Auktion: 449 / Klassische Moderne I am 10.06.2017 in München Lot 230

 

230
Hermann Max Pechstein
Sommermorgen, 1919.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 350.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Sommermorgen. 1919.
Öl auf Leinwand.
Soika 1919/44. Rechts unten monogrammiert (ligiert) und datiert sowie verso betitelt. Auf dem Keilrahmen von fremder Hand bezeichet. 81 x 100 cm (31,8 x 39,3 in) (bei Soika aufgrund einer abweichenden Angabe des Besitzers an die Max Pechstein-UHRG aus dem Jahr 1970 mit ca. 74 x 79 cm vermerkt).

Leuchtend-expressive Nidden-Landschaft aus der einer künstlerischen Wiedergeburt gleichenden Schaffensphase des Nachkriegsjahres 1919. Die Arbeit gibt eindrucksvoll Zeugnis von Pechsteins anhaltender Liebe zu dem kleinen Küstenort Nidden, den Pechstein rückblickend als sein "Malerparadies" beschrieben hat (zit. nach Soika, Max Pechstein, 2011, S. 31).
Eine in ähnlicher Farbigkeit gehaltene Küstenlandschaft mit Bootshaus und männlicher Figurenstaffage aus dem Jahr 1919 befindet sich in der Sammlung des Brücke-Museums, Berlin (vgl. Soika 1919/73)
.

PROVENIENZ: Galerie Gurlitt, Berlin (bis 1923; Kommission).
Galerie Alfred Flechtheim, Düsseldorf/Berlin (auf dem Keilrahmen mit fragmentarischem Etikett, dort handschriftlich bezeichnet "3896/Pechtein Hafen II").
Fritz und Irma Epstein, Duisburg/Los Angeles (in den 1920er Jahren bei der Galerie Alfred Flechtheim erworben).
Gerhard und Marianne Epstein Pinkus, Los Angeles (vom Vorgenannten durch Erbschaft erhalten).
Privatsammlung USA (vom Vorgenannten erhalten).

LITERATUR: Hubertus Froning, Küstenbilder, Ramerding 1985, mit Abb. S. 62.

Die Aufenthalte von Max Pechstein an der Ostseeküste in Pommern sind legendär. Nirgendwo hatte sich Pechstein so wohl gefühlt, wie unter den Fischern und Bauern in Ostpommern. Die große Fülle der malerischen Arbeiten aus dieser entbehrungsreichen Nachkriegszeit zeugt von einer Befreiung von Körper und Seele nach den traumatischen Erlebnissen des Ersten Weltkrieges. Die mannigfaltigen Bildmotive lassen das Erleben im Umkreis mit den Fischern sichtbar werden. Max Pechstein, der bereits gefeierte Maler aus dem fernen Berlin, war hier einer von ihnen. In leichter Aufsicht gesehen, ist die vorliegende, morgendliche Strandszene fast ausschließlich den Fischern bei ihrer Arbeit gewidmet. Die für diese Landschaft so charakteristischen Kurenkähne mit ihren hoch aufragenden Segeln sind der dominierende Bildfaktor der vorliegenden Komposition. Ihre Reihung in leicht bewegter See bildet das optische Pendant zu den Häusern am Strand. Max Pechstein ist in dieser Landschaft gleichsam aufgeblüht wie kein zweiter Maler der Zeit. Er schreibt zu dieser wichtigen, einer künstlerischen Wiedergeburt gleichenden Schaffensphase in seinen "Erinnerungen": "Im Frühjahr 1919 begab ich mich nach Nidden hinauf, bangen Herzens, inwieweit ich droben auf der Kurischen Nehrung noch für einen Maler erträgliche Zustände vorfinden würde. Bang auch vor dem Wiedersehen mit der Landschaft und den Menschen, die ich 1909 als ein für mich fruchtbares Neuland entdeckt hatte. Gewiss, es hatte sich viel verändert, aber es tat doch wohl, freudig begrüßt zu werden von den alten Fischerfreunden. Auf das Wasser des Haffes und der Ostsee, auf die wechselnde Lichtfülle in diesem nordöstlichen Landstreifen, auf diese Natur mit ihrem ewiggleichen Rhythmus und ihrer je nach der Jahreszeit wechselnden Farbharmonie hatte der unselige Krieg keinen Eindruck hinterlassen können." (zit. nach: Max Pechstein. Erinnerungen. Stuttgart 1993, S. 106f.)



230
Hermann Max Pechstein
Sommermorgen, 1919.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 250.000
Ergebnis:
€ 350.000

(inkl. Käuferaufgeld)