Thielers Spätwerk zeugt vom enormen Erfahrungsreichtum des Protagonisten des deutschen Informel. Sein Prinzip heißt: gelenkter Zufall des Malvorgangs bei äußerst ökonomischem Einsatz der Mittel. Auffällig ist, dass Thieler eine recht kleine Farbpalette bevorzugt und in der Hauptsache Rot, Blau und Violett sowie in Teilen Schwarz und Weiß zum Einsatz bringt. Es entstehen knallige, explosionsartig sich auf der Leinwand ausbreitende Farbspektakel wie das hier angebotene Gemälde mit seinen leuchtenden wolkigen Farbstrukturen. "Schwebend vor Rot" zeigt, wie erstaunlich variationsreich Thielers Œuvre ist, das nie ermüdet, sondern stets voller Spannungen steckt. Für die vorliegende Arbeit, ein schönes Beispiel der Farbschichtmalerei, hat Thieler zunächst eine gefaltete, ungrundierte Leinwand auf den Boden gelegt und dann verdünnte und nicht verdünnte Farben schnell aufeinanderfolgend auf die Leinwand gegossen. Aufgrund des unterschiedlich hohen Anteils der Verdünnung verlaufen und vermischen sich die verschiedenen Farben zu einer abstrakten Schöpfung von besonderer Poesie. [JS].