und Elvis Presley im Siebdruck zu reproduzieren. Rund zehn Jahre später, im Herbst 1974, stellt das Porträtgeschäft eine Einnahmequelle dar, die Warhol eine Million Dollar jährlich beschert. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Sujet seit Ende der siebziger Jahre lässt renommierte amerikanische Kunstkritiker in ihm den neuen "society portraitist" und "ideal court painter" seiner Zeit erkennen, dessen zahlreiche Bildnisse oftmals in der älteren Tradition der schmeichelnden und dekorativen Gesellschaftsporträts diskutiert werden. Seine durch die Medien bereits bekannten und vielfach multiplizierten Bildvorlagen verfremdet er durch den Einsatz poppiger Farben und plakativer Verflachung. Unser Bildnis Beethovens entstand im Jahre 1987, kurz vor Warhols Tod, und basiert auf dem Gemälde Joseph Stielers von 1819. Es zeigt den berühmten deutschen Komponisten und Pianisten bei seiner Arbeit. Angeschnitten wird sein Konterfei von einem durchscheinenden Notenblatt. Es handelt sich um die Musiknoten der 1801 komponierten Mondscheinsonate, Opus 27, No. 2. Die handschriftlich wirkenden Zeichen lassen die Darstellung dynamisch und weniger starr erscheinen. Der Betrachter scheint dem kreativen Schaffensprozess des Musikers beizuwohnen und an seinen Einfällen teilzuhaben. [CE]