Auktion: 420 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 06.12.2014 in München Lot 866

 

866
Gerhard Hoehme
Die Quelle der Aurora, 1982.
Acryl auf Leinwand
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 17.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Die Quelle der Aurora. 1982.
Acryl auf Leinwand und PE-Schnüre.
Hoehme 75-15. Verso signiert und datiert sowie betitelt "Es ist Landschaft- und es ist keine Landschaft aber es ist die Quelle der Aurora". 100 x 80 cm (39,3 x 31,4 in). [JS].

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland.

AUSSTELLUNG: Gerhard Hoehme. Bilder, Galerie Karin Fesel, Düsseldorf 1986.

Der am 5. Februar 1920 in Greppin bei Dessau geborene Gerhard Hoehme ist Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg; die Begeisterung für die Fliegerei hat ihn nachhaltig auch in seiner Kunst beeinflusst. Erst 1946, im Alter von 26 Jahren, beginnt Hoehme ein Studium der Buch- und Schriftgestaltung bei Herbert Post an der Burg Giebichenstein in Halle. 1951 wechselt er an die Kunstakademie in Düsseldorf. In diesem Jahr begegnet er Jean-Pierre Wilhelm, der den Kontakt zu Jean Fautrier und Jean Dubuffet herstellt, den bedeutendsten Vertretern des Informel in Paris. Nun ist Hoehme der informellen Malerei verpflichtet. Von 1954 bis 1957 ist Hoehme Vorsitzender der Düsseldorfer Künstlervereinigung "Gruppe 53". Während sich der Künstler 1955 noch der "Lyrischen Abstraktion" zuwendet, entwickelt und erneuert er ab 1957 seinen Stil: Hoehme benutzt ungewöhnliche Bildformate in der Tradition der "shaped canvas" und vermischt das Farbmaterial, um räumliche Strukturen zu erforschen. 1959 wird der Künstler auf die Documenta II in Kassel eingeladen, ein Jahr später, 1960, mit dem Villa-Massimo-Preis in Rom geehrt. In diesem Jahr nimmt Hoehme zudem eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf an, die er bis 1984 innehat. Dem rein malerischen Frühwerk folgt nun, ab den 1960er Jahren, eine Auseinandersetzung mit der Dreidimensionalität in der Kombination von bemalter Fläche und Raumelementen. Ab 1964 entstehen verstärkt Raumobjekte, die neben dem klassischen Leinwandgrund unter anderem auch Holz, Gaze und Nylonschnüre integrieren. Im selben Jahr entdeckt Hoehme seine "Schnittmusterbögen", ab 1968 folgen Installationen und es entstehen die ersten "Damastbilder", mit denen Hoehme einen weiteren Beitrag zum "offenen Bild" leistet. Das für seine Malerei gültige Manifest "Relationen" veröffentlicht Hoehme 1968.

Hoehmes Werk intendiert, die Trennung zwischen Bildfläche und Betrachter aufzuheben. Durch die Einbeziehung von Schnüren und Kabeln minimiert der Künstler die räumliche Distanz zwischen Werk und Rezipient, indem die Bildfläche in den Raum hinausgreift und über ihre traditionellen Begrenzungen hinausgeht. "Die Schnur ist eine Art Fühler. Sie tritt aus dem Bild heraus, kommt auf den Betrachter zu, um ihn zu berühren, den Abstand zwischen dem Betrachter und dem Bild aufzuheben, den Betrachter in das Bild hineinzuholen. So ist das Bild nicht mehr ein fremdes Gegenüber. Es entsteht so etwas wie ein Übergang vom Bildraum zu unserem gelebten Raum, die Schnur vermittelt den Übergang.'" (Walter Biemel, in: Begegnung mit Gerhard Hoehme, Ausst.-Kat. Düsseldorf 1992, S. 91).

In Vergangenheit und Gegenwart wird sein Werk mit zahlreichen Ausstellungen geehrt, so z.B. 1980 im Museum am Ostwall in Düsseldorf oder 1985/86 in der Städtischen Kunsthalle Mannheim und im Sprengel Museum Hannover. 1998 sind seine Arbeiten im Bonner Kunstmuseum und 2000 in der Kunsthalle Düsseldorf zu sehen. Gerhard Hoehme hat mit seinem Œuvre in den 1950er Jahren einen wesentlichen Beitrag zum deutschen Informel geleistet. Darauf aufbauend entwickelte er eines der eigenwilligsten und vielschichtigsten Werke, die die deutsche Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennt.




866
Gerhard Hoehme
Die Quelle der Aurora, 1982.
Acryl auf Leinwand
Schätzung:
€ 9.000
Ergebnis:
€ 17.500

(inkl. Käuferaufgeld)