Auktion: 435 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 25.11.2016 in München Lot 33

 

33
Friedrich Preller d. Ä.
13 Bll.: Reise nach Norwegen, 1840.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 4.500
Ergebnis:
€ 17.500

(inkl. Käuferaufgeld)
13 Bll.: Reise nach Norwegen. 1840.
Bleistiftzeichnungen.
Teils bezeichnet. Auf Velin. Bis 15,8 x 19,5 cm (6,2 x 7,6 in).
Montiert in einem Erinnerungsalbum. Halbleder-Einband mit dreiseitigem Goldschnitt und goldgeprägtem Titel "Album". Buchmaß ca. 21 x 18 x 1,3 cm (8,2 x 7 x 0,5 in). Im Buch-Vorsatz mit handschriftlichem Besitzervermerk Emil Prellers (1836-1893), dem zweitältesten Sohn des Künstlers.
Das Album enthält weitere 17 montierte Zeichnungen verschiedener Künstler (13 Bleistift, 3 Feder über Bleistift und 1 Aquarell über Bleistift) sowie zwei Lichtdrucke. Von diesen Zeichnungen stammen 3 von Friedrich Preller d.Ä., die übrigen von Friedrich Preller d.J. (1838-1901), Louis Preller (1822-1901), Ernst Hemken (1834-1911), Jan Antoon Verschaeren (1803-1863), Goethes Sekretär und Nachlassverwalter Johann Christian Schuchardt (1799-1870), Ernst Hasse (1819-1860), Friedrich Nerly (1807-1878), Johann Michael Wittmer (1802-1880) u. a. [CB].

Wir danken Herrn Uwe Steinbrück, Universität Jena, für die wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Privatbesitz Süddeutschland (über Erbschaft aus der Familie des Künstlers).

LITERATUR: Julius Gensel, Friedrich Preller d. Ä., Bielefeld/Leipzig 1904, S. 57 sowie Abb. 42 (S. 44).
Marianne Bernhard (Hrsg.), Deutsche Romantik. Handzeichnungen, München 1973, Bd. 2, S. 1151 (Abb. S. 1168 und 1169).
Ina Weinrautner, Friedrich Preller d. Ä. - Leben und Werk, Bonn 1996 (Univ. Diss.), S. 60ff. (sowie für Vgl.-Arbeiten: Kat.-Nr. 94, 95, 228 und 238).

Nachdem Friedrich Preller von 1826 bis 1831 in Italien lebt, ist sein Kunstverständnis zunächst fast ausschließlich von der italienischen Landschaft im Stile Joseph Anton Kochs geprägt. Erst nach seiner Rückkehr nach Weimar 1831 wendet er sich auch der nordischen Landschaft zu. Preller schreibt über seine erste Reise nach Rügen im Sommer 1837: "Mit dem Ossian in der Tasche trat ich meine Wanderung durch verschiedene Teile der Insel an. Ganze Tage brachte ich an den Seeufern oder auf alten Hünengräbern zu. Ich hatte wieder ein Feld gefunden, auf dem ich Neues und Interessantes zu schaffen dachte. Höheren Genuß, als in Wind und Wetter einsam durch die Heide zu streifen, kannte ich nicht, und so rückte mir der Süden immer ferner – gerade das Entgegengesetzte fing an mich zu erwärmen." (Gensel, S. 54f.). 1839 ist Preller nochmals auf Rügen bevor er 1840 zu einer mehrmonatigen Reise nach Norwegen aufbricht, "das ihm durch Dahl empfohlen war. Mit seinen Schülern Karl Hummel und Sixt Thon […] und Bellermann reiste er […] nach Amsterdam und von da zu Schiff über Hamburg und Kopenhagen nach Frederiksvaern und Christiania, wo sie in den ersten Tagen des Juni ankamen. Die nördlichsten Ziele waren Solvorn und Balholm am Sogne-Fjord, dem hauptsächlichen Schauplatz der Frithjofssage, dann ging's über Bergen, meist zu Wasser an der Küste hin, zurück nach Fredricksvaern, wo sie sich am 11. August zur Heimreise einschifften.Vor ihnen war außer Andreas Achenbach noch kaum ein deutscher Künstler in Norwegen gereist; auch war es damals noch nicht so leicht gemacht […], eine Reise dahin gehörig vorzubereiten [..]. In und um Christiania lernten sie die nordische Gastlichkeit in übervollen Zügen kennen. Desto mehr Entbehrungen gab's auf der Landfahrt, die aber auf Prellers Befinden, ebenso wie die Seefahrt, über Erwarten günstig wirkte." (Gensel 1904, S. 56f.).
Auf seiner Reise nach Norwegen hält Friedrich Preller zahlreiche Erlebnisse und Begebenheiten in humorvollen Zeichnungen fest: Auf einem Blatt versuchen seine drei Reisegefährten ihn beim Malen mit Schirm und Decke fast verzweifelt vor dem heftigen Wind zu schützen, auf einem anderen schildert er die gemeinsamen Reisevorbereitungen am Stationshaus: "Preller sitzt auf dem einen Karren, der kleine Hummel steht neben ihm und heftelt sich den Mantel zu; Thon ist am anderen Karren beschäftigt, und der lange Bellermann überwacht die Verstauung des Gepäcks.“ (Gensel 1904, S. 57).
Diese losen Blätter kleinen Formats zeichnete Preller für seine drei Kinder. Zusammen mit weiteren Zeichnungen von Studienfreunden oder Schülern Prellers wurden sie in einem Album aufbewahrt, das im Laufe der Zeit in den Besitz des zweitältesten Preller-Sohns Emil (1836-1893) überging. In der Preller-Familie und ihrem weiten Freundeskreis war es - ganz in der Tradition des 19. Jahrhunderts - üblich, in kleinen Alben und Büchlein untereinander Zeichnungen auszutauschen. Die weiteren in diesem Album vorhandenen Blätter stammen sowohl von Studienfreunden als auch von Schülern Prellers, die teils in engem Kontakt zur Familie lebten.
"Welch tiefen Eindruck Norwegen auf Preller gemacht hat, geht aus einem Brief an Kestner von 1842 hervor: 'Was ich da gesehen, hat sich mir tief eingeprägt, und ich wünschte wohl eine Veranlassung zu finden, um in Künstlerart das Erlebte wieder zum Vorschein zu bringen.' - 'Mir steht diese Natur näher als der Süden,' fügt er hinzu. An seinen Jugendfreund Thäter aber schreibt er: 'Die Erinnerung an dieses herrliche, grandiose Land und an die Nordsee, die man dort in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit sieht, nehme ich mit ins Grab und werde mich noch im Himmel an diese Zeit erinnern … Wie anders läßt sich doch Norwegen nehmen, als es Dahl getan hat!'" (Gensel 1904, S. 57f.). Die Eindrücke seiner Reise verarbeitet Friedrich Preller noch Jahre später in meist dramatisch-stimmunsgvollen Aquarellen und großformatigen Ölgemälden: Das Gemälde "Norwegische Küste bei Skudesnaes im Sturm" von 1853 befindet sich heute in der Nationalgalerie Berlin (Inv.Nr. AI 231). Die Sammlung Georg Schäfer in Schweinfurt besitzt das Gemälde "Sturm an der norwegischen Küste" aus dem Jahr 1855 (Inv.Nr. 21043256).



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Friedrich Preller d. Ä.
13 Bll.: Reise nach Norwegen, 1840.
Bleistiftzeichnung
Schätzung:
€ 4.500
Ergebnis:
€ 17.500

(inkl. Käuferaufgeld)